Braunkohle in NRW: Dörfer werden umgesiedelt

<p>Im Tagebau Hambach arbeiten Bergbaumaschinen. Das nordrhein-westfälische Kabinett hat die lang erwartete neue Leitentscheidung zum Braunkohleabbau im Rheinischen Revier auf den Weg gebracht.</p>
Im Tagebau Hambach arbeiten Bergbaumaschinen. Das nordrhein-westfälische Kabinett hat die lang erwartete neue Leitentscheidung zum Braunkohleabbau im Rheinischen Revier auf den Weg gebracht. | Foto: Federico Gambarini/dpa

Die umstrittene Umsiedlung von fünf Dörfern im rheinischen Braunkohlerevier wird fortgesetzt. Das sieht der Entwurf der neuen Leitentscheidung der schwarz-gelben Landesregierung zum Braunkohleabbau vor. Die Umsiedlung der fünf Erkelenzer Ortschaften Keyenberg, Kuckum, Unter- und Oberwestrich sowie Berverath sei „sozialverträglich“ fortzusetzen und bis 2028 abzuschließen, heißt es in dem der Deutschen Presse-Agentur vorliegenden 30-seitigen Entwurf. Zuerst hatte der WDR berichtet.

Das NRW-Kabinett hatte die lang erwartete neue Leitentscheidung am Dienstag auf den Weg gebracht. Der Entwurf mit dem Titel „Neue Perspektiven für das Rheinische Revier“ soll am Donnerstag in einer Unterrichtung der Landesregierung vorgestellt werden. Dafür wurde kurzfristig am Mittwochabend die Tagesordnung geändert.

Eine Leitentscheidung ist die gesetzliche Grundlage für den Braunkohle-Abbau in NRW, darüber muss der Landtag abstimmen. Die neue Leitentscheidung war nach dem Beschluss zum Kohleausstieg notwendig geworden. Spätestens 2038 soll in Deutschland Schluss sein mit der Kohleverstromung. Dementsprechend kann auch die Braunkohleförderung reduziert werden.

Für den Tagebau Hambach ist laut neuer Leitentscheidung die Umsiedlung der Merzenicher Ortschaft Morschenich „bergbaulich nicht mehr erforderlich“. Bis zum Jahr 2024 könnten die Bewohner, die noch in Alt-Morschenich lebten, entscheiden, ob sie umsiedeln wollen.

Fest steht bereits, dass der Hambacher Forst, der zum Symbol des Widerstandes gegen den Braunkohletagebau wurde, erhalten bleibt. Das wurde schon im Kohleausstiegsgesetz festgeschrieben. „Die Restfläche des Hambacher Forstes befindet sich in einem erhaltenswerten Zustand“, heißt es nun. „Es sind daher Maßnahmen zu entwickeln, die eine gute Ausgangsbasis für seinen dauerhaften Erhalt sichern.“

Das Ökosystem im Hambacher Forst müsse sich erholen und wieder einen Lebensraum für geschützte Tier- und Pflanzenarten bieten können. Als Abstand zwischen der Tagebauböschung und Waldrand reichten 50 Meter, heißt es weiter. Der Baumbestand im Hambacher Forst sei nicht vom Grundwasser abhängig. Die Baumwurzeln erreichten das Grundwasser nicht.

Für die Dörfer, die direkt an den Tagebau Garzweiler II angrenzen, sieht die neue Leitentscheidung nun größere Abstände der Abbaugrenze des Tagebaus zu den Ortsrändern vor. Die Abstände sollen auf mindestens 400 Meter vergrößert werden.

NRW-Wirtschaftsminister Andreas Pinkwart (FDP) hatte bereits im Mai im Landtag keine Hoffnung auf eine mögliche Rettung der von Umsiedlungen bedrohten Dörfer gemacht. Der von der Kohlekommission empfohlene Ausstiegspfad aus der Braunkohleverstromung sei ein breiter gesellschaftlicher Konsens, den die schwarz-gelbe Landesregierung nicht verlassen werde, hatte er betont.

Die Grünen hatten einen Abbruch-Stopp am Braunkohletagebau Garzweiler gefordert. Grüne, Umweltverbände und Anwohner bezweifeln die energiepolitische Notwendigkeit der Umsiedlungen.

Das Rheinische Revier soll laut Leitentscheidung „von einer vom Kohlebergbau geprägten hin zu einer nachhaltigen Mobilitäts- und Energieregion umgebaut werden“. Dazu sollen vor allem der Ausbau erneuerbarer Energien und die Entwicklung neuer Mobilitätslösungen beitragen.

Auch für die Landwirtschaft nutzbare Böden seien bei den Planungen angemessen zu berücksichtigen. „Dabei ist ein für die Region akzeptabler Ausgleich mit den Bedürfnissen der Menschen für Freizeit- und Erholung, den wasserwirtschaftlichen und naturschutzrechtlichen Belangen sowie dem Freiraumschutz anzustreben.“

„Die Umsetzung der Leitentscheidung wird eine gemeinsame Aufgabe von Land, Region und Gemeinden vor Ort sein“, heißt es in dem Entwurf. Zuletzt hatte es 2016 eine Leitentscheidung der damaligen rot-grünen Landesregierung gegeben.

Der Bund für Umwelt- und Naturschutz (BUND) nannte die neue Leitentscheidung ein „Dokument klimaschutzpolitischer Unglaubwürdigkeit“. Die Landesregierung blockiere den sozialen Frieden im Braunkohlerevier. (dpa)

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