Da braut sich was Gefährliches zusammen

<p>Frisur wiedergefunden, Faden verloren. Immer mehr Belgier können nicht mehr nachvollziehen, was der NSR beschließt.</p>
Frisur wiedergefunden, Faden verloren. Immer mehr Belgier können nicht mehr nachvollziehen, was der NSR beschließt. | Foto: Belga

Die Virologen hätten uns „alle für ein Jahr in den Lockdown“ (Prof. Emmanuel André) geschickt: Dann hätten wir die ganze Diskussion nicht. Die Politik ist aber nicht, wie einige sich das gerade wünschen, der verlängerte Arm der Wissenschaft, die es als monolithischen Block sowieso nicht gibt. Die Politik ist für das Volk da, das sie als seine Vertreter zur Gestaltung der res publica, der öffentlichen Sache, gewählt hat.

Aber es fehlt ganz offensichtlich an Empathie. Den auserwählten Wissenschaftlern, ihren Zahlen und Thesen kann man mit Verstand – und etwas Fantasie – folgen. Das reicht aber nicht, um ein Land durch eine solch schwierige Phase zu führen. Da braucht es, neben Verstand, auch Bauch- und Spitzengefühl, Voraus- und Umsicht: ohne Corona-Scheuklappen.

Ja, es geht um Menschenleben. Also auch um die Menschen, deren Leben durch das Virus unmittelbar bedroht ist. Das ist potenziell, aber bei weitem nicht zwangsläufig jeder Infizierte. Es geht aber auch um das Leben von Menschen, die monatelang trotz Schmerzen nicht zum Arzt oder ins Krankenhaus gingen. Es geht um das Leben von Menschen, deren Existenz und damit das Wohlergehen ganzer Familien auf der Kippe steht. Es geht um Menschen, die in einem Seniorenheim an Einsamkeit zu sterben drohen. Und es geht um junge Leben, deren Zukunft gefährdet ist. Gerade die Schwächsten in unserer Gesellschaft – dazu gehören, neben den sozial Schwachen, die mit jedem Tag Lockdown weiter abgehängt werden, Kinder und ältere Menschen – leiden oft sehr und still unter der Krise.

Ja, es ist nicht einfach abzuwägen zwischen Sicherheit und wirtschaftlichen Interessen, zwischen den Sorgen der Ängstlichen und denen, die auch schon mal fünf gerade sein lassen. Politiker möchte man gerade jetzt noch weniger sein, als sonst.

In Ostbelgien z.B. wird der Ruf nach einer Normalisierung, auch an den Grenzen, immer lauter. Neben den berechtigten Sorgen vieler Bürger poppen zu allem Überfluss abstruse Theorien auf. So entsteht ein gefährliches Gemisch aus Protest, der sich zunehmend radikalisiert, und lang gehegtem Groll, der die unerwartete Opportunität für seine Ziele nutzen will.

Die Politik ist gut beraten, hier schnell eine Trennung von Spreu und Weizen vorzunehmen. Dazu muss sie die Nöte der zu Recht besorgten Menschen ernst nehmen und möglichst nachvollziehbare Entscheidungen treffen. Sonst könnte aus dem bislang kakofonen Protest ein gefährliches Gebräu werden.

Kommentare

  • Bravo Herr Schröder. Unser MP wäre gut beraten an diesen Sitzungen nicht mehr teilzunehmen.
    Irgendwann steckt soviel Dummheit an.

  • Bravo Herr Schröder. Unser MP wäre gut beraten an diesen Sitzungen nicht mehr teilzunehmen.
    Irgendwann steckt soviel Dummheit an.

  • Lieber Herr Schröder, Sie machen einen Denkfehler, wenn Sie meinen es ginge um unser Wohl... Denken Sie an Sloterdijks "Regeln für den Menschenpark" (1998), in dem der deutsche Autor, den ich ansonsten nicht mag, sehr richtig auf Nietzsches-Zarathustras Warnung eingeht: Die Domestizierung des Menschen. Der letzte Mensch, der "Homo Masse", ist da - denken Sie an die Smombies (Smartphone + Zombie)... Leider wird es nicht zum Übermenschen, der ja bei Nietzsche nach dem "Letzten Mensch" enstehen soll, kommen können - nein, nicht der Übermensch, den die Nazis fälschlicherweise in Nietzsches Schriften zu entdecken glaubten, sie fehlinterpretierten total den großen Friedrich. Ich selber habe bereits 2007 in meinem Buch "The Self-Destruction of the West" im Detail erklärt wie es zum Smombie gekommen ist.
    Danke aber, daß Sie nicht die Lügen der allgemeinen Relotius-Presse wiederholen. Stürmische Zeiten kommen auf Sie zu, die Doxa toleriert so etwas nicht...

  • Es stimmt.
    Es gibt Entscheidungen des Nationalen Sicherheitsrates, die nur schwer nachzuvollziehen sind und die Ungeduld und Sorgen der Menschen steigt von Tag zu Tag.
    Die Politik muss nachvollziehbar erklären können, warum sie diese Lockerungen beschließen und andere nicht. Leider geschieht dies nicht deutlich genug.

    Dass die Grenzöffnung in einem bilateralen oder besser gesamteuropäischen Rahmen zu regeln ist und einseitige Entscheidungen völlig unwirksam sind, zeigt die Situation an der belgisch-deutschen Grenze.
    Immer noch glauben viele seit Wochen, es genüge die belgischen Grenzkontrollen abzuschaffen und schon stünde einer Shoppingtour nach Aachen nichts mehr im Wege.
    Dass es trotz der Verlautbarungen des Lockerungs- und Grenzöffnungs-Robin Hood, Armin Laschet, die Einreise aus dem europäischen Ausland nach NRW mit einer verpflichtenden 14-tägigen Quarantäne verbunden ist, interessiert nur die Wenigsten, die den NSR und MP Paasch auf den Blocksberg wünschen.

    Warum die Spielplätze nicht geöffnet werden ist schwer nachvollziehbar. Naheliegende Erklärung wäre, dass der NSR eben der Meinung ist, nicht zu viele Maßnahmen gleichzeitig zurück zu nehmen. Auch könnte dies zu einer größeren Ansammlungen von ... Eltern kommen.
    Wenn aber in den Öffentlichen Verkehrsmitteln Social Distancing kaum einzuhalten ist, müsste man sich über Spielplätze auch keine Sorgen machen.

    Dass dies von außen und aus der Sicht der Betroffenen nicht logisch und konsequent erscheint ist nachvollziehbar und ist es wohl im Einzelfall auch nicht.

    So wird jeder für seinen Bereich Gründe finden, die für eine Lockerung der Maßnahmen sprechen.
    Ich möchte z.B. dass die Schwimmbäder wieder öffnen, da dies für den Erhalt meiner Gesundheit und der vieler Menschen ganz wichtig ist. Werden wir wohl noch etwas warten müssen.
    Warten aber ist eine Haltung, die in unserer „Ich will und zwar sofort und möglichst billig Gesellschaft“ immer mehr abhanden kommt.

    Es ist ein Trugschluss zu glauben, Politik und Wissenschaft hätten Patentrezepte, um einer solchen Pandemie zu begegnen und dass dies ohne Konflikte und Kollateralschäden zu händeln sei.
    Von der Seitenlinie aus lässt es sich einfach regieren. Da tummeln sich schon immer diejenigen, die es besser können und schon immer besser gewusst haben.

    Wie gut wir bisher mit unserer Notregierung gefahren sind, zeigt ein Blick in Trumps Chaosbude. Dort zeigt sich auch, wie die Spaltung und Radikalisierung einer Gesellschaft durch verantwortungslose, durchgeknallte „Politiker“ fahrlässig heraufbeschworen wird. Bei einer bis auf die Zähne bewaffneten Gesellschaft umso bedrohlicher.

    Davon sind wir glücklicherweise noch weit entfernt, obwohl Radikalisierung und Verschwörungswahn auch hier zunehmen.
    Aber sind es nicht oftmals die Gleichen, die auf diese Bühne springen?
    Wer den Klimawandel als Hirngespinst abtut, von gesteuerter Umvolkung und Bevölkerungsaustausch faselt oder die Schuld aller gesellschaftlichen Verwerfungen den MSM, den Rothschilds oder George Sorros unterjubeln möchte, findet auch in Bill Gates ein geeignetes Feindbild. Von den korrupten und unfähigen Politikern ganz zu schweigen.

    Auf „Russia Today“ oder bei den Tichys, Schrangs und Jepsens auf Youtube, ist die Welt für die hilflos nach Orientierung Suchenden dann noch in Ordnung.

    Man darf sich aber trösten. Diejenigen, die jetzt in täglichen Kommentaren auf den NSR eindreschen, würden aus ihrem Glashaus die gleiche Keule schwingen, wenn die Lockerung der Maßnahmen uns um Wochen zurückwerfen würde.

    Seine Hände dann in Unschuld zu waschen, haben wir ja jetzt fleißig alle geübt.

  • Ihrem Kommentar pflichte ich bei, Herr Leonard, besonders, was den Schluss betrifft. Ich brauche ihm nichts hinzuzufügen, nur dies zu den Spielplätzen:

    Als mehrfacher Großvater weiß ich, wie es da zugeht: Die Mütter kommen mit 2 oder 3 Kindern, die Kleinen rennen von der Rutschbahn zur Schaukel und zurück, stürmen das Klettergerüst, spielen eng beieinander im Sandkasten, laufen sich nach, kommen zwischendurch zu Mutti, weinend oder mit laufender Nase, während die Erwachsenen auf der Bank sitzen und eifrig quatschen. Atemschutzmasken? Distanz zueinander? Wie soll das gehen?

    Nun aber zu den „Smombies“ von Herrn Francois:

    Als „Smombie“ werden Menschen bezeichnet, die ihr Smartphone im Gehen benutzen und ihre Umwelt nur noch reduziert wahrnehmen. https://www.bedeutungonline.de/smombie/
    Wie jeder im Straßenverkehr feststellen kann, tritt diese „Krankheit“ vor allem bei Jugendlichen auf.

    „Die ersten Smartphones gab es bereits in den späten 1990er Jahren, aber erst ab der Einführung des iPhones im Jahr 2007 gewannen sie nennenswerte Marktanteile.“ (Wikipedia)
    Wenn die ersten Smartphones erst ab 2007 auf den Markt kamen, dann kann Herr Francois deren massenhafte Verbreitung und das Phänomen „Smombie“ in seinem, auf Amazon von ihm selbst und nur von ihm selbst rezensierten Buch wohl kaum „im Detail“ erklärt haben, es sei denn , er hätte damals hellseherische Fähigkeiten besessen…
    https://www.amazon.de/self-Destruction-West-Critical-cultural-anthropolo...

    Mehr noch, kürzlich erst hat er in einem seiner Kommentare sinngemäß seine stereotype Behauptung wiederholt, durch Masseneinwanderung werde Europa planmäßig von G. Soros einer „Umvolkung“ unterzogen. Nord- und Schwarzafrikaner sollen mit der „weißen Rasse“ vermischt werden, was einen „homo novus“, einen neuen Menschen hervorbringen würde.,
    Er hat sogar den Namen für diese „Neuzüchtung“ für sich reklamiert: „Ich nenne ihn "Smombie", diesen Homo novus.“, lateinisch "homo novus smombithecus damiensis".
    https://www.grenzecho.net/34327/artikel/2020-04-09/fallt-italien-fallt-d...

    Ein wenig „wissenschaftliche“ Seriosität könnte man von einem an der RWTH promovierten Dr. phil. doch wohl erwarten.

  • Nachtrag: Die Quarantäneregelung für NRW wurde gestern aufgehoben.

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