Lufthansa startet Schrumpfprozess – Auch Brussels Airlines betroffen

<p>Flugzeuge der Lufthansa, Germanwings und Eurowings: Als Reaktion auf die Krise schließt die Lufthansa den Flugbetrieb ihrer Kölner Tochter Germanwings.</p>
Flugzeuge der Lufthansa, Germanwings und Eurowings: Als Reaktion auf die Krise schließt die Lufthansa den Flugbetrieb ihrer Kölner Tochter Germanwings. | Foto: Federico Gambarini/dpa

Das Vorhaben bedeute keineswegs, dass die rund 1.400 Beschäftigten ihre Jobs verlieren, stellten Unternehmenssprecher klar. Vielmehr solle nun mit den Sozialpartnern über die Optionen verhandelt werden. Zu möglichen Staatsbeihilfen der Regierungen in Berlin, Brüssel, Wien und Bern machte Lufthansa keine Angaben. Bislang gibt es für die 500 Piloten und 900 Flugbegleiter der Germanwings noch keine Vereinbarung zur Kurzarbeit, so dass sie vorerst die vollen Bezüge erhalten, ohne zu fliegen. Hier sind schnelle Verhandlungen zu erwarten. Die Gewerkschaften hatten befürchtet, dass das Unternehmen und die Jobs schnell abgewickelt werden sollten. Das sei nun keineswegs so, erklärte der Sprecher der Kabinengewerkschaft Ufo, Nicoley Baublies. Aus seiner Sicht müsse kein einziger Flugbegleiter gehen, wenn klug über kollektive Lösungen nachgedacht und die natürliche Fluktuation genutzt werde. Für Verhandlungen stehe man zeitnah zur Verfügung.

Bereits vor der Coronakrise hatte Lufthansa für die Touristiktochter Eurowings das Ziel formuliert, ihre bislang wesentlich auf drei Flugbetriebe verteilte Flotte auf einen zu konzentrieren. Dazu gehört auch die einstmals selbstständige Marke Germanwings mit noch rund 30 Flugzeugen. „Der Flugbetrieb der Germanwings wird beendet“, hieß es in der Erklärung. Klar ist bereits, dass die Marke Eurowings mit 13 Flugzeugen weniger an den Neustart gehen wird. Bei der Kerngesellschaft Lufthansa sollen dauerhaft 18 Langstreckenflugzeuge und elf Mittelstreckenjets am Boden bleiben. Darunter sind sechs Maschinen des Superjumbos Airbus A380, die ohnehin ab 2022 an den Hersteller Airbus zurückgehen sollten. Zudem werden verbrauchsungünstige Jets wie die Boeing 747 und die Airbus A340 ausgemustert.

Für alle Mitarbeiter gelte weiterhin das Ziel, möglichst vielen eine Weiterbeschäftigung innerhalb der Lufthansa Group zu bieten, erklärte der Konzern. Dazu solle über neue Beschäftigungsmodelle verhandelt werden. Auch für die übrigen Töchter wie Brussels Airlines kündigte der Konzern Flugzeugstilllegungen beziehungsweise verzögerte Auslieferungen an, ohne konkrete Zahlen zu nennen. Zugleich wurden sämtliche Mietverträge mit anderen Fluggesellschaften gekündigt. Diese hatten im so genannten Wet-Lease auch die Besatzungen gestellt. Mit der Verkleinerung der Flotte und dem eingeleiteten Ende der Germanwings rammt die Lufthansa-Führung erste Pflöcke für die nächsten Jahre ein, die für Unternehmen und Beschäftigte äußerst hart werden könnten. Nach Einschätzung des Vorstands wird es Monate dauern, bis die weltweiten Reisebeschränkungen vollständig aufgehoben sind, und Jahre, bis die weltweite Nachfrage nach Flugreisen wieder das Niveau aus der Vorkrisen-Zeit erreicht. Schon bei der Bilanzvorlage am 19. März hatte Vorstandschef Carsten Spohr einschneidende Veränderungen für Branche und Konzern vorausgesagt: „Wir haben eine kleinere Lufthansa-Gruppe vor uns.“

Auch der Chef des Weltluftfahrtverbands IATA, Alexandre de Juniac, zeigte sich am Dienstag überzeugt, dass die Airline-Branche nach der Krise nicht mehr dieselbe sein wird wie zuvor. Wegen der weltweiten Reisebeschränkungen sieht er 25 Millionen Arbeitsplätze in aller Welt in Gefahr - bei den Airlines selbst und in den von ihnen abhängigen Branchen wie der Touristik. In Europa wären der IATA zufolge etwa 5,6 Millionen Jobs rund um das Fluggeschäft bedroht, falls die weltweiten Reisebeschränkungen drei Monate lang anhielten.

Als Muttergesellschaft von Brussels Airlines will Lufthansa die Umstrukturierung der belgischen Tochter „intensivieren". Was das genau bedeutet, ist noch nicht klar. Im vergangenen Jahr wurde eine Entscheidung zur Unterbringung von Brussels Airlines in die Billigfug-Tochtergesellschaft Eurowings rückgängig gemacht. Ob dies gültig bleibt, ist offen. Die Sprecherin von Brussels Airlines, Kim Daenen, erklärte am Dienstag, dass das Unternehmen schon zuvor angekündigt hatte, den beschlossenen Umstrukturierungsplan angesichts der Coronakrise zu revidieren. „Es ist immer noch die Absicht, bis 2022 strukturell rentabel zu werden, und jetzt überprüfen wir die Maßnahmen, die wir ergreifen werden, und prüfen, ob einige Eingriffe schneller umgesetzt werden müssen“, sagte sie. Über einen möglichen Personalabbau konnte die Sprecherin nichts sagen. In der Luftfahrt hänge jedoch alles von der Flotte ab, und sie hält es nicht für anormal, dass dort Anpassungen vorgenommen werden. Kim Daenen stellt auch fest, dass das Unternehmen bereits Maßnahmen ergriffen hat, wie die Aussetzung der meisten Flüge bis zum 3. Mai, technische Arbeitslosigkeit für das Personal und die Sicherung der Kassenlage. (dpa/belga)

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