Polit-Sportkrimi: Saeid Mollaei und sein Traum von Olympia

<p>Irans Ex-Judo-Weltmeister Saeid Mollaei beantwortet während einer Pressekonferenz Fragen der Journalisten.</p>
Irans Ex-Judo-Weltmeister Saeid Mollaei beantwortet während einer Pressekonferenz Fragen der Journalisten. | Foto: dpa

Saeid Mollaei wirkt nicht wie ein Sportler, der im vergangenen halben Jahr eine schwere Zeit durchgemacht hat. „Ich fühle mich sehr gut, konnte viel und gut trainieren und einige Wettkämpfe machen“, sagt der Judoka, der trotz widriger Umstände konsequent seinen Weg geht. „Mein Traum ist, bei Olympia für die Mongolei zu starten und eine Medaille zu gewinnen.“

Saeid Mollaei sollte bei WM absichtlich gegen Matthias Casse verlieren

Bei einer von der Internationalen Judo-Föderation (IJF) organisierten Pressekonferenz gewährt der Judo-Weltmeister von 2018 (Klasse bis 81 kg) Einblicke in sein Seelenleben und seine Zukunftspläne. Mollaeis Geschichte hatte im vergangenen Herbst bei der WM 2019 in Tokio hohe Wellen geschlagen. Der Iraner war von Verantwortlichen seines Verbandes und Offiziellen des autoritären Regimes angewiesen worden, im Halbfinal-Kampf gegen den Belgier Matthias Casse nicht anzutreten oder absichtlich zu verlieren – weil sich ein Finale gegen den Israeli Sagi Muki anbahnte. Seit Jahrzehnten verbietet es der Iran seinen Sportlern, gegen Israelis anzutreten. Der Iran erkennt Israel nicht an.

Gleichwohl ging der Judoka gegen den Belgier auf die Matte, verlor den Kampf völlig entnervt und auch das anschließende Duell um die Bronzemedaille. Muki wurde Weltmeister. „Es war extrem schwierig für mich. Ich wusste nicht, was ich machen sollte. Ich hatte große Angst. Ich konnte meine Gedanken nicht mehr kontrollieren und musste in diesem Zustand auf die Matte“, berichtet Mollaei später.

Nach der WM setzte sich Mollaei nach Deutschland ab, lebt an einem unbekannten Ort. Seit vergangenem Dezember geht der Athlet international unter mongolischer Flagge auf die Judo-Matte. „Ich habe nie etwas Schlechtes über den Iran gesagt. Ich bin nicht politisch“, betont Mollaei, der wohl nach wie vor Repressalien des Regimes fürchten muss. Dennoch betont er: „Ich fühle mich als Iraner und bin stolz darauf. Aber ich bin auch Sportler. Iran akzeptiert zwar offiziell die Olympische Charta, aber er respektiert sie nicht. Das ist die Wahrheit.“

Inzwischen hat der Weltranglisten-Vierte, der auch beim Grand Slam in Düsseldorf in der vergangenen Woche antrat, seinen persönlichen Trainer aus dem Iran bei sich. „Er kennt mich am besten. Es ist sehr wichtig für mich, dass er da ist, damit ich mich optimal auf Olympia vorbereiten kann. Er hilft mir, auf mein Niveau zu kommen.“ Um die Geschehnisse und die komplizierte Situation zu verarbeiten, stehe er zudem mit einem Psychologen im Iran regelmäßig in Kontakt, „über Telefon oder die sozialen Medien“. Mehrfach betont der Ex-Weltmeister, dass er Sportler sei und seiner Heimat nicht aus politischen Motiven den Rücken gekehrt habe. Das ist ihm wichtig. (dpa)

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