Kreuzfahrt statt Seniorenheim – Von Köln/Bonn aus über Rhein, Mosel und Maas

<p>Das Flusskreuzfahrtschiff „FT Calea“, das zu einer schwimmenden Seniorenresidenz werden werden soll. Das Schiff wird derzeit in den Niederlanden umgebaut, im Spätsommer oder Herbst soll das Schiff mit 70 bis 100 Bewohnern ablegen.</p>
Das Flusskreuzfahrtschiff „FT Calea“, das zu einer schwimmenden Seniorenresidenz werden werden soll. Das Schiff wird derzeit in den Niederlanden umgebaut, im Spätsommer oder Herbst soll das Schiff mit 70 bis 100 Bewohnern ablegen. | Foto: TED-cruises GmbH/dpa

Für Senioren mit dem nötigen Kleingeld bietet eine Reederei in der Eifel demnächst ein neues Zuhause an: Kabinen an Bord eines Flusskreuzfahrtschiffes, das zur Seniorenresidenz umgebaut wird und auf den Flüssen Mitteleuropas unterwegs sein soll. „Wir wollen eine Alternative bieten zu Altersheimen – für Senioren, die noch was erleben wollen“, sagte der Geschäftsführer der Firma Ted-Cruises in Hillesheim, Thady Alexander Thömmes. Die „FT Calea“ soll ihren Heimathafen im Raum Köln-Bonn haben und voraussichtlich in diesem Spätsommer oder Herbst mit 70 bis 100 Bewohnern ablegen.

Vor wenigen Tagen hat Ted-Cruises mit dem Kabinenverkauf begonnen. „Es ist phänomenal angelaufen“, berichtete Thömmes nach zwei Terminen an Bord des Flusskreuzers, der derzeit im niederländischen Grave liegt. Die Interessenten stammten vor allem aus der Region Köln-Bonn, aber auch aus anderen Bundesländern, Luxemburg und der Schweiz. Etliche Reservierungsverträge seien schon rausgeschickt worden. „Die meisten der Leute, die ich jetzt kennengelernt habe, verkaufen ihre Wohnung und ziehen komplett an Bord.“

„Betreutes Wohnen plus“: 150 Tage in Köln-Bonn, an den anderen Tagen unterwegs

Das Schiff soll rund 150 Tage pro Jahr in Köln-Bonn liegen. Nicht am Stück, aber immer mal wieder drei bis vier Tage. „So soll die Heimatverbundenheit und die Nähe zu Familie und Freunden erhalten bleiben“, sagte Thömmes. Das sei vielen sehr wichtig. Die übrige Zeit im Jahr gehe es über den Rhein, die Mosel, die Maas und diverse Kanäle. Die Routen sollen mit den Bewohnern zusammen geplant werden. „Jeder kann Wünsche äußern, wo er mal hin will.“ Auch bei Gestaltung der Kabine dürften die Bewohner mitplanen.

Die „FT (Flusstraum) Calea“ sei ein Wohnschiff, das „betreutes Wohnen plus“ anbiete. Neben Vollverpflegung, Service und Unterhaltung seien auch ständig Pflegekräfte an Bord. „Wir sind aber kein Pflegeheim mit Intensivpflege“, sagt Thömmes. Ärzte kämen regelmäßig auf das Schiff, zudem gebe es entlang der Route Kliniken und Mediziner, mit denen man in Kontakt sein werde. Es sei die „weltweit erste Seniorenresidenz an Bord eines Flusskreuzfahrtschiffes“, sagte der 23-Jährige, gebürtig aus Warstein im Sauerland.

Wer sich an Bord einkaufen will, muss einmalig zwischen 29.000 und 120.000 Euro zahlen – je nachdem, wie groß seine Kabine ist und wo sie auf dem Schiff liegt. Die monatlichen Kosten liegen dann bei 3.500 Euro pro Person in der günstigsten Kategorie. „Wir wissen, das kann sich mit Sicherheit nicht jeder leisten“, sagte der Geschäftsführer. „Aber es sind auch nicht die Superreichen, die bei uns eine Kabine nehmen.“ Pflegekassen zahlten keinen Zuschuss, „weil wir kein klassisches Altenheim sind“.

Drei Jahre lang habe die Firma an dem Projekt gearbeitet, erzählte Thömmes, der selbst eine Leidenschaft für Kreuzfahrten hat. „Ich bin großer Fan.“ Zuvor habe er Gruppenkreuzfahrten für ein Reisebüro organisiert und sei als Reiseleiter mitgefahren. 2011 habe er seine erste Kreuzfahrt gemacht. „Seither 97 Stück. Ich habe also mehr Zeit auf dem Wasser verbracht als an Land“, sagt er.

Einmal habe er eine ältere Dame auf einer Mittelmeer-Kreuzfahrt kennengelernt, die erzählte, sie sei seit Monaten an Bord des Schiffes und mache immer die gleiche Runde. Sie habe gestört, dass jede Woche, wenn sie sich mit Passagieren angefreundet hatte, diese wieder von Bord gingen. Auf der „FT Calea“ werde das anders: „Wir wollen eine Art Gemeinschaft auf dem Schiff haben. Wir wollen eine kleine Schiffsfamilie werden.“

Die Idee eines Wohnschiffes für Senioren gebe es schon länger, sagte die Sprecherin der Interessengemeinschaft IG RiverCruise in Basel. Dass sie aber jemand jetzt in dieser Form umsetze, sei ihrer Kenntnis nach neu. „Dafür gibt es einen Markt, denn es gibt viele gesundheitlich fitte Rentner, die heute schon gerne länger an Bord bleiben.“

Flusskreuzfahrten würden immer beliebter. Die Zahl der Passagiere auf Europas Wasserwegen habe sich von 2013 bis 2018 fast verdoppelt: Von rund 850.000 auf gut 1,63 Millionen.

Fachleute finden alternative betreute Wohnmöglichkeiten im Alter grundsätzlich gut. „Je mehr man auswählen kann, umso mehr steigt die Wahrscheinlichkeit, dass man das für sich passende findet“, sagte der Sprecher eines deutschen Pflegeschutzbundes in Bonn. Es werde aber empfohlen, genau hinzuschauen. „Man sollte sich mit dem Angebot auseinandersetzen und prüfen, welche Leistungen genau im Vertrag festgeschrieben sind und wieviel diese kosten, bevor man unterzeichnet“, mahnte er.

Rund um den Globus gibt es noch weitere Wohnschiffe wie „The World“ – ein Luxuskreuzer mit Appartements für Millionäre jeden Alters. „Das ist eine ganz andere Preisklasse. Wir wollten was ähnliches machen für die Mittelschicht: Und Wohnschiff mit Pflege und Betreuung, da sind wir weltweit die ersten, die das machen“, sagte Thömmes. (dpa)

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