Nach Rassismus-Skandal: Tönnies gibt bei Schalke-Rückkehr wieder die Kommandos

<p>Schalkes Aufsichtsratsvorsitzender Clemens Tönnies (Bildmitte) applaudierte am Freitag wieder in der Arena.</p>
Schalkes Aufsichtsratsvorsitzender Clemens Tönnies (Bildmitte) applaudierte am Freitag wieder in der Arena. | Foto: dpa

Bei seiner überraschenden Rückkehr nach dem Rassismus-Skandal gab Clemens Tönnies bei Schalke 04 sofort wieder die Kommandos. „Komm, Salif, feiern!“, forderte der Aufsichtsratschef der Königsblauen nach dem hart erkämpften 2:1 (1:1) gegen den Favoritenschreck Union Berlin den verletzten Salif Sane auf und schlug dem an Krücken humpelnden Abwehrspieler aufmunternd auf die Schulter. Der erste Weg nach seinem ersten Heimspielbesuch nach dreimonatiger Auszeit führte den Schalke-Boss in die Kabine.

Dort blickte der 63-Jährige in überraschte Gesichter. „Wir wussten auch nicht, dass er kommt“, gab Kapitän Alexander Nübel zu. 120 Tage nach seinen skandalösen Äußerungen über Afrikaner hatte Tönnies erst wenige Minute vor dem Anpfiff die Arena betreten und seinen angestammten Platz auf der VIP-Tribüne eingenommen. Die meisten Fans, die ihm zu Saisonbeginn noch demonstrativ die Rote Karte gezeigt hatten, bekamen es gar nicht mit.

Die erwarteten Proteste blieben deshalb aus. Eigentlich war erst in zwei Wochen beim Heimspiel gegen Eintracht Frankfurt mit dem Comeback gerechnet worden, die selbst auferlegte Sperre war bereits vor gut drei Wochen abgelaufen. „Er wird ab jetzt die Spiele wieder öfter live erleben“, berichtete Nübel. Tönnies selbst sagte nur: „Was glauben Sie, wer sich am meisten über den Sieg freut?“

Der Fleischfabrikant aus Ostwestfalen sah, dass sein Klub nur ein halbes Jahr nach dem Beinahe-Abstieg zu einem legitimen Europapokalanwärter geworden ist. Auch wenn sich das Team von Trainer David Wagner lange an den äußerst diszipliniert, aber auch teilweise überhart verteidigenden Berlinern die Zähne ausbiss, setzte es sich dank einer Tempoverschärfung durch das späte Tor von Nationalspieler Suat Serdar (86.) verdient durch.

<p>War gegen Berlin erfolgreich: Nationalspieler Benito Raman.</p>
War gegen Berlin erfolgreich: Nationalspieler Benito Raman. | Foto: dpa

„Am Ende fehlte uns die Kraft“, gab Union-Kapitän Christopher Trimmel zu - weil Schalke den Druck immer mehr erhöht hatte. Der höchst umstrittene Foulelfmeter, den nach der Führung durch Benito Raman (23.) Marcus Ingvartsen zum Ausgleich verwandelt hatte (36.), warf die Gelsenkirchener nur kurz aus der Bahn. Warum Schiedsrichter Daniel Schlager in Absprache mit dem Videoassistenten Deniz Aytekin sich das angebliche Foul von Matija Nastasic an Robert Andrich nicht noch einmal auf dem Monitor ansah, blieb das Geheimnis der beiden.

Dass Schalke zum wiederholten Mal den Sprung an die Tabellenspitze - für eine Nacht - verpasste, interessierte niemanden. Auch die Momentaufnahme am späten Freitagabend mit Rang zwei war Wagner „total wurscht“. Siegtorschütze Serdar sah „keinen Sinn, jetzt irgendeine Saisonprognose abzugeben. Dafür ist es definitiv noch zu früh“.

Offensichtlich ist aber, dass Schalke unter dem neuen Trainer mit 25 Punkten aus 13 Spielen auf Europacup-Kurs steuert. Und immer mehr die Reife einer Spitzenmannschaft zeigt: Gegen die Abstiegskandidaten 1. FC Köln (1:1) und Fortuna Düsseldorf (3:3) hatte der einstige Champions-League-Stammgast späte Führungen noch aus der Hand gegeben. Gegen Union, immerhin Bezwinger der Spitzenklubs Borussia Mönchengladbach, Borussia Dortmund und SC Freiburg, brachte Schalke - wie schon beim 2:1 vor einer Woche bei Werder Bremen - den Vorsprung souverän über die Zeit. (sid)

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