Literaturnobelpreise für Peter Handke und Olga Tokarczuk

<p>Die Schwedische Akademie hat die Literatur-Nobelpreise für 2018 und 2019 vergeben. Für 2018 erhielt die polnische Autorin Olga Tokarczuk (Bild) die Auszeichung rückwirkend. Im Vorjahr war die Verleihung der Auszeichnung nach einem Skandal mit Belästigungs- und Korruptionsvorwürfen ausgefallen.</p>
Die Schwedische Akademie hat die Literatur-Nobelpreise für 2018 und 2019 vergeben. Für 2018 erhielt die polnische Autorin Olga Tokarczuk (Bild) die Auszeichung rückwirkend. Im Vorjahr war die Verleihung der Auszeichnung nach einem Skandal mit Belästigungs- und Korruptionsvorwürfen ausgefallen. | Foto: Friso Gentsch/dpa

Handke erhält den Preis für das Jahr 2019, die Polin Tokarczuk wird mit dem nachgeholten Preis 2018 geehrt, der wegen eines Skandals bei der Schwedischen Akademie ausgefallen war. Zehn Jahre nach Herta Müller, 15 Jahre nach Elfriede Jelinek und 20 Jahre nach Günter Grass erhält 2019 also wieder ein deutschsprachiger Autor den wichtigsten Literaturpreis der Welt.

Die Preise werden am 10. Dezember in Stockholm verliehen. Neben der prestigeträchtigen Nobelmedaille und einer Urkunde erhalten die beiden Gewinner ein Preisgeld von jeweils neun Millionen schwedischen Kronen (rund 830 000 Euro). Zuletzt war der Literaturnobelpreis 2017 dem in Japan geborenen Briten Kazuo Ishiguro zugesprochen worden.

Handke wird dafür geehrt, dass er „mit linguistischem Einfallsreichtum die Peripherie und die Spezifität der menschlichen Erfahrung erforscht hat“. Der Österreicher habe sich in verschiedenen Genres als einer der einflussreichsten Schriftsteller der europäischen Nachkriegszeit etabliert, sagte der Vorsitzende des Nobelkomitees, Anders Olsson. Von Handke stammen Werke wie „Publikumsbeschimpfung“ und „Die Angst des Tormanns beim Elfmeter“.

Tokarczuk erhält die Auszeichnung, weil sie mit erzählerischer Vorstellungskraft und enzyklopädischer Leidenschaft Grenzen überschreite. Die Autorin betrachte die Wirklichkeit nie als ein stabiles und immerwährendes Konstrukt, in ihren Romanen stünden sich oft Gegensätze gegenüber, etwa Natur und Kultur oder Mann und Frau. Ihr bislang größtes Werk ist nach Ansicht der Juroren „Ksiegi Jakubowe (Die Jakobsbücher) aus dem Jahr 2014. „Ich bin sowohl glücklich als auch überrumpelt“, sagte Tokarczuk, „Ich bin sehr stolz, dass diese beiden Preise nach Mitteleuropa gehen. Das zeigt, dass wir Mitteleuropäer - Peter Handke ist ja in Österreich geboren - etwas zu sagen haben und dass unsere Literatur so stark ist, dass sie den Nobelpreis wert ist.“

Handke, der südwestlich von Paris in Chaville lebt, sagte der österreichischen Nachrichtenagentur APA, nach dem Anruf der Schwedischen Akademie sei er erstmal spazieren gegangen. „Ich bin durch die Wälder geeiert, wie ich es eigentlich vorhatte.“ Die erste österreichische Literaturnobelpreisträgerin Elfriede Jelinek reagierte begeistert auf Handkes Ehrung: „Großartig! Er wäre auf jeden Fall schon vor mir dran gewesen“, teilte sie der österreichischen Nachrichtenagentur APA mit.

„Dass Peter Handke den Nobelpreis für Literatur bekommt, ist die schönste Nachricht“, teilte Theaterregisseur Claus Peymann mit. „Handke ist ein Dichter, durch dessen Augen wir die Welt anders sehen. Die Heldinnen und Helden seiner Romane und seiner Stücke begleiten uns weiter, auch nachdem wir die Bücher zugeklappt und die Theater verlassen haben.“ Peymann brachte 1966 in Frankfurt/Main Handkes berühmtes Stück „Publikumsbeschimpfung.

Die Akademie hofft, mit der Doppel-Vergabe ein skandalbelastetes Jahr hinter sich lassen zu können. Sie war Ende 2017 nach einem Skandal um sexuelle Übergriffe und Belästigung in eine tiefe Krise gestürzt. Dies führte dazu, dass die Vergabe im Vorjahr ausfiel und auf dieses Jahr verschoben wurde.

Wie sehr die Ehrung von Peter Handke die Literaturwelt allerdings noch spaltet, lässt sich etwa aus einem Kommentar in der Sonntagausgabe der „Frankfurter Allgemeinen“ ableiten. Dort schrieb Michael Martens u.a.: „Handke hat die Opfer des Balkan-Krieges verhöhnt, traf sich zum freundlichen Stelldichein mit dem Kriegsverbrecher Radovan Karadzic, stilisierte den Kriegstreiber Slobodan Milosevic in seinen Interviews und Schriften auf ekelhafte Weise zum unverstandenen Helden, relativierte beider Verbrechen gegen die Menschlichkeit.“ Dazu der Titel: „Nobelpreis für Handke – ein Fehler“.

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