Zu „Völkermord“

Sehr geehrter Herr Lander,

Waren Ihre Leserbriefe bisher menschenfreundlich und versöhnlich, haben Sie nun eine einseitige, realitätsferne Bewertung des Gazakrieges vorgenommen. Sie entspricht dem deutschen Konsens, der aus verständlichen Gründen Israel absolut im Recht, entsprechend die Palästinenser im Unrecht sieht. Als erstes haben die israelischen Schläge im Gazastreifen die Stromversorgung, folglich die Kommunikation unter den Palästinensern aber auch ihre Berichterstattung unterbunden, die Israel jetzt beherrscht. Man stelle sich die Schrecken eines Erdbebens vor: Menschen sterben grausam langsam, werden verstümmelt, verletzt, verlieren ihre Liebsten, ihren ganzen Besitz, bleiben Invaliden.

Im 360 km2 großen Gazastreifen „leben“ 2,1 Mio. Menschen, Siedlungsdichte 5.829 E/km2 (z.Vgl. Hamburg 1,8 Mio. Einw., Dichte 2.576). Hilfsorganisationen sprechen von einem „Gefängnis mit offenem Himmel“, da Israel dieses Gebiet hermetisch abgeriegelt hatte. Mehr als die Hälfte der Bevölkerung sind Flüchtlinge, fast die Hälfte unter 18 Jahren, ein Großteil lebt unter der Armutsgrenze, ist arbeitslos, hängt von Lebensmittelhilfen internationaler Einrichtungen ab. Hier produzieren die israelischen Streitkräfte mit ungeheurer Feuerkraft seit vier Monaten tausende Erdbeben. Um den Takt der Einschläge zu erhöhen, bestimmt KI die Ziele. Die Opfer können nicht entkommen. Auch Krankenhäuser, Rettungsdienste, Hilfsorganisationen, Schulen, öffentliche Gebäude, Moscheen u.a. sind Ziele, so dass ein Leben nach den „Beben“ kaum mehr möglich scheint. Zudem wird die Einfuhr von Lebensmitteln, Wasser, Medikamenten gnadenlos heruntergefahren, eine unhaltbare Situation nach Einschätzung vieler Organisationen. Vorläufige Bilanz: über 28.000 Tote, vor allem Frauen und Kinder , 60.000 Verletzte. Auf jeden am 7. Oktober getöteten Israeli kommen über 20 tote Palästinenser, Tendenz steigend. Damit bleiben die Israelis weit hinter alttestamentarischer Mäßigung der Vergeltung (Auge um Auge) zurück.

Kommentare

  • Interessant, dass Frau Piette nicht mit einem einzigen Wort die Terroristen der Hamas erwähnt... Wer ist denn nun "einseitig und realitätsfern"?

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