Gut gebrüllt, Asselborn

Luxemburgs Außenminister Jean Asselborn | dpa



Jean Asselborn, seit 2004 Chefdiplomat des Großherzogtums, ist lange genug im Geschäft, um zu wissen, wie der Hase läuft. Und in letzter Zeit hinkt er ziemlich hinterher. Nicht zuletzt der dilettantische Umgang mit der Flüchtlingskrise führt deutlich vor Augen, dass die EU aktuell nur zur Union wirtschaftlicher Interessen taugt, aber als Verbund gemeinsamer Werte nicht funktioniert. Das muss jeden eingefleischten Europäer schmerzen – und das ist Asselborn zweifelsohne.

Schon in der Vergangenheit hat er regelmäßig den Finger in die Wunde gelegt, wenn ihm europäische Entwicklungen gegen den Strich gingen. So wundert es nicht, dass jetzt Ungarns „Diktator“ (O-Ton Jean-Claude Juncker) sein Fett wegbekommt. Dabei wählte Asselborn klare Worte. „Wer wie Ungarn Zäune gegen Kriegsflüchtlinge baut oder wer die Pressefreiheit und die Unabhängigkeit der Justiz verletzt, der sollte vorübergehend oder notfalls für immer aus der EU ausgeschlossen werden“, forderte Luxemburgs Außenminister. Eine Ansage mit politischer Sprengkraft, nicht diplomatisch, derzeit auch so nicht umsetzbar, jedoch richtungsweisend.

Denn auf diese Zuspitzung muss es hinauslaufen: Wer die gemeinsamen Spielregeln missachtet, nur von den finanziellen Vorteilen des Staatenbundes profitiert, aber selbst die Solidarität mit Füßen tritt, sollte nicht mehr Teil des Projekts EU sein. Das wäre eine klare Haltung, vor allem jedoch konsequent.

Was aber passiert? Statt Mahner Asselborn Rückendeckung zu geben, lassen ihn seine europäischen Kollegen im Stich. Kritik an Orbán? Wenig hilfreich. Flüchtlingsdrama in Osteuropa? Steht doch schon auf der To-do-Liste. Ungarns EU-Ausschluss diskutieren? Zu radikal.

Lachen über soviel Duckmäusertum darf nur Orbán. Er kann getrost feststellen: In die Schranken verwiesen wird nicht, wer Zäune gegen Flüchtlinge baut. Gescholten wird, wer solche Missstände offen anspricht. Das ist traurig, das ist falsch und frustrierend. Daher zumindest von dieser Seite: Danke, Herr Asselborn, für Ihren Zwischenruf.