„Mache mich für keine Arbeit krank“: Marion Dhur tritt in Burg-Reuland nicht wieder an

<p>Ihren Einstieg in die Politik bereut Marion Dhur nicht: „Vorher kannte ich nichts über die Politik. Die Arbeit ist sehr interessant und vielfältig. Ganz gehen werde ich nicht. Es gibt genügend ehrenamtliche Gremien, die zu besetzen sind.“</p>
Ihren Einstieg in die Politik bereut Marion Dhur nicht: „Vorher kannte ich nichts über die Politik. Die Arbeit ist sehr interessant und vielfältig. Ganz gehen werde ich nicht. Es gibt genügend ehrenamtliche Gremien, die zu besetzen sind.“ | Fotos: GE-Archiv

Marion Dhur, Ihr Entschluss steht: Sie treten bei den Kommunalwahlen 2024 nicht mehr an. Was sind die Beweggründe für Ihre Entscheidung?


Ich habe immer gesagt, dass eine Person einen solchen Posten nicht länger als zwei Legislaturperioden bekleiden sollte. Nach zwei eher ruhigen Corona-Jahren wollte ich eigentlich nochmal durchstarten, weil nur noch zwei Jahre in dieser Legislaturperiode blieben. In diesem Jahr haben allerdings gesundheitliche Probleme sowohl mich als auch Familienmitglieder getroffen. Das war der Punkt, der mich zum Umdenken gebracht hat. Ich habe den Fehler, dass ich mich immer zu 100 Prozent und permanent in eine Sache hineinknie, wenn ich von ihr überzeugt bin. Das ist lange Zeit gut gegangen, doch merke ich, dass ich an meine Grenzen stoße, weil ich einfach zu viel machen will. Anders als bei üblichen Arbeitsstellen hätte ich mich nochmal für sechs Jahre verpflichten müssen. Das möchte ich nicht.

Ist Ihnen der Entschluss leicht gefallen?


Nein. Ich stelle mir immer sehr viel Fragen. Das soll man auch tun, aber in einem gesunden Maße. Meine Entscheidung stand Ende Juli fest. Permanent auf Hochtouren fahren, tut einem Menschen nicht gut. Als ich zur Schöffin ernannt wurde, meinte der Generaldirektor zu mir: „Das ist kein 100-Meter-Lauf, sondern ein Marathon.“ Er hatte absolut Recht. Aber ich lasse mir nicht gerne vorschreiben, wie ich eine Angelegenheit angehe. Da bin ich etwas dickköpfig. Rückblickend wollte ich einfach zu viel machen. Ich habe immer gesagt, dass ich mich für keine Arbeit krank machen werde.

Haben auch andere Gründe zu Ihrer Entscheidung beigetragen? Auf Facebook teilen sie manchmal Bilder, die sinngemäß aussagen, dass viele kritisieren und nur wenige anpacken.


Ich stoße mich nicht daran, was die Menschen sagen. Ich bin keine Person, die sich verkriecht und sich einschüchtern lässt. Mit einem solchen Post möchte ich mehr zum Nachdenken anregen. Wir alle sind die Gemeinde, nicht nur die Politiker. Es kann nur funktionieren, wenn wir alle mitarbeiten. Natürlich gibt es schlechte Phasen, in denen es persönlich etwas bergab geht. Aber aus einem solchen Tief komme ich schnell wieder heraus. Ich habe glücklicherweise weniger das Problem, persönlich angegriffen zu werden. Vielleicht auch, weil ich so direkt bin. Wenn Leute meinen, unfair sein zu müssen, wissen sie, dass sie mit einer Antwort rechnen müssen.

Bereuen Sie Ihren Einstieg in die Politik?


Nein, es waren schöne Jahre. Vorher kannte ich nichts über die Politik. Die Arbeit ist sehr interessant und vielfältig. Ganz gehen werde ich nicht. Es gibt genügend ehrenamtliche Gremien, die zu besetzen sind, wie der Kommunale Beratungsausschuss für Raumordnung und Mobilität (KBRM) oder die Örtliche Kommission zur Ländlichen Entwicklung (ÖKLE). Ich werde mich mit Sicherheit für den KBRM bewerben, weil es ein interessanter und wichtiger Ort für die Gemeinde ist. Meinen Mund werde ich auch nach 2024 nicht halten. Wenn mich etwas stört, kann ich mich bei den betroffenen Leuten melden. Ich werde zwar nicht zum Leserbriefschreiber, aber es gibt genug Möglichkeiten, sich zu artikulieren und engagieren.

„Die DG-Politik hat wenig mit der Basis zu tun“, kündigt Marion Dhur ein mögliches Engagement auf „anderer Ebene“ an.

Werden Sie der Politik komplett den Rücken kehren und auch die CSP verlassen?


Ich war nie Parteimitglied. Ich war mehrmals auf der Liste, aber habe immer klar gesagt, dass ich kein Mitglied sein möchte. Ob ich der Politik komplett den Rücken kehren möchte, weiß ich noch nicht. Meine Arbeit bis zum Ende der Legislaturperiode werde ich ausführen. Für die weitere Zukunft habe ich Ideen. Wenn ich Mitstreiter finde, dann bin ich gerne bereit, mich auf anderen Ebenen zu engagieren. Aber nicht in einer Partei.

Sie sprechen „andere Ebenen“ an. Innerhalb der DG gibt es neben der Gemeindepolitik nicht viele andere Ebenen. Darf man daraus schließen, dass es in Richtung DG-Politik geht?


Das würde mich interessieren, weil dort Entscheidungen getroffen werden, die nicht zum Vorteil der Gemeinden sind. Das habe ich während der zweieinhalb Jahre, die ich im DG-Parlament tagen durfte, sehr oft gesagt. Es gibt Probleme, die man ansprechen muss. Es kann aber nicht sein, dass man als Nestbeschmutzer gilt, wie ich es mal in einer Rede gesagt habe, wenn man die Probleme anspricht. Es muss zusammengearbeitet werden. Wir könnten in Ostbelgien noch viel mehr zusammen machen, wenn der Wille bestehen würde. Diesen vermisse ich auf vielen Ebenen.

Beabsichtigen Sie eine zusätzliche politische Kraft in Ostbelgien aufbauen?


Wir werden sehen, was sich ergibt. Alleine kann ich ja nichts ausrichten. Nach 2024 habe ich ja viel Zeit bis zu den nächsten Wahlen 2029. Ganz loslassen kann ich nicht, wenn man sich so engagiert hat und so sehr ins Detail blicken durfte. Einfach den Mund halten, kann ich nicht.

Zu viel in die Karten gucken lassen, wollen Sie sich augenscheinlich nicht. Trotz eines möglichen Engagements auf anderer Ebene würden Sie aber im Herzen eine Kommunalpolitikerin bleiben?


Die DG-Politik hat wenig mit der Basis zu tun. Die Gemeinden sind für die Bürger gleichzeitig Ansprechpartner und Buh-Mann. Es heißt zwar, dass die Gemeinden mehr Freiräume bekommen, aber gleichzeitig gibt es Auflagen und wir stehen blöd da. Auf DG-Ebene wird angehört, aber nicht zugehört. Das bedaure ich als Gemeindeverantwortliche. Es wird eher darauf gehört, was eine Person aus der Bevölkerung sagt als die Bürgermeisterin. Die wird eher als Dauernörgler angesehen, obwohl sie zum Wohle der Bevölkerung handelt. Das war im PDG nicht anders. Bei Versammlungen merkt man an den Gesichtern der Leute, die sich denken: „Oh nee, nicht die wieder.“ Mittlerweile macht es mir nichts mehr aus. Ich möchte mich für die Gemeinden einsetzen, nicht nur für meine eigene.

<p>Nach ihrer Wiederwahl legte Marion Dhur ihren Eid als Bürgermeisterin im Dezember 2018 im Kloster Heidberg in Eupen ab.</p>
Nach ihrer Wiederwahl legte Marion Dhur ihren Eid als Bürgermeisterin im Dezember 2018 im Kloster Heidberg in Eupen ab.

Sie waren die erste Bürgermeisterin Ostbelgiens. Macht Sie das stolz, auf diese Weise in den Geschichtsbüchern verewigt zu sein? Oder trifft an dieser Stelle der Satz zu, den sie manchmal verwenden, dass man sich nicht zu wichtig nehmen soll?


Diesen Spruch sollten viel mehr Menschen beherzigen. Ich nehme mich selbst nicht so wichtig. Es spielt auch keine Rolle, ob du ein Mann oder eine Frau bist. Ich bin stolz darauf, die erste Bürgermeisterin der DG gewesen zu sein, aber ich bilde mir nichts darauf ein. Ich bin eher stolz darauf, was wir in den letzten Jahren mit wenig Geld erreicht haben.

Ihnen steht noch über ein Jahr Legislaturperiode bevor. Wie sehen Sie die nächsten Monate? Welche Projekte möchten Sie noch unbedingt umsetzen? Auch die Zusammenarbeit mit den übrigen Ratsmitgliedern.


Genauso gut wie bisher. Ich habe meinen Kollegen den Entschluss mitgeteilt. Ich werde nicht einfach alles laufen lassen. Wir schauen zusammen, dass es in Burg-Reuland weitergeht und sich engagierte Leute melden. Das Seniorendorfhaus Grüfflingen wird zum Ende der Legislaturperiode fertig sein, ebenso die Straße Kreuzberg. Die Arbeiten an der Schule Aldringen werden noch laufen, auch bei der Wasserversorgung sind wir auf einem guten Weg. Ich werde stets zur Verfügung stehen. Dafür sind wir zu froh, dass wir alles ins Rollen gebracht haben. Verschiedene Projekte werden ja weiterlaufen. Nach mir die Sintflut ist nicht meine Devise. Schließlich arbeiten wir zum Wohle der Bevölkerung. Auch arbeitet gutes Personal im Bauhof und in der Verwaltung. Mein Nachfolger wird nicht alleine gelassen.

Mit Erika Theis und Sonja Houscheid hören zwei weitere Schöffinen in Burg-Reuland auf.

Wie steht es um die Zukunft Ihrer Liste? Mit Erika Theis und Sonja Houscheid hören zwei weitere Kollegiumsmitglieder aus privaten Gründen auf.


Es gibt Kandidaten, die bereits 2012 auf der Liste standen und Platz für junge Leute machen wollen. Das verstehe ich. Wir wollen eine vernünftige Liste aufbauen.

Wissen Sie schon, ob Sie in Ihren früheren Beruf im Bankwesen zurückkehren werden oder einen anderen Weg einschlagen?


Im Bank- und Versicherungswesen werde ich nicht mehr arbeiten. Im Dezember 2024 werde ich zunächst entschleunigen. Ich spiele mit dem Gedanken, mich in einem bestimmten Bereich selbstständig zu machen. Konkret möchte ich mich noch nicht dazu äußern. Meine Kinder sind erwachsen und mein Mann ist berufstätig. Ich werde nichts machen, worauf ich keine Lust habe. Auch möchte ich noch einige Jahre bis zur Pension arbeiten und etwas machen, was mir Spaß macht. Ich benötige eine richtige Aufgabe, aber nichts, was mich so sehr beschäftigt, wie bisher.

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