Verzweifelte Arbeit am Stromnetz der Ukraine - Die Nacht im Überblick

<p>Am Morgen nach den schweren russischen Raketenangriffen konnte die Strom- und Wasserversorgung in Kiew erst teilweise wieder hergestellt werden. „70 Prozent der Hauptstadt sind bisher ohne Elektrizität“, teilte Bürgermeister Vitali Klitschko am Donnerstag auf seinem Telegram-Kanal mit.</p>
Am Morgen nach den schweren russischen Raketenangriffen konnte die Strom- und Wasserversorgung in Kiew erst teilweise wieder hergestellt werden. „70 Prozent der Hauptstadt sind bisher ohne Elektrizität“, teilte Bürgermeister Vitali Klitschko am Donnerstag auf seinem Telegram-Kanal mit. | Foto: Andrew Kravchenko/AP/dpa

Nach einem massiven russischen Raketenangriff haben ukrainische Techniker ein weiteres Mal die schwer angeschlagene Energieversorgung ihres Landes zu reparieren versucht. Das Präsidialamt in Kiew meldete am späten Mittwochabend erste Erfolge: In 15 Gebieten gebe es teilweise wieder Strom, teilte Vizechef Kyrylo Tymoschenko mit.

„Die Besatzer tun alles, damit Menschen leiden, damit wir einander nicht einmal fühlen oder sehen“, sagte Präsident Wolodymyr Selenskyj in seiner abendlichen Videoansprache. Er wurde auch zu einer Sitzung des UN-Sicherheitsrates in New York zugeschaltet und forderte dort, Moskau zu verurteilen. Russland müsse deutlich als terroristischer Staat bezeichnet werden.

Eine dunkle Nacht in der Ukraine

Russland schoss am Mittwoch etwa 70 Raketen sowie Drohnen auf die Ukraine ab. Zwar wurden nach Luftwaffenangaben 51 Raketen und 5 Drohnen abgefangen. Doch die übrigen Geschosse töteten zehn Menschen und richteten zum wiederholten Mal schwere Schäden am Stromnetz der Ukraine an. Die Kernkraftwerke des Landes schalteten sich ab, die meisten Wärme- und Wasserkraftwerke fielen aus, wie das Energieministerium mitteilte. Es kam zu großflächigen Blackouts.

In der Hauptstadt Kiew mit ihren drei Millionen Einwohnern waren nach Angaben von Bürgermeister Vitali Klitschko 80 Prozent der Haushalte ohne Strom und Wasser. Journalisten berichteten, sie hätten die Stadt noch nie so finster gesehen. Die Verwaltung wollte handbetriebene Sirenen und Lautsprecher einsetzen, um in Stadtteilen ohne Strom vor möglichen weiteren Luftangriffen zu warnen. „In Kiew ist die Lage schwierig“, sagte Selenskyj. „Die Arbeiten dauern die ganze Nacht.“ Ein Ergebnis sei erst Donnerstagvormittag zu erwarten.

Russland werde das militärische Potenzial der Ukraine weiter dezimieren, bis Kiew eine „realistische Haltung“ zu Verhandlungen einnehme, sagte der Moskauer UN-Botschafter Wassili Nebensja im Sicherheitsrat. Die Angriffe auf die Infrastruktur seien die Antwort „auf das Vollpumpen des Landes mit westlichen Waffen und die unklugen Aufrufe, Kiew solle einen militärischen Sieg über Russland erringen“. Die Ukraine setzt darauf, russische Truppen aus allen besetzten Gebieten zu vertrieben.

Kritik an Russlands Raketenangriffen

Der deutsche Bundeskanzler Scholz sagte zu den Angriffen, der russische Präsident Wladimir Putin zeige einmal mehr, wie rücksichtslos und erbarmungslos er in diesen Krieg vorgehe. „Ein Krieg, den er auf dem Schlachtfeld gar nicht mehr gewinnen kann, so viel scheint klar.“ Er forderte Putin auf, seine Truppen abzuziehen und in Friedensgespräche mit der Ukraine einzuwilligen. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron bezeichnete die Angriffe auf Strom- und Wasserversorgung der Ukraine als Kriegsverbrechen, die Konsequenzen haben müssten. Gleichwohl kündigte Macron an, dass er demnächst wieder Kontakt zu Putin aufnehmen wolle. Auch die USA verurteilten die Angriffe.

Bei einem Verteidigungsgipfel früherer Sowjetrepubliken forderte der kasachische Präsident Kassym-Schomart Tokajew einen Friedensschluss in Russlands Krieg gegen die Ukraine. „Was die Ukraine betrifft, denke ich, dass die Zeit für eine kollektive Suche nach einer Friedensformel gekommen ist“, sagte Tokajew beim Gipfeltreffen der von Russland dominierten Organisation des Vertrags über kollektive Sicherheit (OVKS).

Das wird am Donnerstag wichtig

Die Reparaturarbeiten am Stromnetz der Ukraine gehen am Donnerstag weiter. Die Ukraine erwartet zudem ein weiteres Schiff, um Getreide für den Transport über das Schwarze Meer aufzunehmen. Am Mittwoch legten nach UN-Angaben drei Schiffe mit Getreide aus ukrainischen Häfen ab. Die Vereinten Nationen und die Türkei hatten die ukrainischen Exporte in Abstimmung mit Russland ermöglicht. (dpa/calü)

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