Letzte Dienstreise? Cooler Löw demonstriert vor Klassiker Gelassenheit

<p>Locker am Pfosten gelehnt: Zumindest nach außen hin gibt sich Joachim Löw gelassen.</p>
Locker am Pfosten gelehnt: Zumindest nach außen hin gibt sich Joachim Löw gelassen. | Foto: dpa

Letzte Dienstreise oder fast freie Fahrt ins Finale? Bundestrainer Joachim Löw lassen solche Gedankenspiele vor dem heißen Achtelfinal-Klassiker gegen England kalt. Der locker am Torpfosten lehnende Löw demonstrierte beim Abschlusstraining große Gelassenheit, er blendete vor dem Abflug nach London zum emotionalen Duell im Fußball-Tempel Wembley alle Störgeräusche der vergangenen Tage aus: „Jetzt geht es um alles oder nichts. Jetzt gibt es kein Pardon mehr“, sagte Löw. Seine kurze Ansprache an die Spieler bei schweißtreibenden Temperaturen beendete er mit einem energischen Klatschen – Neuer und Co. hatten ihren Chef verstanden.

„Wir geben uns mit der Achtelfinalteilnahme nicht zufrieden.“

„Wir haben ein Etappenziel erreicht, aber das ist nicht, was wir wollen. Wir geben uns mit der Achtelfinalteilnahme nicht zufrieden“, sagte Kapitän Neuer und plante schon die Rückkehr in die Kathedrale des Fußballs nach dem Gastspiel am Dienstag (18 Uhr): „Wir wollen noch mal in London spielen.“ Bei einem Sieg ist dieses Szenario sogar wahrscheinlich. Im Viertelfinale würde Schweden oder die Ukraine warten, im Halbfinale wäre Tschechien oder Dänemark der Gegner. Ein goldener Abschluss für Löw mit dem EM-Endspiel am 11. Juli ist nicht unrealistisch. Doch zunächst muss die hohe Hürde England übersprungen werden, auch wenn das DFB-Team in Wembley seit 1975 in sieben Spielen (sechs Siege) ungeschlagen ist. „Das sind zwei große Fußball-Nationen, das wird hoffentlich ein Leckerbissen“, sagte Thomas Müller.

Nach überstandenen Knieproblemen wird der Antreiber für Leroy Sane wieder in die Startelf rücken. „Er ist für uns Gold wert, er hebt uns auf ein höheres Niveau“, sagte Robin Gosens. Zudem dürfte Leon Goretzka für Ilkay Gündogan seine Chance von Beginn an erhalten. Löw brütete auf dem rund zweistündigen Flug von Nürnberg nach London an den letzten Details seines England-Plans, die Lösung ist aber gar nicht so kompliziert. Bei den vergangen sieben Spielen bei EM oder WM geriet die DFB-Auswahl mit 0:1 in Rückstand. Gegen die defensivstarken Gastgeber (kein Gegentor in der Vorrunde) könnte dies schon ein entscheidender Rückschlag sein. „Jetzt entscheidet jede Kleinigkeit, da müssen wir hellwach sein. Eine stabile Defensive ist elementar wichtig“, sagte Neuer.

Auch ohne Fan-Unterstützung wähnt sich das DFB-Team im Vorteil. „Wir wollen immer wieder in diese englische Turnierwunde reinstechen. Wir wollen sie unsicher machen“, sagte Müller. Er sieht beim dreimaligen Europameister, dem Rocker Peter Maffay bei einem Besuch im „Campo“ kräftig einheizte, „Selbstvertrauen und Lust“. Die Stimmung ist gelöst, dazu trug Maffay bei. Dessen Besuch „war eine gelungene Abwechslung“, sagte Neuer, der wie seine Teamkollegen nur von bis zu 2.000 in England lebenden Deutschen im Stadion unterstützt wird.

Gosens will dafür sorgen, „dass es in Wembley so leise wie möglich ist“.

„Da sind die Engländer klar im Vorteil“, sagte DFB-Direktor Oliver Bierhoff, der Deutschland vor 25 Jahren im Wembley-Stadion mit seinem Golden Goal gegen Tschechien zum bisher letzten EM-Titel geschossen hatte. Die Spieler nehmen die Situation als Motivation. „Es ist geil, wenn die Hütte mit eigenen Fans gefüllt ist, aber es ist fast genau so geil, wenn man die gegnerischen Fans zum Verstummen bringen kann“, sagte Gosens. Man wolle dafür sorgen, „dass es in Wembley so leise wie möglich ist“. (sid/tf)

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