Eine Milliarde Impfdosen: genug oder viel zu wenig?

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Außerdem dürfte es am zweiten von drei Gipfel-Tagen um die Frage gehen, ob der Patentschutz für Impfstoffe ausgesetzt werden soll, um deren Produktion in Entwicklungsländern zu fördern. Die US-Regierung hatte die Diskussion darüber angestoßen. Bundeskanzlerin Angela Merkel stemmt sich dagegen. Zu den prinzipiellen Befürwortern gehört neben US-Präsident Joe Biden unter anderem der französische Präsident Emmanuel Macron.

Trotz Differenzen in diesem Punkt ziehen die USA unter Biden nach Jahren der Krise wieder mit den anderen führenden westlichen Demokratien an einem Strang. Biden will die traditionellen Verbündeten der USA bei seiner ersten Auslandsreise zum Schulterschluss bewegen, um Autokratien wie in Russland und China geschlossen entgegenzutreten. Zum Abschluss seiner ersten Europareise als US-Präsident wird Biden am kommenden Mittwoch in Genf mit Kremlchef Wladimir Putin zusammentreffen.

Bekenntnis zum Multilateralismus

Die deutsche Kanzlerin Merkel sagte bei ihrem letzten G7-Gipfel, Biden „repräsentiert das Bekenntnis zum Multilateralismus, das uns in den letzten Jahren gefehlt hat“. Die „Amerika Zuerst“-Politik von Bidens Vorgänger Donald Trump hatte die G7 an den Rand der Spaltung gebracht.

Der G7 gehören neben den USA, Großbritannien und Deutschland Frankreich, Italien, Japan und Kanada an. Als Gastländer sind ab Samstagnachmittag auch Australien, Südkorea, Südafrika und Indien dabei. Die indische Delegation nimmt wegen der angespannten Pandemielage im Land nur virtuell teil. Es ist der erste G7-Gipfel mit dem neuen US-Präsidenten Biden und der letzte mit Merkel. Am Sonntag sollen die Beratungen mit einer Abschlusserklärung enden.

Gesundheitserklärung von Carbis Bay

Der britische G7-Vorsitz teilte in der Nacht zu Samstag mit, die Gruppe der großen Industrienationen wolle bei ihrem Gipfel eine „Gesundheitserklärung von Carbis Bay“ verabschieden. Vorgesehen sei, die Entwicklung von Impfstoffen, Behandlungsmethoden und Diagnosen für künftige Krankheiten auf unter 100 Tage zu drücken.

In einer Mitteilung des Weißen Hauses hieß es, die Verpflichtung zur Spende von einer Milliarde Impfdosen bilde die Grundlage für ein Paket von G7-Maßnahmen zur Beendigung der Pandemie im nächsten Jahr. Ein Aktionsplan, der bei dem Treffen beschlossen werde, umfasse die Impfung der weltweit am stärksten gefährdeten Menschen, die Bereitstellung von Notvorräten und die Unterstützung des weltweiten wirtschaftlichen Aufschwungs. Bestandteil seien auch Maßnahmen, damit sich die Staatengemeinschaft auf künftige Pandemien vorbereiten und diese verhindern, erkennen sowie darauf reagieren könne.

Tempo ist gefragt bei mImpfen der Weltbevölkerung.

UN-Generalsekretär Antonio Guterres begrüßte die Initiative der G7 zu Impfspenden zwar, mahnte aber deutlich mehr Einsatz an. „Eine Milliarde ist sehr willkommen. Aber offensichtlich benötigen wir mehr als das“, sagte er am Rande des Gipfels. Es gelte, schnell zu handeln und so viele Menschen weltweit wie möglich zu schützen, bevor das Virus immun gegen Impfstoffe werde, sagte Guterres. Nötig sei ein globaler Impfplan. „Wir sind im Krieg mit dem Virus.“

Die Gesundheitspläne der G7 sind bei Entwicklungsorganisationen hingegen auf Kritik gestoßen. Vor allem wurde bemängelt, dass die G7-Staaten grundsätzliche Probleme nicht angingen, die verhinderten, dass die große Mehrheit der Menschen Zugang zu Impfstoffen bekomme. Am zweiten Tag des G7-Gipfels im englischen Badeort Carbis Bay bekräftigten Hilfsorganisationen am Samstag ihre Forderung nach Aufhebung der Patentrechte, um die Produktion von Vakzinen auch in armen Ländern zu fördern.

Hoffen auf eine starke integrierte Erholung der Weltwirtschaft

Die USA erwarteten vom G7-Gipfel auch einen wichtigen Impuls zur Erholung der von der Pandemie gebeutelten Weltwirtschaft. Biden und die anderen Staats- und Regierungschef seien sich einig, die globale Ökonomie solange wie nötig politisch zu unterstützen, teilte das Weiße Haus mit. Ziel sei „eine starke, ausgewogene und integrative wirtschaftliche Erholung“. Erörtert werden solle zudem, wie eine gerechtere und nachhaltigere Weltwirtschaft geschaffen werden könne.

Offenbar sins sich die G7 einig, dass jetzt nachhaltige Investitionen wichtig seien in den Bereichen Klima, Bildung, Forschung, Digitalisierung und für Wachstum. Der Klimaschutz ist ein weiteres wichtiges Thema bei dem Gipfel und ein zentrales Anliegen Bidens. Klimaaktivisten berichteten von Protesten in der Umgebung des Gipfels.

Das Weiße Haus teilte weiter mit, bei dem Gipfel werde eine Unterstützung für den US-Vorschlag für eine globale Mindeststeuer erwartet. Große Digitalkonzerne wie Apple oder Google sollen demnach künftig weltweit mindestens 15 Prozent Steuern zahlen. Die G7-Finanzminister hatten bei dem Thema in der vergangenen Woche einen Durchbruch erzielt. In einem nächsten Schritt sollen die G20-Staaten - eine umfassendere Gruppe führender und aufstrebender Wirtschaftsnationen - ins Boot geholt werden. (dpa/os)

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