Die Sicherheit bleibt eine Utopie

<p>Japans Notbremse mit der Aussperrung von Fans und Athletenfamilien aus dem Ausland zwingt die Olympia-Macher in eine neue Debatte um den Sinn der Spiele.</p>
Japans Notbremse mit der Aussperrung von Fans und Athletenfamilien aus dem Ausland zwingt die Olympia-Macher in eine neue Debatte um den Sinn der Spiele. | Foto: dpa

Diesmal sind sich alle einig. Und alleine das ist schon eine Nachricht wert. Die hohen Herren auf dem Olymp, die Gastgeber auf ihrer Insel – und auch die Athletinnen und Athleten, ohne die das fragwürdige Spektakel im Sommer gar nicht stattfinden kann: Alle bedauern sie den „traurigen Tag“, an dem die Zuschauer aus Übersee von den Spielen in Tokio ausgeschlossen wurden. Für sie alle steht jedoch fest: An der Entscheidung führte kein Weg vorbei.

„Das ist das Opfer, das der Sport bringen muss“, sagte DOSB-Präsident Alfons Hörmann dem SID. Ein Opfer, das schon lange beschlossen war, ehe es am Samstag offiziell verkündet wurde, und das zum Zweck erbracht wird, das angeschlagene Vertrauen in die olympischen Pandemie-Spiele zu stärken. Ob es dazu allerdings die Kraft besitzt, ist fraglich. Die Mehrheit der Japaner ist gegen die Austragung der Sommerspiele, nun wachsen auch bei den Sportlern die Zweifel.

Bach: „Die Frage ist nicht ob die Olympischen Spiele stattfinden, sondern wie.“

Von denen will IOC-Präsident Thomas Bach am liebsten gar nichts hören. Für den „Herrn der Ringe“ aus Unterfranken gilt der Leitsatz: „Die Frage ist nicht ob die Olympischen Spiele stattfinden, sondern wie.“ Selbst Geisterspiele, gegen die sich Bach lange ausgesprochen hat, rücken näher. Die Entscheidung darüber soll bis Ende April fallen, und je nach Verlauf der weltweiten Coronawellen könnte auch sie alternativlos sein. Ein weiteres Opfer. Doch wofür?

Die Sicherheit, die Bach als oberstes Gebot bei jeder Gelegenheit betont, ist nicht zu garantieren – auch nicht durch den Ausschluss der Olympiatouristen. Auch Hörmann sagt: „Wenn 11.000 Athletinnen und Athleten sowie deren Betreuer und die Medienvertreter zusammenkommen, ist die olympische Familie schon mit einer beachtlichen Zahl vertreten.“ Und damit auch das Virus und viele seiner Mutationen, die den Schrecken nur noch vergrößern.

Die Angst wächst nach den zahlreichen Coronafällen nach der Leichtathletik-Hallen-EM und dem Fecht-Weltcup.

Die Hoffnung liegt nun auf dem Fortschritt der Impfungen, doch das ist einigen zu wenig. „Das IOC und die Weltverbände müssen zügig und überzeugend darlegen, wie Qualifikationsturniere und nicht zuletzt die Spiele sicher stattfinden können“, fordert der unabhängige Verein Athleten Deutschland: „Dabei sollten sich die Organisatoren nicht auf das Prinzip Hoffnung verlassen.“ Die jüngsten Veranstaltungen in Torun und Budapest haben Eindruck hinterlassen.

Dutzende Infektionen bei der Hallen-EM der Leichtathleten und dem Weltcup der Fechter entlarvten Bachs Irrglauben an sportliche Großereignisse, die sich in den vergangenen Monaten zu keiner Zeit „als Virus-Spreader herausgestellt und die Gesundheit der Bevölkerung gefährdet“ hätten. Das Virus ist weit weniger berechenbar, als es Bach gern hätte, und auch von Hygienekonzepten nur bedingt unter Kontrolle zu halten. Zumal diese nicht einmal ausformuliert sind.

Wenn totale Sicherheit also eine Utopie ist, wie groß darf dann das Risiko sein, das vom Internationalen Olympischen Komitee in Kauf genommen wird? Die Entscheidung gegen internationale Zuschauer ist trotz aller wirtschaftlichen Nachteile, die von den Gastgebern ausgeglichen werden müssen, „die einzig richtige“ gewesen, das sehen auch die kritischsten Athleten so. Doch die Gefahr bleibt, und das Vertrauen fehlt. Daran hat sich nichts geändert. (sid/tf)

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