Greenpeace: EZB-Anleihenkäufe „torpedieren“ Klimaschutz

<p>Die Zentrale der Europäischen Zentralbank ragt aus dem Häusermeer im Frankfurter Osten heraus.</p>
Die Zentrale der Europäischen Zentralbank ragt aus dem Häusermeer im Frankfurter Osten heraus. | Foto: dpa

Mit Blick auf den Klimawandel hat Greenpeace erneut die Investitionspolitik der Europäischen Zentralbank kritisiert. Im Vergleich zur Struktur des europäischen Marktes für Unternehmensanleihen weise der EZB-Bestand „eine erhebliche Unwucht zugunsten klimaschädlicher Unternehmen und Industrien auf“ - so das Ergebnis einer am Dienstag veröffentlichten gemeinsamen Studie der Umweltschutzorganisation, der New Economics Foundation (NEF), der University of London, der University of the West of England und der University of Greenwich.

Die Analyse nimmt die von der EZB im Rahmen ihres Kaufprogramms CSPP erworbenen Bestände an Unternehmensanleihen im Volumen von rund 242 Milliarden Euro Ende Juli unter die Lupe. Übergewichtet mit fast 63 Prozent seien darunter Sektoren, die beispielsweise mit fossilen Brennstoffen arbeiten oder sehr viel Energie verbrauchen.

Seit Jahren kauft die EZB im Rahmen ihrer Geldpolitik in großem Stil Wertpapiere. Der Löwenanteil sind Staatsanleihen. Staaten wie Unternehmen als Anbieter der Wertpapiere müssen nicht so hohe Zinsen bieten, wenn eine Zentralbank als großer Käufer am Markt auftritt und können sich somit günstiger frisches Geld besorgen. Auf diesem Weg will die EZB die Wirtschaft ankurbeln - und so ihrem Ziel eines stabilen Preisniveaus bei knapp unter 2,0 Prozent Inflation näher kommen.

Derzeit läuft eine umfassende Überprüfung der geldpolitischen Strategie - und EZB-Präsidentin Christine Lagarde setzt dabei auch auf den Dialog mit Kritikern. Anfang der Woche hatte Lagarde bekräftigt, der Klimawandel sei aus ihrer Sicht „ein grundlegendes Thema“. Sie werde versuchen, den EZB-Rat zumindest dazu zu bewegen, „darüber nachzudenken, was eine Zentralbank rechtmäßig tun kann, um zur Bekämpfung des Klimawandels beizutragen“.

Im nächsten Jahr macht die EZB ihre Geldpolitik ein Stück weit „grüner“: Von Anfang 2021 an will die Notenbank bestimmte Anleihen, die mit dem Erreichen bestimmter umweltverträglicher Ziele verbunden sind, sowohl als Sicherheit akzeptieren als auch selbst als Wertpapiere kaufen („Sustainability-Linked Bonds“).

Ob Notenbanken umweltpolitische Ziele mit ihrer Geldpolitik unterstützen sollten, ist unter Notenbanker und Ökonomen umstritten. Dabei geht es vor allem um die Frage, ob Notenbanken „grüne“ Wertpapiere anderen Papieren vorziehen sollten.

„Die Bekämpfung des Klimawandels liegt EZB-Präsidentin Lagarde sehr am Herzen“, fasste Commerzbank-Volkswirt Michael Schubert jüngst in einer Analyse zusammen. „Wer auf die EZB als Klimaretter hofft, dürfte jedoch enttäuscht werden. Detaillierten Äußerungen der Notenbank zufolge dürfte ihre Rolle eher bescheiden ausfallen.“ (dpa)

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