Warum Krankenhäuser einen föderalen Notfallplan haben

<p>Blick auf das St. Nikolaus-Hospital in Eupen: Der föderale Krankenhaus-Notfallplan ist dazu da, damit die Krankenhäuser in Krisensituationen schnell und effizient handeln können. Er kommt bei größeren Katastrophen zum Einsatz.<br />
Foto: David Hagemann</p>
Blick auf das St. Nikolaus-Hospital in Eupen: Der föderale Krankenhaus-Notfallplan ist dazu da, damit die Krankenhäuser in Krisensituationen schnell und effizient handeln können. Er kommt bei größeren Katastrophen zum Einsatz. Foto: David Hagemann

Doch was bedeutet das genau? Wozu brauchen die Krankenhäuser einen föderalen Notfallplan? Wie sieht dieser aus und welchen Einfluss hat dieser auf den Bürger? Die Regierung der DG ist in dieser Angelegenheit nicht zuständig, möchte aber der Bevölkerung Erläuterungen geben. Fragen beantwortet das Kabinett von DG-Gesundheitsminister Antonios Antoniadis (SP).


Warum gibt es einen föderalen Notfallplan für die Krankenhäuser?


„Der föderale Krankenhaus-Notfallplan ist dazu da, damit die Krankenhäuser in Krisensituationen schnell und effizient handeln können. Er kommt bei größeren Katastrophen zum Einsatz. Das Vorgehen in den Krankenhäusern während der ersten Corona-Welle hat deutlich gezeigt, dass neben dem Virus auch andere Behandlungen, Eingriffe und Therapien weiter durchgeführt werden sollten“, schreibt das Kabinett. Das sei allerdings nicht möglich, wenn alle in einem Krankenhaus zur Verfügung stehenden Betten mit Corona-Patienten belegt oder allein für diese reserviert seien. „Jetzt, da sich auch die Krankenhausaufnahmezahlen kontinuierlich erhöhen, muss, neben dem regulären Krankenhausbetrieb, auch die (intensivmedizinische) Behandlung von Corona-Patienten gewährleistet werden. Um eine Überlastung eines einzelnen Krankenhauses und dessen Personal zu vermeiden, sieht der Plan vor, dass die Corona-Patienten auf alle verfügbaren Krankenhäuser verteilt werden. So soll eine Überlastung einzelner Krankenhäuser und deren Ärzte- und Pflegepersonal verhindert werden und die Krise beherrschbar bleiben.“


Wie sieht der Notfallplan aus?


Der Notfallplan ist in verschiedene Phasen unterteilt, die von Phase 0 bis Phase 2B reichen. Um die Auswirkungen der einzelnen Phasen zu verdeutlichen, sollte man allerdings erst verstehen, wie krankenhäusliche Versorgung unter normalen Bedingungen organisiert wird: In normalen Zeiten gebe es in einem Krankenhaus sowohl Betten für reguläre Behandlungen, zum Beispiel geplante Operationen und Eingriffe, als auch Betten für intensivmedizinische Bedarfe, zum Beispiel infolge von Herzinfarkten oder Autounfällen. „In Krisenfällen, wie Terrorattacken, Massenkarambolagen, Naturkatastrophen oder der aktuellen Corona-Pandemie sind die Krankenhäuser dazu angehalten, zusätzliche Betten für Notfallpatienten zu reservieren. Das war Ende September der Fall. Angesichts der steigenden Infektionszahlen befinden sich die Krankenhäuser nicht mehr in diesem Normalzustand. Sie mussten daher prüfen, ob es in ihren Einzugsgebieten einen Bedarf an Betten für Corona-Patienten gab.“ Da dies der Fall gewesen sei, sei die Phase 0 gestartet. Das Ziel während dieser Phase sei es, erste Betten für die Behandlung von Corona-Patienten vorzusehen. Am 30. September habe das CHC Lüttich bekannt gegeben, keine Patienten mehr aus der DG aufnehmen zu können.


„Daraufhin sind die Krankenhäuser der DG in die Phase 0 des Notfallplans eingetreten. Phase 0 bedeutet, dass insgesamt 85 Prozent der Betten für den regulären Krankenhausbetrieb vorbehalten sind und 15 Prozent für Corona-Patienten, die einer Behandlung im Krankenhaus bedürfen. Wenn die Krankenhäuser eines Netzwerks oder die zuständige Arbeitsgruppe auf föderaler Ebene feststellen, dass der reelle Bedarf an Betten für den Notfall höher liegt, wird innerhalb von 48 Stunden die Phase 1A initiiert. Phase 1A bedeutet, dass 25 Prozent der Intensivbetten für Covid-Patienten freigehalten werden müssen und neben Intensivbetten auch wieder eine Abteilung für die Behandlung von Covid-Patienten aufgebaut werden muss.“ Diese Phase startete landesweit am 12. Oktober. Die Patienten wurden zunächst aktiv im Netzwerk oder auf Provinzebene zwischen den verschiedenen Krankenhäusern verteilt, um die punktuelle Überlastung eines einzelnen Krankenhauses zu vermeiden. „Auf die beiden ostbelgischen Krankenhäuser bezogen bedeutete das, dass die Klinik St. Joseph und das St. Nikolaus-Hospital gemeinsam mit dem CHC Lüttich ihre Covid-Abteilungen wieder geöffnet haben und die Patienten innerhalb des Netzwerks auf alle Schultern verteilt wurden. Da aber auch diese Kapazitäten nicht ausgereicht haben, wurde am 15. Oktober Phase 1B ausgerufen. Phase 1B bedeutet, dass die Corona-Abteilungen der Krankenhäuser innerhalb von 48 Stunden erweitert werden müssen.


Die Krankenhäuser müssen infolgedessen 50 Prozent ihrer anerkannten Intensivbetten und die vierfache Anzahl Nicht- Intensivbetten für Corona-Patienten freihalten.“ Der dahinterstehende Entscheidungsprozess ist derselbe wie in der Phase 1A: Krankenhäuser und Netzwerk treffen diese Entscheidung gemeinsam. Wenn ein Krankenhaus in die Phase 1B eintritt, ziehen die anderen Kliniken des Netzwerks mit. „In dieser Phase befinden wir uns aktuell. Sollte sich herausstellen, dass es einen noch höheren Bedarf an Covid-Betten gibt, wird innerhalb von sieben Tagen die Phase 2A eingeschaltet. Im Unterschied zu den Phasen 1A und 1B müssen zusätzliche Intensivbetten aufgebaut werden. Das umfasst, dass sowohl 60 Prozent der existierenden Intensivbetten für Corona-Patienten vorgesehen sind als auch 15 Prozent zusätzliche Betten, die geschaffen beziehungsweise explizit für die Behandlung von Corona-Patienten aufgebaut werden müssen. In dieser Phase ist das Krankenhaus faktisch überbelegt und zu 115 Prozent ausgelastet. Die übrigen 40 Prozent der Betten stehen für Nicht-Corona-Patienten zu Verfügung. Das gilt ebenso für die Phase 2B. In der Phase 2B werden allerdings zu den in der Phase 2A zusätzlich geschaffenen Betten weitere 25 Prozent zusätzlich geschaffen, um die Behandlung von Menschen mit einer Corona-Erkrankung zu gewährleisten.


Was bedeutet das für den Bürger?


„Sollten darüber hinaus noch weitere Betten benötigt werden, stoßen die Krankenhäuser an ihre Kapazitätsgrenzen und es kommt zu einem Kollaps des Gesundheitssystems. Es gibt danach weder genügend Betten noch genügend Personal, um die Gesundheitsversorgung zu gewährleisten“, schreibt das Kabinett Antoniadis. Sollte es zu einem solchen Fall kommen, dann müsse, wie im März in Italien oder im April in Frankreich, entschieden werden, welchem Patienten welche Behandlung noch zuteilwerden kann. „Das bezieht sich sowohl auf Patienten mit einer Infektion mit dem Corona-Virus als auch auf Nicht-Corona-Patienten. Dieses Szenario könnte einem bekannt vorkommen, weil es im Fall von größeren Katastrophen am Unfallort zum Einsatz kommt. Dass es nicht dazu kommt, liegt an jedem einzelnen von uns. Die Einhaltung von anderthalb Metern Abstand, die richtige Hygiene und das Tragen eines Mundnasenschutzes kann vor einer Infektion schützen.“ Wer krank ist, sollte sich an die Quarantäne halten und sich testen lassen. Seinen Arzt sollte man ausschließlich telefonisch kontaktieren und sich auf gar keinen Fall aus eigenem Impuls ins Wartezimmer seines Hausarztes oder in die Notaufnahme begeben. Den Arzt sollte man über die Maßnahme oder eine Einweisung ins Krankenhaus entscheiden lassen. Dieser wisse im Ernstfall, was zu tun ist. Sollte am Wochenende der Hausarzt nicht zur Verfügung stehen, so besteht die Möglichkeit, sich über die 1733 an den hausärztlichen Notdienst zu wenden. Außerhalb der Sprechzeiten des eigenen Hausarztes sollte unter der Woche der Bereitschaftsarzt gerufen werden. Die Telefonnummer kann auf Nachfrage beim St. Nikolaus-Hospital oder Klinik St. Josef in Erfahrung gebracht werden. Der Notarzt sollte nur in Notfällen gerufen werden. In jedem Fall gilt, dass man im Voraus mitteilen sollte, wenn man einen Verdacht hegt, an Corona erkrankt zu sein oder nachweislich erkrankt ist, damit sich Ärzte und Rettungsdienste entsprechend schützen können. (sc/red)

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