Durch ein Tor in die Vergangenheit

<p>Die Porta Nigra stand seinerzeit im Römischen Reich. Dieses riesige Herrschaftsgebiet der Römer reichte bis ins heutige Deutschland, also eben auch bis zur Stadt Trier.</p>
Die Porta Nigra stand seinerzeit im Römischen Reich. Dieses riesige Herrschaftsgebiet der Römer reichte bis ins heutige Deutschland, also eben auch bis zur Stadt Trier. | Fotos: Jennifer Heck/dpa

Die Spuren der Arbeiter sieht man heute noch. Und das, obwohl das Stadttor Porta Nigra schon vor 1.850 Jahren in der Stadt Trier gebaut wurde. Die Spuren stammen vom Werkzeug der Steinmetze. Etwa 7.500 Steinblöcke schlugen sie aus einem Berg, um damit das Tor zu errichten. Jeder einzelne Stein musste mühsam herangeschleppt werden. Dann türmten die Bautrupps die Steine aufeinander.

Ein Stein wog bis zu sechs Tonnen, also etwa so viel wie ein Elefant. Die Porta Nigra stand damals im Römischen Reich. Dieses riesige Herrschaftsgebiet der Römer reichte bis ins heutige Deutschland, also eben auch bis zur Stadt Trier im Westen unseres Nachbarlandes. Sie liegt gar so weit weg von Ostbelgien. Die Römer waren kluge Baumeister. Sie verbanden die Steine durch schwere Eisenklammern und brachten das Ganze dadurch zum Halten. Für sein Alter ist das römische Bauwerk deshalb besonders gut in Schuss. Dass die Wände zum Teil löchrig wie Käse aussehen, hat einen anderen Grund: Schon im Mittelalter suchten Metallräuber nach den Klammern, um diese für andere Bauten zu nutzen. „Es steckt eine große Menge an Material da drin“, sagt Karl-Uwe Mahler. Er ist Archäologe und kümmert sich um den Erhalt der Porta Nigra. Eigentlich sollte das Stadttor besonders mächtig aussehen, um gegenüber Feinden damit anzugeben. Das Tor wurde allerdings nie fertig, weil die Römer wegen der vielen Eroberungen anderer Gebiete zu viel zu tun hatten. „Am wichtigsten war, dass das Tor funktionierte“, sagt Herr Mahler. Das haben die Bautrupps geschafft. Im Torbogen sieht man, wo die Römer zum Schutz der Stadt ihre Fallgitter herablassen konnten. So riegelten sie die Stadt ab.

Als die Porta Nigra gebaut wurde, hatte sie noch einen anderen Namen, nämlich Porta Martis. Der heutige Name entstand erst im Mittelalter. Die Steine hatten sich im Laufe der Zeit dunkel verfärbt und waren beinah schwarz geworden. Der Name Porta Nigra bedeutet „schwarzes Tor“. Nicht nur der Name änderte sich im Mittelalter, sondern auch die Funktion des Tores. Es wurde zu einer Kirche umgebaut. Wer sich das Tor heute anschaut, bemerkt: Auf einer Seite fehlt ein Stück Turm. Das wurde damals entschieden. Denn für eine Kirche benötigte das Tor nur einen Kirchturm.

Später wurde die Kirche teilweise zu einem Tor zurückgebaut. Ein ziemliches Hin und Her also. Forscher gucken sich das Bauwerk auch heute noch genau an, um neue Infos zu seiner Geschichte herauszubekommen: Auf manchen Steinen steht eine Art Code. Es handelt sich dabei um Daten, nur ohne Jahreszahl. Demnach brauchten die Römer für den Rohbau der Porta Nigra zwei bis vier Jahre. Nur wann? Das wussten die Forscher lange Zeit nicht. Bis sie das Geheimnis vor etwa zwei Jahren knackten. Archäologen fanden einen alten Pfosten aus Eichenholz in der Mauer. Die Forscher zählten die Jahresringe des Baumstamms und fanden so heraus: Der Bau der Porta Nigra muss 170 nach Christus begonnen haben.

Und was bedeuten die Buchstaben und Zahlen an den Wänden der Porta Nigra? Forscher haben die Spuren untersucht, die die Menschen in 1.850 Jahren dort hinterließen. Die neusten Spuren sind Kritzeleien von Schulklassen. Dass die alten Mauern nach so langer Zeit beschädigt werden, findet der Fachmann Karl-Uwe Mahler traurig. In den langen Gängen und in den Türmen haben die Forscher in den Steinen aber auch sehr alte Zeichen entdeckt. Manche stammen von Steinmetzen. Diese meißelten ihre Zeichen in die Steine, um sich später dafür bezahlen zu lassen. Die Zeichen sagen, aus welchem Steinbruch die Steine kamen. Andere Buchstaben stehen für römische Zahlen: VIII IDUS A. Die Römer haben das so gelesen: Acht Tage vor dem Idus des achten Monats. Der achte Monat ist der August. Idus bedeutet die Mitte eines Monats. Der Code steht also ungefähr für den 6. August. „Solche Tagesinschriften sind wirklich ungewöhnlich“, sagt Herr Mahler. Die Forscher können dadurch ausrechnen, wie lange es gedauert hat, das Tor zu bauen.

Und noch etwas: Wusstest du, dass die Porta Nigra einige Jahre bewohnt war? Der Mönch Simeon zog vor etwa 1.000 Jahren in den Ostturm. Sein Ziel war es, ganz allein als Einsiedler zu leben und viel zu beten. Simeon soll den Turm nach seinem Einzug nie mehr verlassen haben. Unterstützer sollen ihm Essen gebracht haben, das er mit einem Korb durch ein Fenster zu sich zog. Gleichzeitig wurde er ohne es zu wissen zum Beschützer der Porta Nigra. Denn die Steinräuber hörten dadurch auf, dem Stadttor Steine zu klauen. Deshalb ist die Porta Nigra heute das besterhaltene römische Stadttor Deutschlands. Nach seinem Tod wurde Simeon heiliggesprochen und das Tor schließlich zu seinen Ehren zu einer prachtvollen Kirche umgebaut. „Die Leute sind von weither gekommen, um dort zu beten“, sagt der Fachmann Karl-Uwe Mahler. (dpa)

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