Belgischer Film „Jumbo“ mit Nebenjury-Preis ausgezeichnet - Goldener Bär geht in den Iran

<p>Regisseurin Zoé Wittock am Set von „Jumbo“.</p>
Regisseurin Zoé Wittock am Set von „Jumbo“. | Foto: belga

Der belgische Film „Jumbo“, der am 18. März in die Kinos kommen soll, erzählt die Geschichte von Jeanne, einer jungen Frau, die als Nachtwächterin in einem Vergnügungspark arbeitet und eine seltsame Beziehung zu Jumbo, der neuen Hauptattraktion des Parks, entwickelt.

Die Internationale Jury der 70. Berlinale unter Vorsitz des britischen Schauspielers Jeremy Irons hat am Samstag die begehrten Bären-Trophäen vergeben.

Der Episodenfilm „Es gibt kein Böses“ des iranischen Regisseurs Mohammed Rassulof hat den Goldenen Bären der 70. Berlinale gewonnen. Das gab die Jury am Samstagabend in Berlin bekannt.

<p>Der iranische Filmproduzent Mohammad-Hossein Ghasemi in seinem Büro.</p>
Der iranische Filmproduzent Mohammad-Hossein Ghasemi in seinem Büro. | Foto: Farshid-Motahari Bina/dp

Der iranische Regisseur Mohammed Rassulof hat einen politischen Film über die Todesstrafe in seinem Land gedreht. „Es gibt kein Böses“ heißt das Episodendrama, das bei der Berlinale den Goldenen Bären gewinnt. Als Jurypräsident Jeremy Irons die Entscheidung verkündet, fehlt Rassulof jedoch: Er darf den Iran derzeit nicht verlassen.

Stattdessen nimmt seine Tochter Baran, die in Deutschland lebt, die Auszeichnung entgegen. Sie sei überwältigt und glücklich und gleichzeitig sehr traurig. „Denn dieser Preis ist für einen Filmemacher, der heute nicht hier sein kann“, sagt sie in Berlin. „Dieser Preis ist für ihn.“

<p>Baran Rasoulof erhält für ihren Vater, dem Regisseur Mohammad Rasoulof, den Goldenen Bären für den Besten Film von Jeremy Irons, Schauspieler und Jurypräsident der Berlinale.</p>
Baran Rasoulof erhält für ihren Vater, dem Regisseur Mohammad Rasoulof, den Goldenen Bären für den Besten Film von Jeremy Irons, Schauspieler und Jurypräsident der Berlinale. | Foto: Michael Kappeler/dpa

Der Film „Never Rarely Sometimes Always“ von der US-Amerikanerin Eliza Hittman hat bei der Berlinale den Großen Preis der Jury gewonnen. In ihrem Film erzählt Hittman von einer ungewollten Schwangerschaft. Eine 17-Jährige macht sich mit ihrer Freundin auf nach New York, um dort eine Abtreibung vornehmen zu lassen.

Die deutsche Schauspielerin Paula Beer wurde als beste Darstellerin geehrt – sie bekam den Silbernen Bären für ihre Rolle in Christian Petzolds Liebesfilm „Undine“. „Vielen, vielen Dank“, sagte die 25-Jährige bei der Preisverleihung. Sie freue sich wahnsinnig. Man könne aber nur so gut sein wie sein Gegenüber – ihr Kollege Franz Rogowski sei der „wunderbarste Spielmann“, den man sich wünschen könne. In Petzolds Film spielen die beiden ein Liebespaar.

<p>Schauspielerin Paula Beer steht mit ihrem Silbernen Bären für die Beste Darstellerin vor dem Berlinale Palast.</p>
Schauspielerin Paula Beer steht mit ihrem Silbernen Bären für die Beste Darstellerin vor dem Berlinale Palast. | Foto: Christoph Soeder/dpa

Bester Darsteller wurde der Italiener Elio Germano, der im Künstlerdrama „Hidden Away“ („Volevo nascondermi“) einen Maler spielt, der lange aus Ausgestoßener lebte.

<p>Der italienische Schauspieler Elio Germano</p>
Der italienische Schauspieler Elio Germano | Foto: Christoph Soeder/dpa

Der Große Preis der Jury – die zweitwichtigste Ehrung des Festivals – ging an das Coming-of-Age-Drama „Never Rarely Sometimes Always“: US-Regisseurin Eliza Hittman erzählt darin von einer 17-Jährigen, die ungewollt schwanger ist.

Der Südkoreaner Hong Sangsoo gewann den Silbernen Bären für die beste Regie: In seinem Film „Die Frau, die rannte“ unternimmt eine Frau erstmals wieder etwas ohne ihren Mann.

Die italienischen Brüder Fabio und Damiano D’Innocenzo erhielten den Silbernen Bären für das Drehbuch zum Drama „Bad Tales“ („Favolacce“).

<p>Die Brüder Damiano (l.) und Fabio D'Innocenzo</p>
Die Brüder Damiano (l.) und Fabio D'Innocenzo | Foto: Christoph Soeder/dpa

Ausgezeichnet wurde auch der deutsche Kameramann Jürgen Jürges, der schon mit Größen wie Wim Wenders und Rainer Werner Fassbinder drehte. Er erhielt nun den Silbernen Bären für eine „herausragende künstlerische Leistung“ für seine Arbeit an „DAU. Natasha“. Der Experimentalfilm ist Teil eines großangelegten Kunstprojekts.

In diesem Jahr leiteten erstmals die Niederländerin Mariette Rissenbeek und der Italiener Carlo Chatrian die Festspiele. Der Gewinner „Es gibt kein Böses“ sei ein sehr politischer, aber auch ein sehr poetischer und existenzieller Film, sagte Chatrian der Deutschen Presse-Agentur. Rund 340 Filme liefen bei der diesjährigen Berlinale, die am Sonntag mit einem Publikumstag zu Ende gehen sollte. Nach Meinung von Kulturstaatsministerin Monika Grütters (CDU) bewies sich die Berlinale in diesem Jahr wieder als politisches Festival.

Ein Sonderpreis anlässlich der 70. Berlinale ging an die französische Komödie „Delete History“ von Benoît Delépine und Gustave Kervern. Nicht mehr vergeben wurde dafür der Alfred-Bauer-Preis. Hintergrund sind Recherchen zur Vergangenheit des ersten Festivalleiters Alfred Bauer, der nach einem Bericht der „Zeit“ ein „hochrangiger Funktionär der NS-Filmbürokratie“ gewesen sein soll. Das Festival lässt dessen Vergangenheit nun aufarbeiten.

Weitere Nebenjury-Preise

Auf der 70. Berlinale haben vor den Entscheidungen über Goldene und Silberne Bären noch weitere favorisierte Filme Preise von Nebenjurys abräumen können.

Der Episodenfilm „Es gibt kein Böses“ des iranischen Regisseurs Mohammed Rassulof um die Verzweiflung von Menschen, die Todesstrafen exekutieren müssen, sicherte sich – neben dem Goldenen Bären, der am Samstag vergeben wurde – sowohl einen Preis der Ökumenischen Jury als auch den Gilde-Filmpreis der Kinobetreiber.

Den Publikumspreis der „Berliner Morgenpost“ erhielt „Effacer l’historique“ („Delete history“), in dem Benoît Delépine und Gustave Kervern humorvoll von drei Underdogs im Kampf gegen die Allmacht von Internet und Konsumterror erzählen.

Die Berlinale-Chefs Mariette Rissenbeek und Carlo Chatrian freuten sich zur Preisverleihung, das Festival und die rund 340 gezeigten Filme hätten sehr wichtige Themen aufgegriffen. Präsentiert worden seien Filme, die versuchten, etwas zu erzählen über die Welt, in der wir leben. Die Filme hätten in Bereiche geführt, in denen es schwierig sei zu leben und zu filmen. Im Zentrum der Produktionen hätten nicht Helden gestanden, sondern Menschen mit ihren Fehlern.

Den Filmpreis der deutschen Sektion von Amnesty International bekam „Welcome to Chechnya“, der sich auch den Berlinale-Publikumspreis sicherte. In dem Dokumentarfilm thematisiert David France die Homophobie in der russischen Teilrepublik Tschetschenien. Weitere Preise der Ökumenischen Jury erhielten „Seishin 0“ („Zero“) von Kazuhiro Soda, der das Leben des Psychiaters Masatomo Yamamoto dokumentiert, die Schweizerin von Susanne Regina Meures für „Saudi Runaway“ über das Leben einer jungen Frau, die ihre Flucht aus Saudi-Arabien plant, und „Otac“ („Father“) von Srdan Golubović über den Kampf eines serbischen Vaters um seine Kinder. Dieser Film sicherte sich den zweiten Berlinale-Publikumspreis.

Der Internationalen Verband der Filmkunsttheater Cicae zeichnete „Digger“ von Georgis Grigorakis aus, der einen Vater-Sohn-Konflikt thematisiert, sowie Song Fang für ihren Film „Ping jing“ („The Calming“) über das Leben einer Chinesin nach ihrer Trennung. Den Preis des „Tagesspiegel“ konnte sich Alex Piperno aus Uruguay sichern, der in „Chico ventana también quisiera tener un submarino“ („Window Boy Would Also Like to Have a Submarine“) Geschichten zu einem filmischen Labyrinth verbindet.

Am Freitagabend wurde zum 34. Mal der Teddy Award im Rahmen der Berlinale vergeben. Als bester Spielfilm wurde „Futur Drei“ von Faraz Shariat ausgezeichnet, der sich mit dem Leben junger Migranten zwischen Integration und Party befasst. (dpa/belga)

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