Alice Piana: "Ich finde einen Mann, der anpackt, viel attraktiver"

Alice Piana (links) und Danielle Schöffers. | David Hagemann


Alice Piana

29 Jahre, Mutter von zwei Kindern im Alter von drei Jahren und acht Monaten, Ex-Model und Finalistin der Miss Belgien-Wahl, Inhaberin des Bonbon Concept Store (Accessoires und Kleidung für Kinder)

Wie sehen Sie die Notwendigkeit des Einsatzes für Frauen heute?
"Ich bin selbst verheiratet und Mutter und kenne jede Menge andere Familien in meinem Alter, in denen der Papa nachts aufsteht, um dem Kind die Flasche zu geben, oder spazieren geht, was zu Zeiten meiner Großeltern undenkbar war. Genauso ist es auch mit dem Arbeiten: Ich arbeite super gerne, mein Mann arbeitet im Geschäft und als Tanzlehrer. Ich glaube schon, dass Frauen und Männer andere Rollen annehmen können. Mein Mann ist oft mit den Kindern alleine und ich bin unterwegs. Seit der Generation meiner Eltern oder meiner Großeltern hat sich da viel getan, finde ich."

Es gibt viele Männer, die heute mit ihrer Rolle nicht mehr klar kommen, weil man ihnen so viel abverlangt: Sie müssen gut im Job sein, gut aussehen, ein guter Vater sein, ein toller Liebhaber. Empfinden Sie das auch so, dass Männer heute oft überfordert sind?
"Das hat auch viel mit Erziehung zu tun. Mein Mann ist zum Beispiel auch so erzogen worden, dass er im Haushalt nicht helfen muss, aber in unserer Beziehung war gleich klar, dass das nicht so ist. Ich finde auch einen Mann, der anpackt, viel attraktiver."

Haben Sie kein Problem damit, sich an der Miss Belgien-Wahl beteiligt zu haben, bei der Frauen als bloße Objekte dargestellt werden und es nur um den Körper geht?
"Nein, es liegt immer am Blickwinkel. Es war für mich eine tolle Erfahrung, an der Miss-Wahl teilzunehmen. Es ging nicht nur um Schönheit, ich habe mich dabei auch dafür eingesetzt, dass man nicht um jeden Preis dünn sein muss und gut ist, wie man ist. Vor der Miss-Wahl habe ich gemodelt. Wenn sich jemand wohl in seiner Haut fühlt, finde ich das nicht diskriminierend."

Danielle Schöffers

Geschäftsführerin der Frauenliga, 40 Jahre alt, Mutter von zwei Kindern im Alter von fünf und zwei Jahren

Sind die Zeiten vorbei, in denen man sich für Frauenrechte einsetzt?
"Viele Frauen meinen jetzt, dass alles erreicht ist und es nicht schick ist oder nicht gut rüberkommt, wenn man sich für Frauenbelange einsetzt. Oft ist es auch so, dass Frauen – obwohl sie merken, dass etwas nicht ganz gerecht ist – sich eher zurückhalten."

Glauben Sie an tief sitzende Rollenklischees?
"Ja, das fängt an im Elternhaus. Im Kindergarten wird dann noch eins drauf gesetzt. Mein Sohn möchte zum Beispiel keine rosa Becher mehr, seit er im Kindergarten ist. Vorher war ihm das egal. Wenn es schon ein allgemeines Bewusstsein für diese Rollenklischees geben würde und man offen darüber reden und auch lachen könnte, dann hätten wir schon einen großen Schritt gemacht."

Bei der Frauenliga sind männliche Referenten nicht erwünscht. Stimmt das und wenn ja, ist das nicht diskriminierend?
"Das würde ich so nicht ausdrücken, denn wir haben auch männliche Referenten. Aber es stimmt schon, dass wir erst einmal nach Frauen schauen. Da wir Angebote für Frauen machen, finde ich es logisch, dass die Referentinnen meist auch Frauen sind. Eine Ausnahme ist der Eltern-Kind-Bereich, wo wir ausdrücklich Angebote für Eltern konzipieren. Es gibt bei der Frauenliga aber durchaus auch schon mal einen männlichen Referenten."

Dorothea Schwall-Peters

56 Jahre, Lehrerin, ehemalige Gemeinschafts- und Kommunalpolitikerin, Mutter von zwei Kindern im Alter von 26 und 27 Jahren

Sie haben sich lange Zeit in der Deutschsprachigen Gemeinschaft für emanzipatorische Themen stark gemacht. War Ihr Einsatz erfolgreich?
"Ich glaube nicht, dass er erfolgreich war. Vielleicht ganz punktuell für das Frauenhaus, für das wir uns damals fraktionsübergreifend stark gemacht haben, das vielleicht sonst nicht so schnell realisiert worden wäre. Was allerdings das Bewusstsein für frauenspezifische Themen angeht, glaube ich nicht, dass wir etwas erreicht haben. Wäre es so, würde es Frauen vielleicht leichter fallen, sich politisch zu engagieren."

Wo sehen Sie auf gesellschaftlicher, auf politischer Ebene noch Handlungsbedarf?
"Ich glaube, unser Gesellschaftssystem, wie es im Moment funktioniert, verhindert, dass wir diese Schritte in Richtung Gleichberechtigung machen. Die Tendenz im Moment ist ja eher, soziale Leistungen und Errungenschaften abzubauen. Wenn das so weiter geht mit dem Kapitalismus, wird noch mehr davon abgebaut. Gleichwertigkeit oder alternative Familienmodelle funktionieren nur über eine kulturelle Veränderung, wenn wir sagen, wir wollen gar nicht mehr so leben. Familien müssten dann verzichten. Oder es müsste zu einer Umverteilung kommen, und der Staat sagt, Familien, die verzichten, bekommen einen Ausgleich."

Das gesamte Gespräch lesen Sie am Dienstag im GrenzEcho.