Verhärtete Fronten am Hambacher Forst

Im Hambacher Forst baut ein vermummter Aktivist in etwa acht Meter Höhe an einem neuen Baumhaus. Hier entsteht das Baumdorf Endor. | David Young/dpa

In der Nacht zum Donnerstag wurde ein illegal errichtetes Protestcamp aufgelöst. Wenig später begann die Polizei, von Braunkohlegegnern besetzt gehaltene Häuser am Rande des Tagebaus zu räumen. Das Aktionsbündnis „Ende Gelände“ hält trotzdem an den Protesten und Blockadeplänen für das Wochenende fest. „Wir lassen uns nicht aufhalten“, sagte Sprecherin Karolina Drzewo am Donnerstag. Unterdessen einigte sich die Kommission zur Vorbereitung des Kohleausstiegs auf einen Zwischenbericht mit Empfehlungen zum Strukturwandel in den Kohleregionen.

Die Polizei stellt sich für das Wochenende mit einem Großeinsatz auf die Aktionen der Braunkohlegegner im gesamten Rheinischen Revier ein. Sie rechnet mit lang anhaltenden Blockadeaktionen von Tagebau-Infrastruktur wie Baggern oder Bandanlagen durch kleine Aktivistengruppen. Eingestellt ist sie aber auch auf die für das Aktionsbündnis „Ende Gelände“ typischen Massen-Aktionen. Polizeipräsident Dirk Weinspach kündigte an, Straftaten wie Hausfriedensbruch konsequent zu verfolgen. Er rief zu Besonnenheit, Gewaltfreiheit und Respekt auf. Der Tagebau Hambach und der Hambacher Forst seien international zum Kristallisationspunkt für die Klimadiskussion geworden. „Dieser Konflikt ist symbolhaft und emotional derart aufgeladen, dass das für den Einsatz erhebliche Gefahren und Probleme mit sich bringt“, sagte Weinspach. Am Donnerstag konzentrierte sich der Protest auf das Dorf Manheim am Hambacher Forst, das dem Tagebau weichen soll. Eine Protestgruppe hatte dort in der vergangenen Woche leerstehende Häuser besetzt. Nachdem der Energiekonzern RWE als Eigentümer der Gebäude Strafantrag wegen Hausfriedensbruchs gestellt habe, hätten Polizisten mit der Räumung begonnen. Aus der Besetzung heraus seien immer wieder Straftaten begangen worden. Das habe man durch die Räumung unterbunden, sagte ein Polizeisprecher.

Nachdem sieben Häuser geräumt waren, stoppte die Polizei den Einsatz am Nachmittag zunächst. Nach einem Eilantrag der Aktivisten will die Behörde eine Entscheidung des Verwaltungsgerichts Köln über die Rechtmäßigkeit der Räumung abwarten. Wenig später wurde ein weiteres Haus besetzt. In der Nacht davor hatten Einsatzkräfte ein Zeltcamp ebenfalls in Kerpen-Manheim geräumt, das das Aktionsbündnis Ende Gelände ohne Genehmigung für diesen Standort aufgebaut hatte. Trotz der Räumung hielt das Bündnis an seinen Protest- und Blockadeplänen für die nächsten Tage fest. Zu den Aktionen werden bis zu 3000 Teilnehmer erwartet.

„Ende Gelände“ will nun bei Düren südlich vom Hambacher Forst eine neue Campfläche für 4000 Personen einrichten. Die ersten Busse mit Camp-Teilnehmern seien schon am Donnerstag angekommen. Ein Sonderzug mit 1000 Teilnehmern wurde am Freitagmorgen in Düren erwartet. Die Demonstranten des Aktionsbündnisses wollen von dem Protestcamp aus neue Aktionen gegen den Kohleabbau starten und dabei am Wochenende auch die Infrastruktur von Tagebauen im Rheinland blockieren.

Auch das politische Ringen um den Kohleausstieg geht weiter. Die Mitglieder der Kommission „Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung“ verabschiedeten am Donnerstag einstimmig einen Zwischenbericht. Veröffentlicht wurde er zunächst nicht; ein Datum für den Kohleausstieg ist nicht enthalten.

Fest steht aber, dass die Bundesregierung in dieser Legislaturperiode 1,5 Milliarden Euro für den Strukturwandel in den Kohleregionen bereitstellen will. Einem Entwurf vom Dienstag zufolge enthält der Bericht unter anderem auch konkrete Vorschläge zum Ausbau von Bahnstrecken und Straßen sowie zur Verbesserung des öffentlichen Nahverkehrs. Zudem schlägt er vor, dass Bund und Länder in den kommenden Jahren Behörden gezielt in die Kohlereviere verlagern, um dort Arbeitsplätze zu schaffen. Auftrag der Kommission war, sich zunächst mit Perspektiven für die Regionen zu beschäftigen, in denen durch den Kohleausstieg tausende Arbeitsplätze wegfallen. (dpa)