Das Universum im anderen Licht

Die IceCube-Arbeitsgruppe am III. Physikalischen Institut B der RWTH Aachen. | Jan Auffenberg/RWTH

Diese reisen Milliarden Lichtjahre durch das Weltall und und durchqueren scheinbar mühelos sogar die Erde.

Eine gemeinsame Beobachtungskampagne mit 18 beteiligten Observatorien löste ein einzelnes spektakuläres Neutrino aus, welches das am Südpol gelegene Neutrinoteleskop IceCube am 22. September 2017 aufzeichnete. Die Ergebnisse wurden im Fachblatt „Science“ vorgestellt.

Die Beobachtungen sind ein entscheidender Schritt zur Lösung des alten Rätsels: Wo kommt die kosmische Strahlung her? „Wir können jetzt genauere Antworten liefern“, sagt Wiebusch. Sein Assistent René Reimann, der maßgeblich zum Ergebnis beitrug, fügt hinzu: „Wir konnten ein Neutrino feststellen und den Ursprung zu der extrem stark leuchtenden, aktiven Galaxie mit dem Katalognamen ‚TXS-0506+056‘ im Sternbild Orion zurückverfolgen. Richtig spannend wurde es, als wir gezielt die archivierten Daten von fast zehn Jahren Beobachtung durcharbeiteten. Wir fanden eine zweite Neutrinoeruption im Jahr 2015 für dieselbe Quelle.“

Vor fünf Jahren hat IceCube zum ersten Mal hochenergetische Neutrinos aus den Tiefen des Weltalls nachgewiesen. Die Ankunftsrichtungen schienen aber zunächst zufällig über den Himmel verteilt zu sein. Wiebusch resümiert: „Diese frühere Eruption liefert zusammen mit dem Einzelereignis vom 22. September 2017 den bislang besten experimentellen Beleg dafür, dass aktive Galaxien Quellen energiereicher, kosmischer Teilchen sind.“

Boten aus dem Hochenergie-Universum

Die energiereichen Neutrinos entstehen nach Vorstellung der Wissenschaftler als charakteristisches Nebenprodukt in kosmischen Teilchenbeschleunigern. Das sind etwa Materiestrudel gigantischer Schwarzer Löcher oder explodierende Sterne. Anders als elektrisch geladene Atomkerne werden die elektrisch neutralen Neutrinos auf ihrem Weg durchs Weltall nicht von kosmischen Magnetfeldern abgelenkt, sodass ihre Ankunftsrichtung direkt zur Quelle weist.

Der Nachweis von Neutrinos ist allerdings extrem aufwendig, denn die „geisterhaften“ Elementarteilchen durchqueren oft einfach die komplette Erde, ohne eine Spur zu hinterlassen. Nur ganz selten reagiert ein Neutrino auf seine Umgebung. Es erfordert gewaltige Detektoren, um wenigstens ein paar der seltenen Reaktionen einzufangen.

„Darum haben wir 86 Löcher ins Eis der Antarktis gebohrt, jedes 2.500 Meter tief. In diese Löcher wurden, verteilt über einen Kubikkilometer, 5.160 Lichtsensoren installiert. Diese registrieren die winzigen Lichtblitze, die bei den seltenen Neutrino-Reaktionen im durchsichtigen Eis entstehen“, erklärt Dr. Jan Auffenberg, ebenfalls Physiker der RWTH.

Die internationale IceCube-Kollaboration besteht aus rund 300 Wissenschaftlern aus zwölf Ländern und wird unter der Federführung der US-amerikanischen National Science Foundation betrieben. Die University of Wisconsin/Madison ist die Leitinstitution, sie trägt die Hauptverantwortung für den Betrieb des IceCubes.

Die IceCube-Kollaboration besteht aus rund 300 Wissenschaftlern

Deutschland stellt nach den USA das zweitstärkste Kontingent des Teams. Neben DESY (Deutsche Elektronen-Synchrotron) sind neun deutsche Universitäten beteiligt, darunter RWTH Aachen, Humboldt-Universität zu Berlin, Ruhr-Universität Bochum, TU Dortmund und Universität Erlangen-Nürnberg. Auch ein belgisches Team von Forschern der Freien Universität Brüssel (ULB/VUB) nimmt an dem Projekt teil.

Weitere Informationen unter https://icecube.wisc.edu.