Mindestens 120 Tote nach Erdbeben - Renzi: "Bilanz nicht endgültig"

Ein heftiges Erdbeben erschüttert Mittelitalien. Dutzende Opfer werden befürchtet. Stunden danach liegen noch Verschüttete unter den Trümmern, darunter auch Kinder. | dpa



368 Verletzte und Kranke seien seit dem Morgen aus der Gegend der stark betroffnen Orte Amatrice und Accumoli weggebracht worden. Italien stehe nun solidarisch zusammen, um die großen Herausforderungen nach dem Erdbeben zu meistern. Dutzende Menschen werden noch vermisst. Die Chancen, sie lebend zu finden, sinken.

Wie das Außenministerium unter Berufung auf die belgische Botschaft in Italien mitteilte, sind bisher keine belgischen Todesopfer bekannt.

Das Hauptbeben hatte sich in der Nacht auf Mittwoch ereignet. Das Deutsche Geoforschungszentrum in Potsdam gab die Stärke mit 6,2 an. Es gab etliche Nachbeben. Häuser glichen Schutthaufen, Trümmer und Staub bedeckten Autos und Straßen. Das Epizentrum lag an der Grenze der Regionen Latium, Marken und Umbrien – etwa 100 Kilometer Luftlinie nordöstlich von Rom, wo der Boden ebenfalls wackelte. In der Nähe liegt der Nationalpark Gran Sasso und Monti della Laga in den Abruzzen. Die Erdstöße rissen die Menschen mitten in der Nacht aus dem Schlaf und waren auch an der Adriaküste zu spüren.

„Viele sind noch unter den Trümmern. Wir bereiten einen Ort für die Leichen vor“, sagte laut Ansa der Bürgermeister der besonders stark betroffenen Gemeinde Amatrice, Sergio Pirozzi. Helfer suchten in den Trümmern völlig zerstörter Häuser nach Überlebenden und Toten. Ganze Familien wurden ausgelöscht, einige Kinder konnten aus den Trümmern gezogen werden, erlagen dann aber später ihren Verletzungen.

Für die Menschen ohne Obdach sollen laut RaiNews24 möglicherweise Zelte in Amatrice und Accumoli aufgebaut werden. Nach ersten Schätzungen sind wahrscheinlich mehrere Tausend Menschen ohne Unterkunft. In der Region hielten sich auch zahlreiche Urlauber auf.

Der Bürgermeister von Accumoli, Stefano Petrucci, sprach von 2.500 Menschen ohne Dach über dem Kopf allein in seinem Ort. Unter ihnen seien auch etwa 2.000 Menschen, die in dem Ort in den Abruzzen Urlaub machten. Es sei kein einziges Haus mehr bewohnbar, sagte Petrucci. „Wir müssen eine Zeltstadt für die gesamte Bevölkerung organisieren.“ Obwohl August ist, herrschten nachts nur zehn Grad.

Die Rettungsdienste konnten einige Orte in der bergigen Gegend nur schwer erreichen. Amatrice – eine Gemeinde mit etwa 2.600 Einwohnern in der Provinz Rieti in der Region Latium – ist über die Straße rund 150 Kilometer von Rom entfernt. Historische Städte wie Perugia und Assisi sind nicht allzu weit. Die Häuser in der Region sind teils jahrhundertealt; bei einem solchen Beben fallen sie rasch in sich zusammen.

Um 3.30 Uhr in der Nacht fing die Erde an zu beben. Vor allem die kleineren Ortschaften Amatrice, Accumoli und Pescara del Tronto wurden getroffen. „Die Hälfte des Ortes gibt es nicht mehr. Die Menschen sind unter den Trümmern“, sagte der Bürgermeister von Amatrice dem Nachrichtensender RaiNews24. Straßen waren blockiert, der Strom war ausgefallen. Der Bürgermeister forderte Hilfe per Hubschrauber. Ein Einwohner sagte dem Sender: „Alles ist kaputt.“

Auch das Militär wurde zum Hilfseinsatz mobilisiert. Italiens Regierungschef Matteo Renzi sagte jegliche Unterstützung zu. „Wir lassen niemanden alleine.“ Für Mittwochnachmittag kündigte er einen Besuch im Erdbebengebiet an.

Italien wird auf Grund seiner geografischen Lage immer wieder von Erdbeben erschüttert, oft auch von schwerwiegenden. 2009 war bei einem Beben die mittelitalienische Stadt L’Aquila verwüstet worden. Damals starben mehr als 300 Menschen. L’Aquila liegt Luftlinie nur gut 30 Kilometer von Amatrice entfernt.

Papst Franziskus zeigte sich tief betroffen. Er finde kaum Worte, seinen großen Schmerz auszudrücken, sagte er zu Beginn der wöchentlichen Generalaudienz auf dem Petersplatz in Rom. „Den Bürgermeister von Amatrice sagen zu hören, dass der ganze Ort nicht mehr existiert, und zu wissen, dass unter den Opfern Kinder sind, hat mich sehr berührt.“(dpa/belga)