Das erklärte Andrä bei einer Pressekonferenz am Samstagmittag. Laut Medienberichten soll der Täter auf dem Fakeprofil mit einem Sonderangebot geworben haben, um so möglichst viele Menschen in die Fastfood-Filiale zu locken. Genauere Angaben machte die Polizei bisher nicht.
Bei Durchsuchungen im Zimmer des Schülers habe man Unterlagen zum Thema Amok gefunden, so Andrä weiter. „Mit dem Thema hat sich der Täter offenbar intensiv beschäftigt“, sagte Andrä. Darum geht die Münchner Staatsanwaltschaft davon aus, dass es sich bei der Tat um einen klassischen Amoklauf handelt.
Die Ermittler erklärten, dass ein Zusammenhang mit dem Attentat des Norwegers Anders Behring Breivik besteht. „Diese Verbindung liegt auf der Hand“, sagte Andrä. Am Freitag war der fünfte Jahrestag von Breiviks Amoklauf.
Nach Angaben der Ermittler soll der Attentäter von München auch eine Erkrankung „aus dem depressiven Formenkreis“ gehabt haben, wie Oberstaatsanwalt Thomas Steinkraus-Koch sagte. Details nannte er nicht.
Der junge Mann hatte am Freitagabend im Olympia-Einkaufszentrum neun Menschen erschossen und dann sich selbst getötet. Danach gab es Gerüchte über mehrere Täter, was zu Panik in ganz München führte.
Polizeipräsident Andrä sagte, es habe keine weiteren Täter geben, der 18-Jährige sei ein Einzeltäter. „Tat und Täter haben überhaupt keinen Bezug zum Thema Flüchtlinge“, stellte er klar.
Der junge Mann hatte den Angaben zufolge eine illegale Pistole mit Kaliber 9-Millimeter und mehr als 300 Schuss dabei. Die Seriennummer war ausgefräst.
Viele Todesopfer waren minderjährig. Zwei 15-Jährige und drei 14-Jährige seien ums Leben gekommen, berichteten die Ermittler. Die weiteren Opfer seien 17, 19, 20 und 45 Jahre alt gewesen. Unter den neun Todesopfern seien drei Frauen gewesen. Nach Angaben des Roten Kreuzes sind gleich drei der neun Todesopfer aus einer Familie. Das teilte der Münchner Kreisverband des Bayerischen Roten Kreuzes (BRK) am Samstag mit. Auf dessen Homepage heißt es weiter, es handele sich um drei Jugendliche aus einer Münchner Familie, die aus dem Kosovo stamme. BRK-Landesgeschäftsführer Leonhard Stärk bestätigte der Deutschen Presse-Agentur, dass die Familie vom Roten Kreuz psychologisch betreut werde.
Aus Sicherheitsgründen müssten in München am Wochenende nach Angaben Andräs keine Veranstaltungen abgesagt werden. Zur Zeit seien noch 800 Einsatzkräfte in der Stadt im Einsatz.
Es gebe bisher keine Hinweise, dass sich der Täter mit dem Anschlag in einem Regionalzug am Montagabend in Würzburg beschäftigt habe, sagte Andrä weiter. Auch ein Abschiedsbrief des Mannes sei bisher nicht gefunden worden.
Die Polizei zählte am Freitag zwischen 18 und 24 Uhr 4.310 Notrufe – das Vierfache eines normalen Tages, sagte Andrä.
Der Ablauf der Tat lässt sich den Angaben zufolge noch nicht abschließend erkennen. Die zeitliche Abfolge werde nun auch mit Hilfe von Videoaufnahmen ermittelt. Der Tatort am Olympia-Einkaufszentrum werde zunächst abgesperrt bleiben.
„Amoklage“ – „Terrorlage“ – „Sonderfall“
Nach seiner Ansicht war der zeitweise als „akute Terrorlage“ bezeichnete massive Polizeieinsatz in München gerechtfertigt. Es sei angesichts der vielen Hinweise auf weitere Schauplätze absolut „richtig und notwendig gewesen“, in dieser Stufe einzusteigen, sagte er. Ähnlich äußerten sich Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer und Innenminister Herrmann (beide CSU). Das Hauptaugenmerk habe nach den Schüssen vor allem darauf gelegen, die Sicherheit in München zu gewährleisten, sagt Andrä. Darum warnte die Polizei am Freitagabend vor einer „akuten Terrorlage“, die Landeshauptstadt rief den „Sonderfall“ wegen einer „Amoklage“ aus. Und: Die Polizei forderte die Anti-Terror-Einheit GSG 9 des Bundes und Spezialeinheiten aus mehreren anderen Bundesländern an.
Wir haben derz mehrere Spezialeinsatzkräfte aus Bayern, anderen Bundesländern und von der Bundespolizei in #München im Einsatz. #schießerei
— Polizei München (@PolizeiMuenchen) 22. Juli 2016
Der öffentliche Nahverkehr - U-Bahnen, Busse und Straßenbahnen - wurde in der Stadt für mehrere Stunden komplett eingestellt, auch der Zugverkehr stand still. Der Münchner Hauptbahnhof wurde evakuiert: Nach der Sperrung des Hauptbahnhofs flüchteten Menschen über Bahngleise, wie Augenzeugen berichteten. Ärzte und Schwestern wurden in die Krankenhäuser gerufen. Restaurants in der Innenstadt schlossen aus Sicherheitsgründen.
Die Polizei hatte alle Autofahrer aufgerufen, von den Autobahnen in Richtung der Landeshauptstadt abzufahren. "Die Polizei ersucht alle Verkehrsteilnehmer, die Autobahnen auf dem Weg nach München zu meiden beziehungsweise zu verlassen, um anfahrenden Einsatzfahrzeugen auf dem Weg nach München die freie Durchfahrt zu ermöglichen", berichtete der Verkehrsservice des Bayerischen Rundfunks am Freitagabend.
Die Bürger wurden über das Smartphone-Warnsystem Katwarn aufgefordert, ihre Wohnungen nicht zu verlassen. "Zu Ihrer Sicherheit Plätze & Straßen meiden; Täter flüchtig; Bahn & Busverkehr eingestellt; Radio und Fernseher einschalten", hieß es in der Mitteilung des behördlichen Warnsystems.
Auch das Tollwood-Festival, das in der Nähe des Einkaufszentrums ausgetragen wurde, musste abgebrochen werden.
Bundesregierung stellt sich auf Krisenlage ein
Bundespräsident Joachim Gauck äußerte sich bestürzt: "Der mörderische Angriff in München entsetzt mich zutiefst." In Gedanken sei er bei allen Opfern und bei allen, die um einen geliebten Menschen trauerten oder fürchteten. Kanzleramtsminister Peter Altmaier sagte im ZDF: "Wir dürfen nicht zulassen, dass die Terroristen ihr Ziel erreichen, nämlich unsere Gesellschaft zu verunsichern."
Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer ordnete nach dem Attentat für Samstag Trauerbeflaggung an allen staatlichen Dienstgebäuden an. Für diesen Samstag (11.00) berief der Regierungschef eine Sondersitzung seines Kabinetts ein. In Berlin sollte das Bundessicherheitskabinett am Samstag tagen. Ihm gehört auch Innenminister Thomas de Maizière (CDU) an - er unterbrach bereits zum zweiten Mal in dieser Woche seinen Urlaub, um am Samstag nach München zu kommen. Schon nach dem Axt-Angriff von Würzburg war er zurückgekehrt. "Es ist schrecklich und gänzlich unfassbar, was in München passiert ist", sagte de Maizière.
Es ist bereits die zweite schwere Gewalttat in Deutschland innerhalb weniger Tage. Erst am Montagabend hatte ein 17-jähriger Flüchtling mit einer Axt und einem Messer vier Touristen aus Hongkong in einem Regionalzug bei Würzburg schwer verletzt. Einsatzkräfte erschossen den Jugendlichen. Diese Tat soll einen islamistischen Hintergrund haben.
Augenzeugin berichtet von den Schüssen
Eine Augenzeugin hat die Panik unmittelbar nach den Schüssen in München beobachtet. "Wir waren gerade bei McDonald's essen", erzählte die junge Frau. "Dann ist Panik ausgebrochen." Mitarbeiter seien rausgerannt, Gäste hinterher, berichtet sie in einem Video, das BR24 auf Twitter veröffentlicht hat. "Kinder haben geheult, sind panisch rausgerannt, und man hat drei Schüsse gehört." Wer geschossen hat, konnte sie allerdings nicht beobachten. "Soweit ich gehört habe, war das im Obergeschoss... wir waren unten."
Eine Augenzeugin berichtet von den ersten Minuten der Schießerei im #OEZ in #Muenchenhttps://t.co/RvqEjA89i4
— BR24 (@BR24) 2
Auf einem anderen Video im Internet war zu sehen, wie ein Mann aus einem McDonald's-Restaurant kommt und mit einer Handfeuerwaffe wahllos auf Menschen schießt. Die Quelle dieses Videos, das auf Twitter veröffentlicht wurde, war zunächst unklar.
Retweeted Aeky (@Aekyan):
Der Angreifer wurde gefilmt #OEZ #Munich pic.twitter.com/IZbmHuADS6 https://t.co/sgumGdC4rM
— Anton Dörig (@AntonDoerig) 22. Juli 2016
Fehlalarm in Müncher Innenstadt - Polizei rückte zu Großeinsatz aus
Nach der Schießerei am Einkaufszentrum lief auch in der Innenstadt ein Großeinsatz der Polizei. Zahlreiche Menschen liefen am Freitagabend aus der Fußgängerzone zum Stachus. Mittlerweile hat die Polizei jedoch klargestellt, dass es sich hier um einen Fehlalarm gehandelt hat. Die Polizei war mit einem Großaufgebot vor Ort gewesen, nachdem Panik ausgebrochen war. Leute hatten geschrien und waren in Tränen ausgebrochen. (dpa)