Es geht schnell im Tagesgeschäft Fußball-Bundesliga. Vor nicht einmal einer Woche hatten die Fans in der Schalker Nordkurve noch die Ausbootung des deutschen Weltmeisters Benedikt Höwedes und den Verlust der Identität beim Traditionsklub kritisiert. Mit ihren Transparenten und Gesängen hatten sie nicht nur Manager Christian Heidel, sondern auch Trainer Domenico Tedesco ins Visier genommen.
Sechs Tage später feierten die wahrscheinlich selben Anhänger minutenlang den 2:1-Auswärtssieg der Königsblauen bei Werder Bremen. Und damit auch Tedesco. Der 32-Jährige, mit nur gut zwei Monaten Zweitliga-Erfahrung von Heidel im Sommer auf den Schalker Schleudersitz gehievt, ist der Hauptgrund für den besten Saisonstart seit sechs Jahren. Noch spielt Schalke nur phasenweise so, wie es der Bundesliga-Neuling sich vorstellt. Doch wenn es nicht läuft, reagiert Tedesco – und zieht offenbar an den richtigen Fäden. Beim 3:1 gegen den VfB Stuttgart vor einer Woche wechselte er zur Halbzeit den späteren Torschützen Guido Burgstaller ein, in Bremen brachte er zum gleichen frühen Zeitpunkt mit Nabil Bentaleb im Mittelfeld neue Impulse. Und in der Schlussphase standen drei Mittelstürmer auf dem Feld, weil ihm ein Punkt nicht reichte. Sein Mut wurde belohnt. Das Spiel in Bremen zeigte deutlich: Der Jungtrainer greift sofort ein, wenn ihm etwas nicht gefällt – und schaut nicht, auf Besserung hoffend, zu wie sein Vorgänger Markus Weinzierl.
Mut und Tatkraft hat Tedesco auch im Fall Höwedes gezeigt. Die Abschiebung des Publikumslieblings hat ihm viel Kritik eingebracht – zu Recht, weil die Art und Weise unangemessen war. Doch er zog es durch und bewies damit Mut.
Ob das Aufbrechen der alten Hierarchie zu einem nachhaltigen Aufschwung führt, lässt sich noch nicht bewerten. Es ist noch zu früh, um einen Trend ablesen zu können. Aber: Vor einem Jahr hatte Schalke zum gleichen Zeitpunkt neun Punkte weniger. Mit diesen Zählern mehr hätte es am Ende für den Europapokal gereicht.
Am Dienstagabend wissen wir mehr. Dann ist Bayern München der nächste Schalker Gegner. Hat Tedesco dann genauso viel Mut? (sid)
