Vivant schließt sich Klage gegen Ursula von der Leyen an

<p>Ursula von der Leyen</p>
Ursula von der Leyen | Foto: dpa

Weiter präzisiert Vivant darin, es gehe um die Vorwürfe des Amtsmissbrauchs, der Vernichtung wichtiger öffentlicher Dokumente und möglicher Korruption. In all diesen Punkten habe die Kommissionspräsidentin nach Ansicht des belgischen Klägers, Frédéric Baldan, gegen geltendes belgisches Recht verstoßen. Dieser Klage schließe sich Vivant Ostbelgien nun an.

Vivant Ostbelgien sowie ihre Mitglieder Michael Balter, Diana Stiel und Alain Mertes werfen Ursula von der Leyen desweiteren in dem Schreiben vor, mit diesen mutmaßlichen Gesetzesverstößen das Recht auf Transparenz und das Vertrauen in die europäischen Institutionen zu verletzen. „Es handelt sich um Grundrechte und deren Verletzung durch Frau Ursula von der Leyen. Das schädigt den Rechtsstaat sowie die Demokratie in Europa und in Belgien“, zitiert Vivant aus der Anklageschrift, die sie am 12. Oktober bei dem zuständigen Untersuchungsrichter am Erstinstanzlichen Gericht in Lüttich hinterlegt habe.

Als sich Ende 2020 abgezeichnet habe, dass Pfizer/BioNTech einen Corona-Impfstoff auf den Markt bringen würde, habe es eine Diskussion in der EU gegeben, ob man nicht gemeinsam Impfstoffe ordern sollte. Mit dem gemeinsamen Vorgehen hätte man vermeiden wollen, dass sich die Mitgliedstaaten gegenseitig Konkurrenz machten. Zudem habe man sich durch ein gemeinsames Vorgehen erhofft, mehr Gewicht in den Verhandlungen mit den Pharmakonzernen zu erlangen. Geführt worden seien die Verhandlungen des ersten und zweiten Ankaufsvertrags mit Pfizer/BioNTech von einem gemeinsamen Verhandlungsteam, dem Vertreterinnen und Vertreter der Kommission und Sachverständige aus mehreren Mitgliedstaaten angehört hätten. Dieses Team habe gemeinsam mit allen Mitgliedstaaten und in ihrem Namen unter der Leitung des Lenkungsausschusses für Impfstoffe gehandelt, heißt es in dem Schreiben. Und weiter: Die Verhandlungen für den dritten Ankaufvertrag habe dann jedoch die deutsche Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen persönlich übernommen. Ein Mandat der Mitgliedstaaten habe sie dafür nicht gehabt, klagen die drei Vivant-Mandatare im PDG. Auch gäben die EU-Verträge eine solche Vorgehensweise nicht her. Die Kommissionspräsidentin habe kein Recht gehabt, geheime persönliche Verhandlungen mit Pfizer/BioNTech zu führen. Damit verstoße sie gegen Artikel 227 des belgischen Strafgesetzbuches, so Vivant.

Außerdem werfe man von der Leyen vor, die SMS-Nachrichten, die sie mit dem CEO von Pfizer, Albert Bourla, in dieser Sache ausgetauscht habe, nicht zu veröffentlichen. Es werde zudem vermutet, dass diese vernichtet worden seien. Das stelle einen Verstoß gegen Artikel 242 der belgischen Strafgesetzgebung dar.

Drittens bezichtigen die drei Parlamentarier der PDG-Oppositionspartei die Kommissionspräsidentin der „illegalen Vorteilsnahme und Korruption“. Diese Themen seien Gegenstand der Artikel 246 bis 253 des belgischen Strafgesetzbuches. Konkret werfen die Abgeordneten der Kommissionspräsidentin in der Mitteilung vor, sie habe möglicherweise eine persönliche Beziehung zu Albert Bourla unterhalten, ohne diese, wie erforderlich, vorab öffentlich erklärt zu haben. Dieser Verdacht werde durch die Tatsache, dass die EU rund 80 % des gesamten Ankaufsvolumen an ein einziges Unternehmen, dem Pharmariesen Pfizer/BioNTech, vergeben habe, untermauert, so Vivant.

Die Klageschrift führe auch eine vergleichbare Klage und ein Urteil des Obersten südafrikanischen Gerichts, des „High Court of South Africa – Pretorai Division“ an. Das Gericht in Pretoria hatte das Gesundheitsministerium Südafrikas dazu verurteilt, der klagenden Partei eine integrale Kopie der Kauf-erträge für Impfstoffe beim Pharmakonzern Pfizer/BioNTech auszuhändigen.

Da diese Dokumente einschließlich der Konditionen des Handels öffentlich seien, gebe es keinen Grund, so die Kläger, dass die EU-Kommission die vergleichbaren Verträge, die die EU mit Pfizer/BioNTech geschlossen habe, nicht veröffentlicht.

Die Brüsseler Behörde habe sich bislang trotz eindringlicher Nachfrage durch EU-Abgeordnete, Journalisten, Verbände und Bürger strikt geweigert, die Verträge des Deals zu veröffentlichen, in dem es laut EU-Rechnungshof um nicht weniger als 1,8 Milliarden Impfstoffdosen im Gesamtwert von rund 35 Milliarden Euro gehe. Und dass, so die Kläger, obschon es kein bekanntes Mandat der EU-Mitgliedstaaten an die Kommission gab, den Vertrag vom 7. Mai 2021 mit Pfizer/BioNTech zu verhandeln und abzuschließen. Der Europäische Rechnungshof habe die gleiche Feststellung in einem Bericht gemacht, der am 13. September 2022 veröffentlicht worden sei. Auch die Nachfrage des Rechnungshofes habe die EU-Kommission ignoriert. Und das, so stehe dort zu lesen, trotz der Intervention der EU-Ombudsfrau. Diese habe der Kommission „schlechte Verwaltung“ vorgeworfen und sie aufgefordert, ihre Recherchen nach dem verschwundenen SMS-Austausch zu intensivieren.

Kritiker der Vorgehensweise der EU-Behörde und vor allem ihrer obersten Vertreterin würden dieser vorwerfen, durch ihr Handeln und die Konzentration auf einen spezifischen Lieferanten die eigene Verhandlungsposition geschwächt und wahrscheinlich deswegen zu hohe Preise gezahlt zu haben. „Gelder“, so die drei Vivant Abgeordneten abschließend, „die auch von belgischen Steuerzahlern kommen. Auch deshalb wollen wir unbedingt Licht in diesen Skandal bringen und haben uns der Klage unseres Mitbürgers angeschlossen“. (red/kupo)

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