Schalke-Aufsichtsratschef Hefer: „Wir haben einen CEO gefunden“

<p>Schalkes Aufsichtsratsvorsitzender Axel Hefer bei der Mitgliedversammlung im Juni</p>
Schalkes Aufsichtsratsvorsitzender Axel Hefer bei der Mitgliedversammlung im Juni | Foto: Tim Rehbein/dpa

Axel Hefer ist seit 2021 Aufsichtsvorsitzender beim Fußball-Zweitligisten FC Schalke 04. Im Interview der Deutschen Presse-Agentur spricht er über die aktuelle Krise, bestätigt, dass der Verein einen neuen Vorstandsvorsitzenden gefunden hat und dementiert, dass die Ablösung von Sportvorstand Peter Knäbel beschlossen ist.


Herr Hefer, wie ernst ist die sportliche Lage auf Schalke?


Sie ist aktuell nicht gut. Und das können wir auch so nicht akzeptieren. Deshalb haben wir bereits damit angefangen, mit Maßnahmen gegenzusteuern. Das Spiel in Paderborn hatte leider noch nicht den erwünschten Effekt. Aber man muss fairerweise sagen, dass Matthias Kreutzer (der Interimstrainer, d. Red.) nur zwei Tage hatte, mit der Mannschaft zu arbeiten. Die Zeit bis zum Hertha-Spiel wird ihm sicher mehr Möglichkeiten geben, um die Mannschaft zu stabilisieren.


Wird Kreutzer sicher auch gegen die Hertha auf der Bank sitzen?


Der Plan ist ganz klar, dass Matthias Kreutzer die Mannschaft auf das Hertha-Spiel einstellt. Wir werden die Zeit für die Trainersuche nutzen. Matthias Kreutzer ist ein guter Trainer und wir haben volles Vertrauen in ihn.


Wird sicher ein neuer Trainer kommen oder ist es denkbar, dass Mike Büskens wie in der Endphase des Aufstiegsjahrs 2022 dauerhaft das Team übernimmt?


Unser Ziel ist es, einen neuen Trainer zu holen. Und ich bin sehr zuversichtlich, dass uns das in absehbarer Zeit gelingen wird. Wir arbeiten mit Hochdruck daran. Die sportliche Leitung um Peter Knäbel und André Hechelmann bildet zusammen mit dem Sportausschuss eine Kommission, die eng zusammenarbeitet. Gerade Youri Mulder kann mit seinem Netzwerk eine große Unterstützung sein.


Welches Profil muss der neue Trainer haben?


Wir suchen jemanden, der genug Erfahrung hat, um die Mannschaft direkt stabilisieren zu können. Denn die Mannschaft ist verunsichert, das hat man in Paderborn gesehen. Dazu soll der neue Trainer eine klare Spielidee für unseren Kader mitbringen und die Spieler individuell weiterentwickeln.


Dennoch wird er schnell erfolgreich sein müssen…


Ja, wir brauchen kurzfristig Stabilität. Wir haben jetzt einen sehr niedrigen Startpunkt, aber grundsätzlich einen Kader, der von der Qualität, die die Spieler schon in anderen Vereinen nachgewiesen haben, oben mitspielen sollte. Und da wollen wir auch wieder hinkommen.


Es wurde geschrieben, dass viele Kandidaten abwinken, weil der Job auf Schalke nicht mehr so interessant ist oder gar als Himmelfahrts-Kommando angesehen wird.


Antwort: Das kann ich so nicht bestätigen. Schalke ist einer der größten Vereine der Welt. Die unglaublichen emotionalen Schwankungen machen den Verein aus. Und das reizt Menschen wie potenzielle Partner. Schalke ist nach wie vor ein Verein, bei dem – seien es Spieler, Sponsoren oder Trainer - quasi alle gesprächsbereit sind und ein gewisses Kribbeln verspüren.


Stuttgarts Sportchef Fabian Wohlgemuth hat am Samstag gesagt, man müsse „runter von diesem Schaukelpferd“ der ständigen emotionalen Aufs und Abs. Gilt das für Schalke auch?


Da kann man auf Schalke nicht von runter. Der Verein ist einfach besonders verrückt in alle Richtungen, das macht ihn aus. Und damit muss man umgehen können.


Schalke sucht aber nicht nur einen Trainer, sondern seit dem Abschied von Bernd Schröder Ende Juli auch einen CEO. Wann wird dieser kommen?


Wir haben einen neuen CEO gefunden und eine Einigung erzielt. Er wird zeitnah in der Länderspielpause vorgestellt.


Wird es jemand aus dem Profi-Fußball sein oder jemand mit Unternehmer-Hintergrund?


Zu seiner Person möchte ich derzeit noch nichts sagen, da muss ich auf die Verkündung verweisen.


Gerüchten zufolge muss auch Sportvorstand Peter Knäbel um seinen Job bangen. Manche Medien berichten gar, er wurde noch nicht beurlaubt, weil Schalke dann ohne den CEO nicht handlungsfähig sei.


Das ist so nicht korrekt. Wir werden das Thema in Ruhe angehen, sobald die akuten Herausforderungen gelöst sind. Dabei geht es insbesondere um die Suche nach einem Chef-Trainer und die Verkündung des neuen Vorstandsvorsitzenden. Aufgrund des Saisonstarts hängen wir etwas im Zeitplan der Entscheidungen, das kann man ehrlich sagen. Wir arbeiten nun die Prioritäten nacheinander ab. Wenn der neue Trainer und der neue CEO da sind, müssen wir in Ruhe analysieren, woran es gelegen hat und welche Dinge wir insbesondere im Sport noch anpassen müssen.


Es gab selten einen Großclub, bei dem nach dem Abstieg eine solche Euphorie und Aufbruchstimmung herrschte wie im Sommer auf Schalke. Wie ärgerlich ist es, dieses Faustpfand so schnell verspielt zu haben?


Die Unterstützung in der Rückrunde war in der Tat unglaublich. Und wir müssen uns tatsächlich genau ansehen, wie es sein kann, dass man von solch einem Startpunkt in so kurzer Zeit komplett in sich zusammenfällt. Das ist mir an dieser Stelle noch nicht erklärlich, wir werden das aufarbeiten.


Auch Trainer Thomas Reis war mit einem großen Vorschuss in die Saison gegangen. Woran ist er dann doch so schnell gescheitert?


Die Mannschaft ist immer unsicherer geworden. Und die Kernaufgabe des Trainers mit seinem Team ist es, der Mannschaft einen klaren Plan und Sicherheit mitzugeben. Das ist ihm im Endeffekt immer weniger gelungen. Warum genau das so gekommen ist, ist aus meiner Position schwer zu beurteilen.


Es gab auch viel Kritik am Zeitpunkt der Entlassung vier Tage nach der Niederlage auf St. Pauli. Hätte man die Entscheidung nicht am Sonntag statt am Mittwoch treffen müssen?


Natürlich ist es besser, wenn ein neuer Trainer die ganze Woche Zeit hat, um das Team auf ein Spiel vorzubereiten. Und das wäre auch für das Spiel in Paderborn besser gewesen, gar keine Frage. Wir haben uns auf die Fahne geschrieben, die handelnden Akteure bis zuletzt zu unterstützen. Wenn man dann irgendwann sagt, ich habe keine Hoffnung mehr, dass es funktioniert, muss man schnell und konsequent handeln. Das passiert idealerweise an einem Wochenende, aber manchmal eben auch erst an einem Dienstag oder Mittwoch.


Es gab das aufsehenerregende Interview von Abwehrspieler Timo Baumgartl, der die Taktik kritisiert hat und für eine Woche zur U23 geschickt wurde. Hat er im Nachhinein recht gehabt? Und was entgegnen Sie Kritikern, die die Strafe als Zeichen werten, dass Schalke keine mündigen Spieler will?


Man kann nur in Ruhe arbeiten, wenn man sich an gewisse Spielregeln hält. Wir sind froh und stolz darauf, dass wir das zuletzt gut in den Griff bekommen haben. Eine der Spielregeln lautet, dass alles, was in der Kabine besprochen wird, nicht nach außen dringen darf. Und wenn dagegen verstoßen wird, muss man reagieren. Kritik zu äußern, ist ausdrücklich erwünscht. Das muss aber in der Kabine passieren. Man kann solch eine Kritik nicht öffentlich äußern, denn dann wird die Diskussion unkontrollierbar, weil das Thema überall diskutiert wird. Und dabei geht es auch gar nicht um den Inhalt, über den man zweifellos diskutieren kann.


Wird Baumgartl nach Ablauf dieser Woche wieder ins Profitraining zurückkehren?


Er war bereits am Samstag wieder bei der Mannschaft. Jeder darf Fehler machen. Entscheidend ist, wie man damit umgeht. Und nach dem, was ich von den Verantwortlichen gehört habe, hat er es eingesehen. Deshalb ist es jetzt erledigt.


Der Verein und auch sie selbst haben sich vor dem Saisonstart klar zum Ziel Aufstieg bekannt. Ist dies schon abgeschrieben?


Es geht zunächst darum, die Mannschaft zu stabilisieren. Das hat oberste Priorität. Grundsätzlich sollte man sein Ziel nicht abschreiben, wenn noch 26 Spiele zu absolvieren sind. Wir haben nun einen eindeutigen Start-Nachteil. An unseren grundsätzlichen Zielen und unserem Anspruch hat sich nichts geändert. Aber wir haben explizit gesagt, dass wir nicht sofort aufsteigen müssen. Unser Ziel bleibt es, nachhaltig aufzusteigen mit einer Mannschaft, die dann mit wenigen Veränderungen in der Lage ist, in der Bundesliga zu bleiben. Für den neuen Trainer gilt kurzfristig der Anspruch, dass wir uns sichtbar verbessern und wieder in andere Tabellenregionen orientieren wollen. Wenn es dann noch reicht, wäre es schön. Wenn wir stattdessen mit einer gut eingespielten Mannschaft in der nächsten Saison um den Aufstieg spielen können, wäre das für uns auch kein Weltuntergang.


Wäre Schalke denn finanziell in der Lage, im Winter nachzulegen?


Wenn wir in unserer Analyse mit dem neuen Trainer feststellen, dass wir Veränderungen im Kader vornehmen müssen, dann werden wir das tun können. Wir haben eines der Top-Budgets der 2. Liga. Es geht darum, die Qualität der Einzelnen als Mannschaft auf den Platz zu bringen.


Man muss aber gerade auf Schalke, wo Dynamiken in alle Richtungen schnell entstehen können, auch fragen: Gibt es eine gewisse Angst, am Ende wie Bielefeld im Vorjahr durchgereicht zu werden?


Ich bin zuversichtlich, dass wir einen Trainer mit Qualität finden, der die aktuelle Dynamik durchbrechen und dem Team Stabilität geben wird. Und mit einer stabilen Mannschaft ist das Risiko gering. Unser Kader hat eine individuelle Qualität, mit der man eigentlich nicht absteigen kann. Aber wir haben natürlich 2021 gesehen, dass man auch mit einer gefühlten Champions-League-Mannschaft, zumindest mit Blick auf den Etat, aus der Bundesliga absteigen kann, wenn man aus der Negativspirale nicht herauskommt. Wir sind also gewarnt und entsprechend aufmerksam. Deshalb ist es so wichtig, den Kreislauf gar nicht erst entstehen zu lassen.


Wie viele Jahre 2. Liga könnte Schalke sich erlauben?


Wir planen wie nach dem ersten Abstieg erst einmal mit drei Jahren. Wir denken, dass wir mit den geplanten Budgets innerhalb von drei Jahren eine hohe Wahrscheinlichkeit haben, den Aufstieg zu schaffen. Wenn wir dann noch nicht aufgestiegen sein sollten, wird das natürlich Auswirkungen haben, das haben wir immer gesagt.

ZUR PERSON

Axel Hefer (46) wurde in Dortmund geboren, wuchs aber in Hagen auf und lebt dort heute noch. Hauptberuflich war er bis vor Kurzem Vorstandsvorsitzender eines Düsseldorfer Technologie-Unternehmens. Schalke-Mitglied ist er seit rund 30 Jahren. Von 2014 bis 2017 gehörte er schon einmal dem Aufsichtsrat an, 2021 kehrte er in das Gremium zurück und übernahm den Vorsitz.

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