SCM jubelt, Wolff trauert: „Gislasons Erben“ besteigen Europa-Thron

<p>Der SC Magdeburg feiert seinen Triumph in der Champions League.</p>
Der SC Magdeburg feiert seinen Triumph in der Champions League. | Foto: dpa

Nach dem finalen Freiwurf an den Kopf von Kay Smits explodierte die Halle, für die unermüdlichen Handball-Helden des SC Magdeburg gab es kein Halten mehr: Champions-League-Sieger! Während der deutsche Vizemeister um den überraschenden Rückkehrer Gisli Kristjansson durch das 30:29 (26:26, 13:15) nach Verlängerung im Finale gegen Barlinek Industria Kielce seinen historischen Erfolg von vor 21 Jahren wiederholte, erlitt Deutschlands Nationalspieler Andreas Wolff im Tor der Polen sein nächstes Trauma von Köln.

„Oh wie ist das schön“, sangen die Fans des SCM aus voller Kehle und feierten ihren Trainer Bennet Wiegert und den blitzschnell genesenen Isländer Kristjansson (sechs Tore) mit Sprechchören.

Der Niederländer Smits (8 Treffer) war am Sonntag vor 19.750 Zuschauern in der ausverkauften Lanxess Arena der beste Werfer für den SCM, der sich nach der Pause auch von einem zwischenzeitlichen Vier-Tore-Rückstand nicht aus dem Konzept bringen ließ und die Partie auch dank Kristjansson auf den letzten Metern auf seine Seite zog.

2002 hatte das Team aus Sachsen-Anhalt unter dem heutigen Bundestrainer Alfred Gislason als erste deutsche Mannschaft in der Königsklasse triumphiert. Beim Final Four in Köln krönte Magdeburg nun seine Comeback-Saison im wichtigsten europäischen Vereinswettbewerb völlig unerwartet mit dem Titel.

Wolff hingegen muss trotz einer starken persönlichen Leistung weiter auf den ersten Champions-League-Triumph seiner Laufbahn warten. Der Europameister von 2016 war auch im Vorjahr mit Kielce im Endspiel leer ausgegangen, damals gegen den FC Barcelona im Siebenmeterwerfen.

Schon das dramatische Halbfinale gegen Barcelona, das der SCM in einem irrwitzigen Spiel mit 40:39 nach Siebenmeterwerfen niedergerungen hatte, hatte für gewaltige Emotionen bei den Magdeburgern gesorgt – allerdings in mehrfacher Hinsicht. So trübte die Verletzung von Schlüsselspieler Kristjansson, der sich die Schulter auskugelte, den riesigen Jubel.

Der isländische Nationalspieler stand rund 24 Stunden später jedoch überraschend mit auf dem Spielberichtsbogen. „Schlimmer als die OP, die ohnehin kommen muss, wird es nicht werden. Dann darf ich einem Spieler nicht die Chance nehmen, vielleicht das größte Spiel seiner Karriere zu spielen“, erklärte Wiegert vor Anwurf bei DAZN.

Zunächst nahm der Ausnahmespieler auf der Bank Platz. Magdeburg legte dennoch einen Traumstart hin: Durch eine starke Deckung und zwei frühe Paraden von Nikola Portner funktionierte das Tempospiel hervorragend, in der 6. Minute stand es bereits 4:1.

Die erfahrenen Polen schockte das aber nicht. Wolff leitete mit einer Siebenmeterparade gegen Smits (8.) eine starke Phase Kielces ein, beim 6:7 (15.) ging der polnische Meister erstmals in Führung. Wolff war nun gut im Spiel. Wiegert reagierte und brachte Kristjansson, der in seinem ersten Angriff sofort traf.

Kielce fand sich im Angriff, wo Duschebajew intelligent die Fäden zog, nun aber besser zurecht. Erstmals deutete sich an, was Bundestrainer Gislason vor Anwurf prognostiziert hatte: „Magdeburg ist der große Underdog.“

Beim 18:14 (35.) zog Kielce erstmals mit vier Toren davon. Doch Comebacker Kristjansson wurde nun zunehmend stärker. Unmittelbar vor der Crunchtime sorgte dann ein medizinischer Notfall auf der Pressetribüne für eine knapp viertelstündige Spielunterbrechung – kurz nach Wiederbeginn erzielte der SCM den Ausgleich und leitete eine spannende Schlussphase ein. In der Verlängerung hatte Magdeburg die besseren Nerven. (sid/tf)

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