Kommt Selenskyj? Aachen plant Karlspreis in zwei Varianten

<p>Ob Selenskyj nun persönlich oder per Video kommt: Im Rahmenprogramm zum Karlspreis geht es in Aachen schon seit Wochen um die Ukraine, ihre Kultur und die aktuelle Lage.</p>
Ob Selenskyj nun persönlich oder per Video kommt: Im Rahmenprogramm zum Karlspreis geht es in Aachen schon seit Wochen um die Ukraine, ihre Kultur und die aktuelle Lage. | Foto: picture alliance/dpa/Lehtikuva/Antti Aimo-Koivisto

Noch ist unklar, ob Wolodymyr Selenskyj am 14. Mai überhaupt persönlich nach Aachen kommt. Aber schon seit Monaten steht fest, dass der ukrainische Präsident und das ukrainische Volk in diesem Jahr den Internationalen Karlspreis erhalten werden. Falls Selenskyj zur Verleihung nach Aachen reist, herrscht dort die höchste Gefährdungsstufe. Der Luftraum über der Stadt wird gesperrt, auf Straßen wird zeitweise der fließende Verkehr gestoppt, auf Dächern wacht die Polizei.

Diese Sicherheitsstufe galt auch, als der damalige US-Präsident Bill Clinton vor über 20 Jahren den Karlspreis bekam: Es war ein Hochsicherheitseinsatz. Selenskyj sei als Preisträger hochgefährdet, sagt ein Sprecher der Polizei. „Wir nehmen die Sache sehr ernst.“ Die Aachener Polizei bekommt Unterstützung aus dem ganzen Land. Und vorsichtshalber wird vom größten möglichen Einsatz ausgegangen: „Wir planen, als ob er kommt.“

Die Berliner Polizei hatte am Mittwoch überraschend bekanntgegeben, dass sie alle Sicherheitsvorkehrungen für einen Besuch Selenskyjs in der Hauptstadt am Wochenende 13./14. Mai treffe. Allerdings ermittelt sie nach eigenen Angaben nun wegen Geheimnisverrats, weil möglicherweise „ein Angehöriger der Polizei Berlin“ vertrauliche Details an eine Zeitung weitergegeben habe. Das Kanzleramt und die ukrainische Botschaft haben einen Besuch Selenskyjs bislang nicht bestätigt.

Aachen bereitet zwei Varianten zum Programm der Karlspreisverleihung am Sonntag, dem 14. Mai, vor: Entweder wird Selenskyj per Video zugeschaltet, oder er wird den Preis persönlich entgegennehmen. „Wir gehen davon aus, dass es zwei bis drei Tage vor der Verleihung eine definitive Entscheidung geben wird“, sagt eine Sprecherin der Stadt.

Protokoll wurde umgekrempelt

Der Karlspreis wird seit 1950 an Persönlichkeiten verliehen, die sich um die Einheit Europas verdient gemacht haben. Zu den bisher Ausgezeichneten gehören Ex-Kanzlerin Angela Merkel (CDU), der frühere britische Premierminister Tony Blair und Frankreichs Präsident Emmanuel Macron. Für die Preisträger von 2023, einen Präsidenten und sein Land, das sich gegen den russischen Angriffskrieg wehrt, ist das Protokoll umgekrempelt worden. Nicht wie sonst an Christi Himmelfahrt, sondern am Sonntag davor wird die Auszeichnung im historischen Rathaus übergeben. Die Uhrzeit wurde auf den Nachmittag verschoben. Grund sind Terminüberschneidungen der hochrangigen Gäste.

Traditionell findet die Verleihung im imposanten Krönungssaal aus dem Jahr 1349 statt. Redner sind Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen (CDU) und der polnische Regierungschef Mateusz Morawiecki. Sie seien Repräsentanten derjenigen, die die Ukraine materiell und moralisch mit am stärksten unterstützten, sagt Jürgen Linden, der Vorsitzende des Karlspreisdirektoriums, das die Preisträger bestimmt.

In der Grenzstadt Aachen wird der Europa-Gedanke hochgehalten und gelebt

Damit ist auch eine politische Botschaft verbunden. „Wir wollen Partei ergreifen für die Ukrainer, die zur europäischen Völkerfamilie zählen und die einen unglaublich heroischen, mutigen Freiheitskampf gegen diese Aggressionen der Russen führen“, sagte Linden im WDR-Fernsehen. In der Grenzstadt Aachen wird der Europa-Gedanke hochgehalten und gelebt.

Doch es gibt auch einzelne kritische Stimmen zur Auswahl des Preisträgers. So hält die Linken-Politikerin Sahra Wagenknecht Selenskyj für ungeeignet. „Wer den Karlspreis erhält, sollte alles dafür tun, den Krieg in der Ukraine durch Verhandlungen und einen Kompromissfrieden zu beenden“, sagte die Bundestagsabgeordnete den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Freitag).

Üblicherweise sind die Karlspreisträger in der Innenstadt auch mal zu Fuß unterwegs, treffen Menschen und schütteln Hände. Doch diesmal gibt die Sicherheit viel vor. Es werde Einschränkungen geben müssen, erklärte Linden schon vor Wochen. Ob Selenskyj nun persönlich oder per Video kommt: Im Rahmenprogramm zum Karlspreis geht es in Aachen schon seit Wochen um die Ukraine, ihre Kultur und die aktuelle Lage - in Kochkursen, Lesungen, Konzerten sowie in vielen Diskussionen und Vorträgen.

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