„Etwas Historisches schaffen“: Marokko will als erstes afrikanisches Team ins Halbfinale

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Der marokkanische Trainer hat aus vielen Talenten eine Mannschaft geformt. | Foto: afp

Die „Löwen“ aus Kamerun zähmte Englands Gary Lineker 1990 mit einem Elfmeter in der Verlängerung, Senegal scheiterte 2002 durch ein Golden Goal an der Türkei - und für das Viertelfinal-Aus von Ghana brauchte es 2010 neben der Hand von Luis Suarez gar ein Elfmeterschießen: Die afrikanischen Teams waren schon dreimal extrem nah dran. Marokko will jetzt bei der WM in Katar die Tür zum Halbfinale endgültig eintreten.

„Etwas Großes mit seinem Land zu erreichen - es gibt nichts Schöneres“, sagte Achraf Hakimi von PSG vor dem Viertelfinale gegen Cristiano Ronaldos Portugiesen am Samstag (16 Uhr MEZ). Als erstes Team aus Afrika und der arabischen Welt könnten die „Löwen vom Atlas“ unter die Top vier der WM vorstoßen.

„Wir fühlen den positiven Vibe, auch in den Sozialen Netzwerken. Ein ganzer Kontinent und auch große Teile der arabischen Welt stehen hinter uns, das ist fantastisch“, sagte Trainer Walid Regragui am Freitag: „Portugal ist der Favorit. Aber wir waren auch gegen Spanien der Underdog. Wir wollen etwas Historisches schaffen.“

Ex-Weltmeister Cafu erkannte „eine großartige Gelegenheit, die europäische Dominanz zu brechen“. Dabei hofft ganz Marokko gegen Portugal auf ein Deja-vu - denn 1986 gelang gegen denselben Gegner der bis zu dieser WM größte Erfolg der Verbandsgeschichte. Die Nordafrikaner siegten damals im letzten und entscheidenden Gruppenspiel dank eines Doppelpacks von Abderrazak Khairi mit 3:1 und zogen ins Achtelfinale ein.

„Niemand hat an uns geglaubt, aber wir haben es geschafft“, erzählte Khairi der Nachrichtenagentur AFP rückblickend. Und so könne es nun auch wieder laufen. „Im Fußball gibt es nichts Unmögliches“, führte der marokkanische Volksheld aus: „Die Mission wird nicht leicht sein. Aber gegen Portugal kann Marokko für eine Überraschung sorgen.“ Vor allem, wenn der Weltranglisten-22. defensiv weiter so stabil steht.

Seit der Amtsübernahme von Regragui im September kassierten die „Löwen vom Atlas“ in sieben Partien nur einen Gegentreffer per Eigentor gegen Kanada (2:1), im Elfmeterschießen gegen Spanien war Keeper Bono nicht zu überwinden. Die Aufopferungsbereitschaft beim Verteidigen ist enorm. Doch ausgerechnet vor dem größten Spiel der Historie geht die Defensive am Stock. Einige Spieler seien „krank und angeschlagen“, sagte Regragui.

Die Star-Außenverteidiger Hakimi (Oberschenkel) und Noussair Mazraoui (Becken) dürften aber rechtzeitig fit werden. Auch bei Abwehrchef Romain Saiss (Oberschenkel) und dem mit dem FC Liverpool in Verbindung gebrachten Sechser Sofyan Amrabat (Rücken) deutet sich eine Punktlandung an. Für Innenverteidiger Nayef Aguerd ist nach seiner Knieverletzung aus dem 120-minütigen Kampf gegen Spanien die Zeit wohl zu knapp, als Ersatz steht Jawad El Yamiq parat.

Unabhängig vom Personal will sich der Außenseiter weiter von seinen euphorisierten Fans tragen lassen. „Der Fußball in Marokko ist verrückt, alle leben für den Fußball“, schwärmte Außenstürmer Sofiane Boufal. Es gehe darum, die Menschen in der Heimat weiter „glücklich“ zu machen. Und zwar damit, was Kamerun, dem Senegal und Ghana nicht gelang: dem ersten afrikanischen Sieg in einem WM-Viertelfinale. (sid/jod)

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