Vettels Abschied und die Folgen: „Er wird ein großes Loch hinterlassen“

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Zieht sich zurück: Sebastian Vettel. | Foto: belga

Lewis Hamilton zögerte einen Moment, es wirkte, als wolle er die richtigen Worte finden. „Es zu realisieren, ist nicht ganz leicht. Ich bin traurig, dass er aufhört“, sagte der Formel-1-Rekordweltmeister schließlich über Sebastian Vettel: „Wir sprechen immer über Legenden in unserem Sport, aber Sebastian ist einer der größten Menschen, den unser Sport gesehen hat. Wir brauchen mehr Leute wie ihn.“

Der nahende Abschied des Heppenheimers, der seinen auslaufenden Vertrag bei Aston Martin nicht verlängert und seine Karriere beenden wird, berührte vor dem Großen Preis von Ungarn in Budapest nicht nur Hamilton. Auch Mick Schumacher, den Vettel bei den ersten Schritten in der Formel 1 unterstützt hatte, betonte: „Er wird von uns allen vermisst werden, aber von mir besonders. Er wird ein großes Loch hinterlassen. Er ist einer der Charaktere der Formel 1, ein besonderer Mensch, den man nur gerne haben kann.“

Für die Motorsportnation Deutschland bedeutet der am Donnerstag kommunizierte Rückzug Vettels eine Zäsur. Im kommenden Jahr wird die Formel 1 erstmals seit 2009 ohne deutschen Weltmeister starten, Schumacher ist nach aktuellem Stand der einzige Deutsche, der mit der Königsklasse um die Welt zieht. Zwar trägt er den Namen eines der größten Rennfahrers überhaupt, aber der Sohn des Rekordweltmeisters Michael Schumacher steckt noch immer inmitten seines Reifeprozesses und wird auch 2023 kaum Siegchancen haben. Ganz gleich, ob er seinen Vertrag bei Haas verlängert oder womöglich Vettels Platz bei Aston Martin einnimmt.

Dazu kommt, dass es ein Rennen in Hockenheim oder auf dem Nürburgring auf absehbare Zeit nicht geben wird. Das Geld für Motorsport sitzt hierzulande längst nicht so locker wie in anderen Nationen, denen sich die Formel 1 nur allzu gerne zuwendet. Auch nachrückende Talente aus den unteren Formel-Klassen drängen sich aktuell nicht auf.

In der nächsten Saison nur zuzusehen, „wird sicher schwierig“, betonte Vettel, denn „der Job macht noch immer Spaß, das Fahren mit schnellen Autos gibt viel Adrenalin“. Aber seine Entscheidung, der Formel 1 den Rücken zu kehren und mehr Zeit mit seinen drei Kindern und seiner Ehefrau zu verbringen, sei über einen längeren Zeitpunkt gereift und stehe fest.

Überhaupt hat sich Vettel gewandelt im Laufe der Jahre. Zu Beginn seiner Karriere wirkte er oft wie ein Überflieger, der bei Gegenwind bockig wurde und schimpfte, trotz seiner Serie von vier WM-Titeln nacheinander mit Red Bull von 2010 bis 2013 flogen ihm die Sympathien nicht zu.

Später wurde er nachdenklicher, meinungsstärker - und schwang sich insbesondere in der jüngeren Vergangenheit zu einer Art moralischer Instanz der Königsklasse auf. Er prangerte Missstände an, setzte sich für Sicherheit und Veränderung ein. Der Klimawandel sei eine riesige Gefahr, betonte er zuletzt. Die Formel 1 müsse nicht nur Unterhaltung sein, sondern eine Vorreiterrolle bei gesellschaftlichen Themen einnehmen und sich ihrer Verantwortung bewusst sein.

„Ich hoffe, dass er die nächste und auch die übernächste Generation inspiriert“, sagte Hamilton über seinen „Freund“, mit dem er sich auf der Strecke so manch packendes Duell geliefert hat. „Es geht darum, mutiger zu sein, die Plattform und Reichweite zu nutzen - und um viel mehr als ein Auto und den Fahrer.“ (sid/calü)

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