Wie Nazi-Künstler nach 1945 ihre Karrieren fortsetzten

<p>Wie Nazi-Künstler nach 1945 ihre Karrieren fortsetzten</p>

Ihre Gestaltungen von Standbildern, Reliefs und Gobelins auf Plätzen, an Fassaden und in Foyers prägen bis heute das Gesicht vieler Innenstädte. Dabei konnten sie auch von dem anti-modernistischen Klima der ersten Nachkriegsjahrzehnte profitieren.

Das Deutsche Historische Museum nimmt die „Gottbegnadeten-Liste“ zum Ausgangspunkt für die Untersuchung dieses bislang weitgehend vernachlässigten Themas: die Nachkriegskarrieren „gottbegnadeter“ Künstler wie Arno Breker, Hermann Kaspar, Willy Meller, Paul Mathias Padua, Werner Peiner, Richard Scheibe und Adolf Wamper. Die Liste war im August 1944 im Auftrag von Adolf Hitler und Joseph Goebbels zusammengestellt worden: 378 Künstlerinnen und Künstler, unter ihnen 114 Bildhauer und Maler, galten fortan als „unabkömmlich“ und blieben vom Front- und Arbeitseinsatz verschont.

Kurator der Ausstellung ist Wolfgang Brauneis: Er ist ebenfalls Chefredakteur des „Meakusma Magazins“.

Die Ausstellung „Die Liste der ,Gottbegnadeten`. Künstler des Nationalsozialismus in der Bundesrepublik” ist bis zum 5. Dezember zu sehen und zeigt erstmals, wie präsent diese Akteure im öffentlichen Raum, aber auch in Einrichtungen des politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Lebens waren. Es gibt auch einen indirekten Bezug zu Ostbelgien: Kurator der Ausstellung ist Wolfgang Brauneis: Er ist Chefredakteur des „Meakusma Magazins“ und pflegt in verschiedenen Funktionen einen Austausch mit der ostbelgischen Vereinigung. „Dass viele der renommierten Protagonisten des nationalsozialistischen Kunstbetriebs auch in den Nachkriegsjahrzehnten erfolgreich gewesen sind, wurde lange Zeit von der wirkmächtigen kunsthistorischen Erzählung des Neuanfangs nach 1945 überblendet. Wir nehmen dieses spezielle Thema von zeitgeschichtlicher Warte aus in den Blick und hoffen, auf diesem Weg einen Beitrag zur Revision des kunsthistorischen Kanons und der Nachkriegsmoderne zu leisten“, so Wolfgang Brauneis.

„Die Popularität der ,gottbegnadeten` bildenden Künstler und ihr visueller Beitrag zur NS-Ideologie waren immens. Auf den ersten Blick scheint ihre Verstrickung in den antisemitischen und antimodernistischen NS-Kunstbetrieb deshalb eine bruchlose Fortsetzung ihrer Karrieren nach 1945 auszuschließen.

Umso überraschender der Befund unserer Ausstellung: Noch immer sind zahlreiche Spuren im öffentlichen Raum präsent. Die Beschäftigung mit diesem Erbe ist eine noch heute anspruchsvolle Aufgabe", fügte Prof. Dr. Raphael Gross, Präsident der Stiftung Deutsches Historisches Museum, hinzu. Rund 300 Skulpturen, Gemälde, Gobelins, Modelle, Zeichnungen, Fotografien, Film- und Tondokumente, Plakate, Originalpublikationen sowie TV- und Presseberichte zeigen auf zwei Etagen, wie ehemals „gottbegnadete” Maler und Bildhauer bis in die 1970er Jahre in der Bundesrepublik, aber auch in Österreich und vereinzelt in der DDR abseits der bedeutenden Museen hauptberuflich arbeiteten. Exemplarische Biografien und städtische Karrierenetzwerke belegen, wie weit die strukturellen Spielräume dabei reichten.

Am Beispiel von Arbeiten wie Arno Brekers „Pallas Athene“ (1957) macht der Kurator stilistische und ikonografische Eigenheiten, die Rahmenbedingungen ihrer Entstehung und ihre Rezeption deutlich: Mit seiner Wuppertaler Plastik verabschiedete sich Breker vorübergehend von der Monumentalität der Skulpturen, wie sie heute noch auf dem ehemaligen Berliner Reichssportfeld zu sehen sind. Gleichzeitig war das Motiv der Pallas Athene eine in der NS-Zeit populäre Darstellung. Den Auftrag verdankte Breker der Initiative des ebenfalls „gottbegnadeten“ Architekten Friedrich Hetzelt. (red/sc)

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