Italien will mit „Spektakel“ auch Spanien knacken

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Torsteher Gianluigi Donnarumma war am Freitag einer der besten Italiener. | Foto: belga

Schon bei den erholsamen Stunden am Pool und auf der Massagebank war die Vorfreude der Azzurri auf den Halbfinal-Gipfel riesengroß. Voller Selbstvertrauen starteten die Italiener am Sonntag den Countdown auf den Kracher gegen Spanien. Sogar die K.o.-Prüfung gegen die „bestia nera“ Spanien, den jahrelangen Angstgegner, geht die neue Squadra Azzurra mit reichlich Spaß und Zuversicht an. „Jetzt wartet Spanien auf uns, eine großartige Mannschaft“, sagte Leonardo Bonucci. „Aber wir träumen weiter, mit den Füßen auf dem Boden.“ Mittelfeldspieler Nicolò Barella tönte: „Wir haben eine Siegermentalität, wir gehen in jedes Spiel, um es zu gewinnen.“

Nach den bislang so begeisternden Auftritten bei dieser EM mit dem 2:1-Sieg in einem hochklassigen Viertelfinale gegen Belgien als Höhepunkt gehen die Azzurri als Favorit in das Duell mit den Spaniern, die bei diesem Turnier deutlich mehr Mühe hatten. „Wir sind das Spanien. Italiens Spektakel, im Mittelfeld beginnt die Show“, schrieb die „Gazzetta dello Sport“ mit Blick auf den bislang begeisternden und erfrischenden italienischen Offensivfußball, der jahrelang eher mit Spaniens Tiki-Taka-Künstlern assoziiert wurde.

Beim Viertelfinal-Sieg gegen Belgien in München durch Treffer von Nicolò Barella (31. Minute) und Lorenzo Insigne (44.) bewiesen die Italiener wieder einmal ihren neuen Offensivgeist. Auch nach der Führung spielte der Ex-Weltmeister weiter mutig nach vorne. „Ich bin sehr stolz, dieses Team trainieren zu dürfen“, sagte Coach Roberto Mancini, der die Auswahl nach der verpassten WM 2018 übernahm und wieder zu einem Titelkandidaten formte. Der „Corriere dello Sport“ schwärmte am Sonntag: „Mister Italia: Mancini hat dafür gesorgt, dass sich ein ganzes Land in ihn verliebt.“ Seit 32 Partien ist das Team ungeschlagen und feierte zuletzt 13 Siege in Serie.

Auch die Experten im Land des viermaligen Weltmeisters hat das Team mit den bisherigen EM-Auftritten überzeugt. „Jetzt denke ich, dass Italien diese Europameisterschaft wirklich gewinnen kann“, sagte Ex-Weltmeister Luca Toni der „Bild am Sonntag“. Der ehemalige Nationalspieler Gianluca Zambrotta schwärmte: „Mancini hat wieder einmal bewiesen, dass seine Mannschaft mit jedem Gegner fertig wird.“

Nach dem Ende der Partie in München zeigten die „Azzurri“ dann, was das Team neben seinem Spiel auf dem Platz auch noch ausmacht: Herz und Zusammenhalt. Der schwer verletzte Leonardo Spinazzola, der sich gegen Belgien einen Achillessehnenriss zuzog und mehrere Monate pausieren muss, wurde mit Sprechchören gefeiert und emotional aus dem Teamquartier verabschiedet. „Das unterscheidet uns von den anderen Mannschaften: Wir opfern uns einer für den anderen, so können wir weit kommen“, sagte Torschütze Insigne über den Teamspirit. Den Titel will die Mannschaft nun auch für Spinazzola holen: „Wir können jetzt nichts anderes tun, als ihn stolz zu machen“, sagte Barella.

Das Halbfinale am Dienstag (21 Uhr) im Wembley-Stadion ist nach dem umjubelten Erfolg gegen den Weltranglistenersten Belgien die nächste große EM-Prüfung. „Je weiter man kommt, desto schwieriger wird es“, mahnte Mancini. Nach wenigen Trainingseinheiten in Florenz fliegt die Mannschaft schon am Montag nach London. „Jetzt müssen wir die Akkus wieder aufladen und 110 Prozent geben“, forderte Bonucci.

Bei den vergangenen drei EM-Turnieren trafen die Fußball-Großmächte aufeinander, nur 2016 setzte sich die Squadra Azzurra im Achtelfinale durch. 2008 und 2012 waren die Iberer jeweils Endstation, besonders bitter war das 0:4 im EM-Endspiel von 2012. „Wieder Spanien. Immer Spanien“, schrieb die „Gazzetta dello Sport“. „Spanien ist immer das Schicksal der Azzurri. Seit der EM 2008 haben sie uns oft weh getan.“

Das soll in diesem Jahr nicht passieren. Den ersten großen Titel seit dem WM-Triumph 2006 in Deutschland hat Italien inzwischen fest im Blick. „Wir haben noch nichts erreicht und müssen noch mehr leisten“, mahnte Insigne vor den Partien in Wembley, wo es für die Azzurri deutlich weniger Unterstützung von den Rängen geben dürfte als noch in München. Torhüter Gianluigi Donnarumma, gegen Belgien einer der Besten, versprach: „Wir haben uns das verdient, jetzt spielen wir das Halbfinale. Wir machen weiter und hoffen, uns den Traum zu erfüllen.“

(dpa/jph)

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