Regionalministerin Valérie De Bue sieht Handlungsbedarf

<p>Blick auf das Führerschein-Prüfzentrum in Eupen</p>
Blick auf das Führerschein-Prüfzentrum in Eupen | Archivfoto: Ralf Schaus

„Die Erfolgsquoten für die theoretischen Prüfungen variieren von einem Zentrum zum anderen zwischen 24 und 38 Prozent. Die Erfolgsquote für die Prüfungen in deutscher Sprache im Zentrum Eupen liegt bei 28 Prozent, was nicht sehr hoch ist, aber nahe am Durchschnitt. Es scheint also keine besonderen Schwierigkeiten für Deutschsprachige zu geben, verglichen mit der Gesamtsituation in der Wallonie“, so die Ministerin in ihrer Antwort.

Anne Kelleter: „Auch wenn die Zahlen keine besondere Benachteiligung vermuten lassen, räumt die Ministerin doch ein, dass Rede- und Handlungsbedarf besteht. Sie erkennt außerdem an, dass die Seite monpermisdeconduire.be, die Informationen zum Führerscheinerwerb bereit stellt, übersetzt werden muss.“ Außerdem hätten sich die Kabinette von Valérie de Bue und DG-Ministerpräsident Oliver Paasch (ProDG) am 19. Juni getroffen, um die Fragen, die der Rat der deutschsprachigen Jugend (RDJ) in einer Stellungnahme zum Führerschein aufgeworfen hatte, zu bearbeiten. Dabei sei zuerst die Frage nach der Übersetzung der Fragen in der Theorieprüfung geklärt worden, erklärt Anne Kelleter: „Nach der Validierung durch ein Expertengremium werden die Fragen von einem externen Übersetzer übersetzt. Anschließend werden sie von einigen deutschsprachigen Mitarbeitern des Standortes Eupen und Mitarbeitern des Autosécurité-Callcenters Korrektur gelesen“, teilte Ministerin Valérie De Bue mit. „Ich hoffe trotzdem, dass diese Übersetzungen noch einmal kritisch beleuchtet werden. In den Erfahrungsberichten der Prüfungskandidaten findet sich zum Beispiel das Wort ‘Lichtrichtungswechselanzeiger’, das wohl ‘Blinker’ heißen soll. Laut der Ministerin kommen diese komplizierten Worte daher, dass in der wallonischen Gesetzgebung Fachwörter verwendet werden und nicht die umgangssprachlichen Begriffe. Aber das erklärt nicht alles. ‘Lichtrichtungswechselanzeiger’ ist zwar ein deutsches Wort, wird aber noch nicht mal von der Fachwelt genutzt. Dort spricht man von ‘Fahrtrichtungsanzeiger’. Bei den Übersetzungen ist also noch Luft nach oben. Generell sollte man darauf achten – und das fordert auch der RDJ – , dass die Sprache bei den theoretischen Prüfungen so einfach wie möglich gehalten wird. Es ist ja schließlich eine Führerschein- und keine Deutschprüfung und dementsprechend sollte kein Kandidat an Sprachbarrieren scheitern.“

Eine Arbeitsgruppe mit Vertretern der DG und der Wallonischen Region soll jetzt die aufgeworfenen Fragen im Detail beleuchten. Und dabei möchte man – Zitat Ministerin Valérie De Bue – „wahrscheinlich auch Wege finden, um die Garantien für einen gleichberechtigten Zugang für alle Führerscheinbewerber zu verbessern.“ Die Ecolo-Abgeordnete Anne Kelleter freut sich ihrerseits, dass durch die Antwort von Valérie De Bue die Debatte um eine mögliche Benachteiligung von Deutschsprachigen „endlich auf Basis von Fakten geführt werden“ könne: „In der Politik scheint es bei manchen heute gang und gäbe zu sein, zuerst die Pressemitteilung und dann die Frage an den zuständigen Minister zu verfassen. Das finde ich gerade bei solchen sensiblen Themen schlimm, da so Vorurteile oder Ängste geschürt werden, die vielleicht gar nicht oder nur teilweise begründet sind.“

Bei der theoretischen Führerscheinprüfung scheine es dann auch so zu sein, dass „manches heißer gekocht als gegessen“ worden sei: „Die Prüfung ist seit der letzten Reform schwerer geworden. Aber das gilt sowohl für deutschsprachige als auch für französischsprachige Kandidaten. Und ja, es gibt zusätzlichen Handlungsbedarf, bei den Übersetzungen der Prüfungsfragen und der Internetseite zum Beispiel. Aber wenn man die Antwort der Ministerin analysiert sieht man, dass die Ministerin gewillt scheint, diese Ungleichbehandlungen zeitnah aus dem Weg zu räumen“, erläutert Kelleter.

Im März hatte der Jugendtreff Inside in Eynatten die Initiative ergriffen und sich für Verbesserungen eingesetzt. Kernproblem der theoretischen Führerscheinprüfung sei neben der 15-Sekunden-Regel – jede Frage muss innerhalb dieser Zeit beantwortet werden – vor allem die offenbar mangelhafte Übersetzung der Prüfungsfragen, hieß es damals. Die Regionalabgeordnete Kelleter hatte seinerzeit bereits Kontakt zum Jugendtreff aufgenommen und angekündigt, die zuständige wallonische Ministerin zum Thema zu befragen.

Debatte im PDG und Stellungnahmen von politischen Parteien

und Einrichtungen

Vor ein paar Wochen wurde die Führerscheinprüfung und die mögliche Benachteiligung von Deutschsprachigen dann auch im Parlament der Deutschsprachigen Gemeinschaft (PDG) diskutiert. Schulbücher und Prüfungsfragen sollten auf ihre „sprachliche Korrektheit“ überprüft werden hatte DG-Ministerpräsident Oliver Paasch seinerzeit nach einer Frage des SP-Abgeordneten Charles Servaty angekündigt. In der Folge hatten sich verschiedene politische Vertreter und Einrichtungen zu der Thematik zu Wort gemeldet. In der Diskussion geht es auch um eine mögliche Reform eines (umstrittenen) Dekretes, das das PDG im Mai 2015 verabschiedet hatte. Das Dekret bietet unter anderem Sekundarschulen die Möglichkeit, auf Kosten der Gemeinschaft zwölf Stunden theoretischen Fahrschulunterricht sowie zwölf Stunden Erste-Hilfe-Kurse anbieten zu können. (red/sc)

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