Nach Urteil: Weinstein jetzt „Insasse 06581138Z“ – „Meilenstein“ für MeToo-Bewegung

<p>Harvey Weinstein, Filmproduzent aus den USA, verlässt das Gerichtsgebäude.</p>
Harvey Weinstein, Filmproduzent aus den USA, verlässt das Gerichtsgebäude. | Foto: John Minchillo/AP/dpa

Auch zwei Tage nach dem Urteil sei Weinstein jedoch immer noch nicht ins Gefängnis gebracht worden, sondern befinde sich weiter im Krankenhaus, berichteten US-Medien am Mittwoch. Dorthin war der 67-Jährige direkt nach dem Schuldspruch am Montag gebracht worden, weil er über Schmerzen in der Brust geklagt hatte.

Er sehe aber aus, als sei er „in gutem Zustand“, sagte einer seiner Anwälte, Arthur Aidala, nach einem Besuch bei seinem Klienten am Dienstag. Sobald wie möglich soll Weinstein in das berüchtigte New Yorker Gefängnis Rikers Island verlegt werden, wahrscheinlich in eine spezielle Einzelzelle mit medizinischer Versorgung.

<p>Der Gefängniskomplex Rikers Island mit der Skyline von Manhattan im Hintergrund. Nach dem Schuldspruch gegen Harvey Weinstein wegen Sexualverbrechen soll der frühere Hollywood-Mogul in das berüchtigte New Yorker Gefängnis Rikers Island verlegt werden.</p>
Der Gefängniskomplex Rikers Island mit der Skyline von Manhattan im Hintergrund. Nach dem Schuldspruch gegen Harvey Weinstein wegen Sexualverbrechen soll der frühere Hollywood-Mogul in das berüchtigte New Yorker Gefängnis Rikers Island verlegt werden. | Foto: Seth Wenig/AP/dpa

Weinstein drohen bis zu 25 Jahre Haft.

Weinstein war am Montag von einer Jury wegen Sexualverbrechen für schuldig befunden worden, allerdings nicht in allen Anklagepunkten. Dem 67-Jährigen drohen nun gleichwohl bis zu 25 Jahre Haft. Das Strafmaß will Richter James Burke am 11. März verkünden.

Seit 2017 haben mehr als 80 Frauen Weinstein sexuelle Übergriffe vorgeworfen. In dem aufsehenerregenden New Yorker Prozess ging es seit Januar aber vor allem um zwei Vorwürfe: Weinstein soll 2006 die Produktionsassistentin Mimi Haleyi zum Oral-Sex gezwungen und die heutige Friseurin Jessica Mann 2013 vergewaltigt haben.

Die MeToo-Bewegung gegen sexuelle Belästigung, die nach Bekanntwerden der Vorwürfe gegen Weinstein entstanden war, feierte das Urteil als Meilenstein.

Die australisch-US-amerikanische SchauspielerinCate Blanchett („Blue Jasmine“) sieht im abgeschlossenen Prozess eine überfällige Aufarbeitung der Machtverhältnisse in Hollywood. „Bei solchen Missbrauchsfällen geht es nicht um Rache, sondern um Gerechtigkeit“, sagte die 50-Jährige am Mittwoch auf der Berlinale. Erst sehr allmählich änderten sich die Verhältnisse und Frauen spielten in der Branche eine zunehmend wichtigere Rolle. Zu Beginn ihrer Karriere vor zwanzig Jahren sei sie oft die einzige Frau auf dem Set gewesen. „Das ist nicht mehr lustig“, sagte die zweifache Oscar-Preisträgerin.

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Schauspielerin Cate Blanchett bei der Berlinale 2020. | Foto: Christoph Soeder/dpa

Mit dem Schuldspruch sei eine „neue Ära der Justiz“ eingeleitet worden, sagte Tina Tchen, Präsidentin der Stiftung „Time's Up“, die gegen sexuelle Belästigung kämpft. „Heute ist ein starker Tag und ein großer Schritt vorwärts in unserer kollektiven Heilung“, schrieb die Schauspielerin Rose McGowan in der Nacht zum Dienstag bei Twitter: „Ein Monster“ sei nun „beseitigt“.

Selbst US-Präsident Donald Trump, dem von zahlreichen Frauen sexuelle Übergriffe vorgeworfen werden, bezeichnete das Urteil als „starke Botschaft“. „Ich denke, dass es aus Sicht der Frauen eine großartige Sache war“, sagte er am Dienstag in Neu Delhi bei einer Pressekonferenz.

Nach Einschätzung der Vereinten Nationen ist die Verurteilung ein großer Schritt für Opfer sexueller Gewalt. „Ich glaube, es ist für alle klar, dass der Schuldspruch ein wichtiger Wendepunkt ist“, sagte der Sprecher von Generalsekretär António Guterres, Stéphane Dujarric, am Mittwoch in New York. Der UN-Chef habe sich stets dafür ausgesprochen, Verursacher von Gewalt gegen Frauen zur Rechenschaft zu ziehen.

Ein „großer Tag“

23 Frauen, die Weinstein sexuelle Übergriffe vorwerfen – darunter prominente Schauspielerinnen wie Ashley Judd und Rosanna Arquette – beklagten, dass Weinstein nicht in allen Anklagepunkten schuldig gesprochen wurde. „Unser Kampf ist noch lange nicht vorbei“.

<p>Rosanna Arquette, Schauspielerin, spricht auf einer Pressekonferenz der Silence Breakers, einer Gruppe von Frauen, die sich zum sexuellen Fehlverhalten des ehemaligen Hollywood-Produzenten Harvey Weinstein geäußert haben.</p>
Rosanna Arquette, Schauspielerin, spricht auf einer Pressekonferenz der "Silence Breakers", einer Gruppe von Frauen, die sich zum sexuellen Fehlverhalten des ehemaligen Hollywood-Produzenten Harvey Weinstein geäußert haben. | Foto: Chris Pizzello/AP/dpa

Der New Yorker Bezirksstaatsanwalt Cyrus Vance sprach von einem „großen Tag“. Die Zeuginnen der Anklage und die beiden Staatsanwältinnen Joan Illuzzi und Meghan Hast hätten „den Lauf der Geschichte im Kampf gegen sexuelle Gewalt“ geändert.

Das Ergebnis der Entscheidung mehrerer Frauen

Viele Beobachter würdigten den Mut der Opfer – darunter auch der Journalist Ronan Farrow, dessen Berichterstattung über Weinstein maßgeblich zum Start der MeToo-Bewegung beigetragen hatte: „Das heutige Urteil des New Yorker Prozesses gegen Harvey Weinstein ist das Ergebnis der Entscheidung mehrerer Frauen, sich mit hohen persönlichen Risiken an Journalisten und Staatsanwälte zu wenden.“

Die Anschuldigungen gegen den Produzenten, im Herbst 2017 von der „New York Times“ und dem Magazin „New Yorker“ veröffentlicht, waren der Anfang der MeToo-Bewegung. Überall auf der Welt erkannten viele Frauen und auch einige Männer ihre eigenen Geschichten in denen der mutmaßlichen Weinstein-Opfer wieder – sie begannen, diese Geschichten unter dem Schlagwort „Me too“ („Ich auch“) zu sammeln.

Die juristischen Kämpfe sind für Weinstein auch nach dem Verfahren in New York nicht zu Ende. In Los Angeles wurde er ebenfalls wegen Vergewaltigung und sexueller Nötigung angeklagt. Auch dort könnte es zum Prozess kommen. Davon abgesehen verhandeln seine Anwälte weitgehend unter Ausschluss der Öffentlichkeit mit zivilen Klägerinnen um Entschädigungen. (dpa/alno)

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