Von der Kennedy-Farm in die Welt: Die Ursprünge der Special Olympics

<p>Die Fahnen der Special Olympics World Games, die vom 17. bis 25. Juni in Berlin stattfinden, wehen während der Spiele auf dem Berliner Messegelände.</p>
Die Fahnen der Special Olympics World Games, die vom 17. bis 25. Juni in Berlin stattfinden, wehen während der Spiele auf dem Berliner Messegelände. | Foto: dpa

Eunice Kennedy-Shriver hatte genug gehört. Die Schwester des damaligen US-Präsidenten John F. Kennedy musste Anfang der 1960er-Jahre die Anrufe mehrerer verzweifelter Mütter entgegennehmen, all diese Frauen hatten kein passendes Sommercamp für ihre geistig behinderten Kinder gefunden. Also nahm sich die taffe Turnlehrerin aus Massachusetts der Sache höchstpersönlich an – und leitete so die Geburtsstunde der Special Olympics ein.

Was als kleines Feriencamp in einem Vorort von Washington D.C. auf der Farm von Eunice begann, ist heute die weltweit größte Sportbewegung für Menschen mit geistiger und mehrfacher Behinderung. Mit ihrem Pioniergeist verhalf die Aktivistin Millionen Betroffenen zu mehr gesellschaftlicher Teilhabe. Heute gehören über 5,2 Millionen Athletinnen und Athleten der Special-Olympics-Bewegung an. Bei den Weltspielen in Berlin vom 17. bis 25. Juni werden rund 7.000 von ihnen aus 190 Staaten erwartet.

Und das alles, weil Eunice Kennedy-Shriver genug hatte. Schon kurz nach dem Amtsantritt von „JFK“ hievte sie die Bedürfnisse von Menschen mit geistiger Behinderung auf der präsidialen Agenda weit nach oben. „Die Jahre der Gleichgültigkeit und Vernachlässigung, des gefühllosen Zynismus und der tief verwurzelten Vorurteile gehen zu Ende“, kündigte sie im März 1962 an – und ließ ihren Worten drei Monate später Taten folgen.

Neben interessierten Kindern aus der Umgebung rekrutierte Eunice Highschool- und College-Studenten als Betreuer für ihr eigenes Sommercamp. Das Ergebnis: 34 Kinder mit und ohne geistige Behinderung sowie 26 ehrenamtliche Betreuer nahmen am ersten „Camp Shriver“ in Maryland teil.

Gemeinsam schwammen die Kinder bei bestem Sommerwetter um die Wette, kickten oder warfen Bälle und ritten auf Pferden. Und nebenbei entledigten sich die jungen Betreuer ihrer Klischees über Menschen mit geistiger Behinderung. Eunices Sohn Tim, damals drei Jahre alt, schwärmte später: „Das Besondere an Camp Shriver war, dass es Spaß gemacht hat.“

Immer mehr Menschen aus der Gegend schauten sich das bunte Treiben an, auch Vertreter der Parkverwaltung und des öffentlichen Schulsystems machten sich selbst ein Bild. „Damit begann sich das Ganze durchzusetzen“, berichtete Eunice später.

In den folgenden drei Jahren wurde die Teilnehmerzahl dreistellig, ebenso die Anzahl der Betreuer. Zwischenzeitlich machte Eunice öffentlich, dass auch ihre Schwester Rosemary eine geistige Behinderung habe. Ihr millionenfach gelesener Artikel „Hope For Retarded Children“ in der Saturday Evening Post wurde zum Mutmacher für viele betroffene Eltern.

Aus dem Camp Shriver entwuchs die Idee landesweiter Sportwettkämpfe, im Sommer 1967 boten vergleichbare Tagescamps Aktivitäten für über 7000 Kinder mit geistiger Behinderung an. Wiederum ein Jahr später war es soweit: Eunice rief die ersten Special-Olympics-Spiele ins Leben, finanziert durch die von ihr selbst geleitete Kennedy-Stiftung.

Los ging es am 20. Juli 1968 in Chicago mit 1.000 Athletinnen und Athleten aus den USA und Kanada. Die teils heftige öffentliche Kritik, dort würden Kinder zur Schau gestellt, legte sich schnell. Dank Unterstützung aus der Wissenschaft folgten immer mehr Bewegungsangebote für Menschen mit geistiger Behinderung.

Eunices Ehemann Sargent Shriver sorgte ab 1990 als Special-Olympics-Vorstandsvorsitzender dafür, dass die Bewegung weltweite Dimensionen annahm. Schnell schwappte die Bewegungauch nach Europa über. Prominente Sportpersönlichkeiten wie Pele oder Wayne Gretzky unterstützten die Spiele 1991 in Minneapolis, zwölf Jahre später wurden in Dublin erstmals Sommerspiele außerhalb der Vereinigten Staaten ausgetragen. Rund 7.000 Menschen traten vor über 400.000 Zuschauern in 18 Disziplinen an. Belgien tritt seit 1989 bei verschiedenen internationalen Wettkämpfen an.

Hintergrund: Besonderheiten in einigen Sportarten

- Fußball: Nicht elf gegen elf, sondern sieben gegen sieben: Der Torhüter wirft den Ball ins Spiel, Abseits gibt es nicht. Das Tor ist mit 5x2 Metern kleiner als bei der herkömmlichen Variante.

- Leichtathletik: Insgesamt gibt es elf Disziplinen. Neben dem Weitsprung gibt es den Standweitsprung, beim Minispeerwurf wird mit einem kleineren und abgerundeten Speer aus Kunststoff geworfen. In den Laufdisziplinen ragt der 50-Meter-Sprint als Besonderheit heraus.

- Freiwasserschwimmen: Jede Schwimmart ist erlaubt. Die Athleten dürfen während des Wettkampfs im Wasser laufen und stehen und zum Ausruhen Boote, Paddelbretter, Seile und Sicherheitspersonal im Wasser berühren. (sid/leo)

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