Finanzskandal belastet die Box-WM

AIBA-Präsident Wu Ching-Kuo (rechts), hier im Gespräch mit dem früheren Oympiasieger James De Gale, steht bei der Box-WM in Hamburg unter Beobachtung. | Photo News

Jürgen Kyas ist zwei Tage vor der Amateurbox-WM in Hamburg schon in Kampfeslaune. Wenn der skandalumwitterte Weltpräsident Wu Ching-Kuo am Donnerstag zum Empfangsdinner in der Elbphilharmonie seinen ersten Auftritt in der Hansestadt hat, wird Kyas nicht von seiner Seite weichen.

„Ich passe genau auf, dass Herr Wu immer die Wahrheit sagt. Wenn nicht, werde ich sofort eine Richtigstellung über die Medien herausgeben“, kündigte der deutsche Box-Präsident an. Zehn Tage sind die besten Amateure der Welt an der Elbe zu Gast, mit ihnen kommen die Spitzen-Funktionäre, sogar IOC-Präsident Thomas Bach wird erwartet. Kyas: „Es kann sein, dass es zum Eklat kommt.“

Die Stimmung ist explosiv, die Fronten verhärtet, seit Präsident Wu die Bombe auf der letzten Exekutiv-Sitzung am 24. Juli in Moskau platzen ließ. Rund 25 Millionen Euro Schulden soll die AIBA angehäuft haben. „Wenn die Gläubiger ihr Geld bei Gericht einfordern, sind wir pleite“, sagt Kyas.

Und der K.o. rückt näher. Die Firma Bankons MMC, ein Großhandelsunternehmen aus Aserbaidschan, fordert bis zum 21. August 8,5 Millionen Euro. Der chinesische Investor Wu Di, der noch 15 Millionen Euro bekommt, hält seine Füße bislang still. „Viel Geld wurde verbrannt“, sagt Kyas, „es gibt den Verdacht, dass sich der eine oder andere bereichert hat.“

Wu, der den Sprung in die IOC-Exekutive schaffte, soll es nicht sein. Doch der Taiwanese steht spätestens seit dem Treffen in Moskau am Pranger. Statt die Schuldenmisere zu erklären, beschimpfte der 70-Jährige auf dem Kongress die Delegierten. „Das hat mich sehr erschreckt. Meine Unterstützung hat er nicht mehr“, sagte Kyas, Mitglied der mächtigen AIBA-Exekutive.

Auch bei der bevorstehenden Änderung des Olympia-Programms erwies sich Wu als wenig kollegial. Da laut IOC die Frauenquote gesteigert werden soll und zwei Gewichtsklassen der Männer wegfallen, strich Wu kurzerhand die zwei kleinsten Klassen. „Das hat er nicht mit uns abgestimmt“, sagt Kyas.

Noch in Moskau kündigten 13 von 15 Exekutivmitgliedern Wu die Gefolgschaft und gründeten einen Interimsvorstand. 81 Länder sollen dem so genannten Interim Management Committee (IMC) folgen. Der Machtkampf ist wenige Tage vor der WM in vollem Gange. Die Büroräume der AIBA in Lausanne wurden zwischendurch geschlossen, ein Gericht in Lausanne wird entscheiden, wie es weitergeht – nach der WM.

Kyas hat nun die Aufgabe, das Theater von „seiner“ WM fernzuhalten. „In Hamburg läuft alles nach Plan“, sagt der Präsident, dessen Verband (DBV) erstmals seit 1995 wieder Welttitelkämpfe ausrichten darf: „Wir sind uns mit dem Deutschen Olympischen Sportbund und der Stadt Hamburg einig: Es wird eine tolle WM.“

Ab Freitag (14 Uhr) werden 280 Boxer aus allen Kontinenten in der Sporthalle Hamburg ihre neuen Weltmeister ermitteln. (sid)