Höllenritt durch Sand und Staub - Der Brite Lyndon Poskitt fährt die „vergessene Dakar“

In der „Malle-Moto“-Klasse der Rallye Dakar an den Start zu gehen heißt, sich einer ganz besonderen Herausforderung zu stellen, nämlich den Wettbewerb ohne die Unterstützung eines Service-Teams zu bewältigen. Alle Reparaturen und Wartungsarbeiten müssen von den Fahrern selbst durchgeführt werden. Offenbar genau das Richtige für Lyndon Poskitt. | privat

Lyndon Poskitt hat für den Tag genug von Sand und Staub, doch der Brite kniet schon wieder im Dreck. Ölwechsel, Bremsencheck, Reifentausch – nach über 500 Kilometern im Motorradsattel wäre ihm eine kalte Dusche und ein weiches Bett lieber. Es ist Wunschdenken, mehr nicht.

Poskitt muss seine türkisfarbene KTM 450 mit der Startnummer 100 startklar machen für die nächste Etappe der Rallye Dakar. Schon am Morgen geht es weiter durch die Dünen Südperus in Richtung Bolivien. Helfer hat Poskitt keine. Was er tut, geschieht fast ausschließlich in Eigenregie. „Es ist hart, wirklich hart. Niemand wird sagen, dass das einfach ist. Es ist eine ganz andere Erfahrung. Wenn du das durchstehst, beweist das deine Stärke“, sagt der 40-jährige Brite.

Poskitt, ein Surfer-Typ, ist einer von 27 Teilnehmern in der Malle-Moto-Kategorie. 24 fahren mit dem Motorrad, drei lenken ein Quad. Der Veranstalter nennt sie die „Originals“. Was bei Piloten der großen Teams im Zusammenspiel mit Mechanikern und Ingenieuren passiert, müssen sie alleine stemmen: Steuern und schrauben. Untereinander dürfen sie sich zur Hand gehen, jede weitere Hilfe von außen ist strikt untersagt. Was Poskitt und Co. tun, ist Rallye in Reinform.

Seine Habseligkeiten bei der Dakar beschränken sich auf das Wesentliche. In einem Metallkoffer stecken Werkzeuge im Wert von rund 1.000 Euro. Sein Wurfzelt ist neben einem Truck aufgestellt, in dessen Inneren mehrere Metallkäfige aufgestellt sind. Der Inhalt: Ersatzteile, ein Sack Kleidung, Hygieneartikel.

Letztere kann der Ingenieur für Luft- und Raumfahrt kaum nutzen. „Im letzten Jahr habe ich nur zweimal geduscht“, sagt Poskitt, „ich hoffe, dass ich es dieses Jahr häufiger schaffe.“ Seine Maschine wäscht er meist nur oberflächlich, fürs Polieren ist keine Zeit.

Schlaf bekommt er bei der Dakar ohnehin zu wenig. „Im letzten Jahr waren es zwischen zwei und maximal sechs Stunden pro Nacht. Das ist nicht wirklich genug, aber es muss halt reichen“, sagt er. Die Piloten der Top-Teams nächtigen in Hotels. Wer Malle Moto fährt, muss sich mit einem Schlafsack begnügen.

16.000 Euro Startgebühr hat Poskitt für den strapaziösen und nicht ungefährlichen Trip bezahlt. Seine selbst aufgebaute Maschine hat einen Wert von rund 40.000 Euro. Viel Geld, das sich für Poskitt aber rentiert. Im Vorjahr war er zweitschnellster Malle-Moto-Pilot. Dieses Mal will er ganz vorne landen.

Profitieren sollen davon seine über 100.000 Follower in sozialen Medien. Per Crowdfunding sammelte er rund 50.000 Euro ein, um aufwendiges Videomaterial produzieren zu können. Fans sollen in täglichen Beiträgen umfangreiche Eindrücke vom Rennen bekommen, für das Poskitt einen eigenen Namen gewählt hat: „The Forgotten Dakar“. Die vergessene Dakar. (sid)