Zur aussterbenden Rivalität von Bütgenbach und Weywertz



Im Vorfeld der LokalRunde, die am kommenden Sonntag, 22. Oktober, um 11 Uhr „Zur Alten Linde“ in Weywertz stattfindet, traf das GrenzEcho Herbert Heck (*1940) und Walter Reuter (*1938). Während der erstgenannte Bütgenbacher der Gemeinde ab der Gemeindefusion im Jahre 1977 vorstand, übernahm der Weywertzer 1989 das Bürgermeisteramt.

In den letzten Wochen haben die Kirmesveranstaltungen in Bütgenbach und Weywertz stattgefunden. Wo kann man denn besser Kirmes feiern?

Herbert Heck (HH): (lacht) Also mein Feiern der Kirmes hat sich auf ein Minimum reduziert.

Walter Reuter (WR): Mir geht es genauso. Früher hieß es, Weywertz wäre besser, aber da hat sich bis heute bestimmt einiges geändert.

Zu früheren Zeiten war das Verhältnis zwischen den beiden Ortschaften nicht immer einfach. Es herrschte eine gewisse Rivalität, insbesondere im Gemeinderat. Ist sie im Laufe der Zeit verschwunden?

HH: Sie ist auf jeden Fall weniger geworden.

WR: Im Grunde gehörten zur damaligen Altgemeinde nur zwei Ortschaften, weil Berg mehr zu Bütgenbach gezählt wurde. Es war eine Art Derby, das im Rat stattfand.

Wie hat sich die Lage nach der Fusion mit der Altgemeinde Elsenborn entwickelt? Sie wurden damals Bürgermeister, Herr Heck.

HH: Es war doch eine große Herausforderung, beide Seiten auf ein Level zu bringen. Walter Reuter war damals auch schon im Gemeinderat. Elsenborn hatte diverse Dinge anders gelagert als Bütgenbach. Es waren aber Gemeinden, die sich gut zusammengefügt haben. Bereits vor der Fusion gab es Kooperationen zwischen den Altgemeinden Bütgenbach, Büllingen, Rocherath und Elsenborn. Auch im Zusammenhang mit dem damaligen Krankenhaus, welches sich in Bütgenbach befand. Die vier Gemeinden haben das Krankenhaus einige Male finanziell unterstützt. Da es den Gemeinden jedoch nicht möglich war, eine private Initiative direkt zu finanzieren, wurde eine Interkommunale gegründet.

Inmitten der genannten Gemeinden der Nordeifel wurde Bütgenbach stets als Zentrum empfunden. Warum?

HH: Sicherlich hat der Tourismus in Worriken und am See stark dazu beigetragen. Die große Entwicklung des Tourismus hat aber erst nach der Fusion begonnen.

WR: Der See ist in der Tat die Grundlage für diesen Zentrumsgedanken. Aber das Dorf war seit jeher der Hauptort des Hofes Bütgenbach. Bütgenbach war Pfarre, die übrigen Ortschaften waren Vikariate. Die Menschen kamen hier zur Messe. Die anderen Dörfer mussten bis 1803 warten, ehe sie zur Pfarre wurden.

Wie kommt es, dass sich das Bütgenbacher Gemeindehaus in Weywertz befindet?

HH: Es soll nach dem Krieg entschieden worden sein. Weywertz hatte damals erstmals die „Mehrheit“ im Gemeinderat. Der Bürgermeister gab an, den Streit zwischen den beiden Dörfern schlichten zu wollen, indem er das Gemeindehaus zwischen die beiden Ortschaften legte. Böse Zungen behaupten, er hätte es vor seiner Haustüre platzieren wollen (lacht).

Eine Sache, die beide Ortschaften verbindet, ist der Ravel-Weg auf der früheren Vennbahn-Trasse. Hätten Sie sich jemals einen derartigen touristischen Erfolg vorstellen können?

HH: Einige Zeit wurde der Vennbahn nachgetrauert, die aber eigentlich nie für die Allgemeinheit da war. Es gab lediglich gewisse Personen in dieser Szene, die sich dafür interessierten. Heute dient die Vennbahn der breiten Bevölkerung. Sie ist eine wahre touristische Attraktion geworden.

WR: Der Bahnhof Weywertz war damals ein wichtiger Knotenpunkt. Zu Beginn hieß er sogar Bahnhof Bütgenbach. Als dann die Verbindung nach Jünkerath ausgebaut wurde, hat jedes Dorf seinen Bahnhof bekommen.

HH: Der ursprüngliche Bahnhof Bütgenbach in Weywertz war auch der Ursprung für eine Ansiedlung rund um den Bahnhof. Weywertz lag eigentlich eher in Kirchennähe. Durch den Bahnhof ist im Grunde Ober-Weywertz entstanden.

1972 wurde der Grundstein zum Zentrum Worriken gelegt, das heute viele Menschen anzieht. Wie ist die Entstehung zum damaligen Zeitpunkt aufgefasst worden? Wirkte das Zentrum nicht wie ein Fremdkörper, der an die Ortschaft angegliedert wurde?

HH: Worriken war eine gute Sache, die damals aber von wenigen Leuten so gesehen wurde. In der Ortschaft gab es viele Gegner. Aber das ist die Eifeler Art, zunächst einmal alles Fremde weit wegzustoßen (lacht). Im Laufe der Jahre wurde Worriken jedoch akzeptiert und integriert. Heute sind die Menschen zu 100 Prozent überzeugt. Worriken bringt einen Großteil des Tourismus nach Bütgenbach. Wohlwissend hätte es Worriken ohne den See nie gegeben. Das Zentrum ist damals von der Französischen Gemeinschaft als Segelschule gefördert und finanziert worden.

WR: Zu einem späteren Zeitpunkt ist dann die Deutschsprachige Gemeinschaft, die es in dieser Form damals noch nicht gab, eingestiegen. Die anderen deutschsprachigen Gemeinden beneideten Bütgenbach, das dieses Zentrum komplett finanziert bekam.

HH: Ich bin regelmäßig an der Küste. Die Ortschaft Bütgenbach ist sehr bekannt durch Worriken. Viele Flamen waren früher als Schüler hier und kommen heute mit ihren Kindern zurück.

Einen wichtigen Beitrag zum Dorfleben leisten der Verkehrsverein Weywertz, die Interessengemeinschaft Bütgenbach-Berg, aber auch die Dorfgruppe Berg.

WR: In Weywertz wird in der Tat sehr gute Arbeit geleistet: Wanderwege und Ravelweg werden instandgehalten, um nur ein Beispiel zu nennen. Die Leute packen mit an und arbeiten körperlich für ihr Dorf.

HH: Ohne die Interessengemeinschaft wäre Bütgenbach heute sicherlich nicht das, was es ist. Zu dieser Vereinigung gehören viele junge, motivierte Menschen, die sich um vieles kümmern. Sie sind nicht mehr wegzudenken. Ähnliches gilt für Berg. Ein anstehendes Projekt ist der geschichtliche Rundgang.

HH: Derzeit suchen wir die Orte aus, an denen die geschichtlichen Texte zu stehen kommen sollen. Wir werden die Tafeln auch mit QR-Codes ausstatten, damit die Kinder und Jugendlichen etwas davon haben. Wir möchten ihnen ein Ratespiel anbieten und es kann ein Preis im Tourist-Info-Büro winken. Wir möchten Wertvolles aus der Vergangenheit wachhalten und in Erinnerung rufen. Sonst geht es verloren.

 

Einer dieser geschichtlichen Standorte dürfte sicherlich der Hof Bütgenbach sein. Wie kam es, dass das Krankenhaus geschlossen und stattdessen ein Alten- und Pflegeheim eröffnet wurde?

 

HH: Im Vorspann hat es das ominöse Eupener Abkommen gegeben. Die Krankenhäuser von Eupen, Bütgenbach und St.Vith saßen mit politischen Verantwortlichen zusammen. Dabei wurde beschlossen, das Bütgenbacher Krankenhaus zu schließen. Als „Entschädigung“ wurde uns ein Altenheim zugesichert. In St.Vith waren ursprünglich Geriaterie-Betten angedacht. Diese sollten aber während zehn Jahren nicht eingerichtet werden, um keine Konkurrenz zum Alten- und Pflegeheim in Bütgenbach darzustellen. Heute wissen wir, dass das nicht hätte sein müssen, schließlich gibt es überall Wartelisten. Dass das Heim im Steinerhof, wie wir im Volksmund zu sagen pflegen, eingerichtet wurde, ist kein Zufall. Zuvor wollten wir einen Neubau des Krankenhauses errichten. Mehrere Standorte wurden in Betracht gezogen. Dann kam das Aus und wir suchten nach einem Standort für das Altenheim. Nikla Langer brachte den Vorschlag des Steinerhofes. Es war eine gute Sache, schließlich ist es ein ansehnlicher Ort. Es gibt jedoch ein „Aber“. Wir hatten viele Altenheime besucht und wollten von den Erfahrungen lernen. Überall weilten die Senioren in den Eingangsbereichen, wo das Leben war. In Bütgenbach ist das nicht so. Die Poliklinik des ehemaligen Krankenhauses war auch im Altenheim vorgesehen, um ein gewisses Kommen und Gehen zu gewährleisten. Wir wollten die Heimbewohner „im Leben behalten“. Auch sollte der vordere Flügel nicht der Interkommunalen gehören, sondern der Gemeinde. Ich sah die Gemeinde in der Pflicht, dort für Abwechslung zu sorgen. Hochzeiten sollten z.B. dort stattfinden. Heute sind es tolle Räumlichkeiten für Künstler, aber in meinen Augen passiert dort zu wenig. In diesem schönen Hof ist einfach zu wenig Leben. Man hätte mehr daraus machen können.