Zugführer verursacht absichtlich Verspätung um Entlassung zu provozieren

Ein Lokführer der SNCB hat seinen Zug in dieser Woche zweimal absichtlich mit Verspätung ankommen lassen. Der Grund: Der Mann möchte für ein Privatunternehmen arbeiten, das besser bezahlt, muss aber eine einjährige Kündigungsfrist einhalten. Mit seiner Aktion will er seine Entlassung provozieren.

SNCB-Lokführer Cedric Grumiaux sorgte in dieser Woche dafür, dass die Fahrt von Mons nach Lüttich 37 Minuten länger als üblich dauerte. Von Mons nach Tournai hat er am selben Tag fast eine Viertelstunde länger gebraucht. Der Mann selbst nennt seine Aktion „Operation Schnecke“.

Jeder Lokführer, der die SNCB verlässt, muss eine einjährige Kündigungsfrist einhalten. Unternehmenssprecher Dimitri Temmerman dazu: „Wir investieren viel in unsere Fahrer. Sie erhalten eine einjährige Ausbildung und werden währenddessen auch bezahlt. Aber natürlich wollen wir etwas zurück, wir wollen die Früchte unserer Investition ernten.“

Die SNCB ist entsetzt über das Handeln des Mitarbeiters: „Das ist völlig unverantwortlich. Wir lehnen jede Handlung, die sich zum Nachteil des Reisenden auswirkt, ab“, betont Temmerman. Aber hat der Fahrer sein Ziel nun erreicht und wird entlassen? „Ich kann dazu nichts sagen, das sind interne Dinge.“ Der Fahrer selbst entschuldigte sich im öffentlich-rechtlichen Sender RTBF bei den Zugreisenden: „Ich entschuldige mich bei den Passagieren, die zu spät gekommen sind. Aber wir Fahrer sind die einzigen Mitarbeiter der SNCB, die so behandelt werden, und deshalb habe ich es getan.“

Das Problem ist seit langem bekannt: Private Unternehmen werben zunehmend SNCB-Mitarbeiter ab, indem sie ihnen mehr Geld bieten und mit Firmenwagen, Smartphone und Tankkarte locken. Unbestätigten Quellen zufolge soll der Lohn dort anderthalb bis doppelt so hoch sein.

Die SNCB will die Geschichte nicht herunterspielen: „Als Reaktion darauf werden wir uns mit den Gewerkschaften zusammensetzen, um den Fall zu besprechen und auch um zu sehen, wie wir den Job attraktiver machen können“, fügt Temmerman hinzu. Und wenn immer mehr Lokführer das Unternehmen verlassen, wird die SNCB dann nicht in Schwierigkeiten geraten? „Nein, im vergangenen Jahr hatten wir mehr als 400 freie Stellen für Lokführer, die wir alle besetzt haben.“