Eupener organisiert Maastrichter Modefestival: „Mode ist nicht gleich Mode“



In einem alten, glanzlosen Fabrikgebäude am Rande der Stadt ist die kreative Schaltzentrale des Modefestivals untergebracht. Ein moderner Aufzug führt ins zweite Obergeschoss. Auf einer der anderen Etagen beißt sich ein Bohrhammer mit ohrenbetäubendem Lärm durch Beton. Laurens Hamacher, der in Eupen geboren ist und seit seiner Studienzeit in Maastricht lebt, zuckt mit den Schultern, zeigt in Richtung Decke und bestätigt, was kaum zu überhören ist: „Hier wird gearbeitet.“ Der 34-Jährige muss sich anstrengen, den Krach zu übertönen. Laurens Hamacher trägt, ganz unkonventionell, schwarzes Shirt, Bermuda-Jeans und Sneaker. So schlicht, so gut.

Der Produktdesigner empfängt uns in großzügigen Räumen, die rauen Industriecharme versprühen. An sich aneinanderreihenden Kleiderstangen hängen, unter einer durchsichtigen Schutzfolie, die verrücktesten Modekreationen: Einige Teile wurden von Menschen entworfen, die eigentlich gar keine Designer sind. Auch diese Entwürfe werden beim Fashionclash Festival gezeigt. In der Mitte des Raumes steht, auf gekacheltem Boden, ein langer Holztisch, an dem wir Platz nehmen.

Wie viele Paar Schuhe besitzen Sie?

(lacht) Ich habe mir gerade ein Paar Neue gekauft. (Überlegt) Ich besitze sechs Paar Schuhe: drei Paar Sneaker, ein Paar Mokassin, ein Paar schickere Sandalen und ein Paar Sandalen, die ich anziehe, wenn es warm ist und ich viel schleppen muss, so wie jetzt, kurz vor Fashionclash. Arbeitssandalen sozusagen, die bequem sind, aber gleichzeitig optisch etwas hermachen. Ich muss schließlich auch repräsentieren.

Erzählen Sie mal ein bisschen über sich.

Ich bin in einem Haus im Wald aufgewachsen, auf Mospert in Eupen. Mein Vater war Förster. Er ist mittlerweile pensioniert. Ich habe eine jüngere Schwester, Lidwina, und zwei ältere Brüder: Kaspar, Produktdesigner, und Sebastian, Lehrer am Robert-Schuman-Institut. Dort habe ich auch mein Abitur in der Fachrichtung Kunst und Grafik gemacht.

Gibt es etwas, was Sie an Ihrer Heimatstadt besonders vermissen?

Das Spaghettieis aus der Oberstadt – das beste, das ich je gegessen habe. Die Sahne muss unter das Eis, nicht oben drauf – ganz wichtig. Und die Brötchen von Kockartz vermisse ich (lacht). Wenn ich meine Eltern in Eupen besuche, ist das für mich jedes Mal wie ein kleiner Urlaub. Ich genieße die Ruhe dort, alles ist gemütlich. Da kann ich komplett abschalten.

Wie sind Sie eigentlich zur Mode gekommen?

Ich wollte immer Goldschmied werden. Nach dem Abitur habe ich an der Kunstakademie in Maastricht Produktdesign studiert. Dort habe ich auch Nawie (Kuiper) und Branko (Popovic) kennengelernt, die mit mir zusammen das Kernteam von Fashionclash bilden. 2009 fand das Festival zum ersten Mal statt. Ich habe damals beim Aufbau und im Hintergrund geholfen und bin da irgendwie so reingerollt. Mit den Jahren ist das Festival immer größer geworden. Die erste Ausgabe fand noch mit ausschließlich euregionalen Designern statt. Inzwischen zeigen Designer aus der ganzen Welt ihre Kollektionen bei uns. Es dreht sich aber nicht alles um Mode. Es kommen auch Performer, Autoren und Tänzer. Menschen, die eine Geschichte erzählen wollen, auf ihre Art und Weise.

Wer sich beim Fashionclash Festival präsentieren möchte, muss sich bewerben. Nach welchen Kriterien werden die Designer und Künstler ausgewählt?

In diesem Jahr haben sich 400 Designer und Künstler beworben. Es reicht nicht, ein schönes Hemd oder eine schöne Hose entworfen zu haben. Mode ist nicht gleich Mode. Wir zeigen nicht die Trends der kommenden Saison. Mit der Art von Mode, wie sie in Hochglanzmagazinen präsentiert wird, hat Fashionclash nichts am Hut. Was wir zeigen, ist viel individueller: Es sind die Gedanken und Gefühle der Designer, die über die Kreationen ausdrückt werden. Vieles von dem, was die Designer mitbringen, ist im Alltag kaum tragbar. Für uns muss immer der Link zur Ausdrucksform bestehen. Es muss ein tieferer Sinn dahinter stecken. Außerdem wählen wir Designer und Künstler aus, die noch ganz am Anfang stehen, und die bislang kaum jemand kennt. Wir wollen jungen, kreativen Leuten die Chance geben, sich zu präsentieren, damit sie weiterkommen, mit dem, was sie machen.

Das Motto der diesjährigen Ausgabe lautet „Fashion My Religion“. Was hat es damit auf sich?

Darauf sollen die Designer und Künstler eine Antwort geben. Sie zeigen ihre Interpretation von Religion und drücken sie durch Kleidungsstücke aus, oder eben durch Kunst und Bewegung. Religion hat nicht immer etwas mit Kirche zu tun. Für viele Menschen ist Mode so etwas wie Religion. Für meinen Vater ist Fußball heilig. Wir wollen die Leute dazu anregen, Religion und Mode zu hinterfragen und aus einem anderen Blickwinkel zu betrachten.

Ist Mode für Sie Religion?

Familienleben ist für mich Religion.

Was erwartet die Besucher vom 15. bis 17. Juni?

Das ganze Wochenende über finden geführte Touren zu den verschiedenen Ausstellungen, Aufführungen, Vorträgen und Workshops statt. Die Führungen sind kostenlos, man muss sich aber anmelden. Am Samstagabend findet die Fashion-Show in der SAM Decorfabriek (Meerssenerweg 215) statt. Designer aus der ganzen Welt sowie die Absolventen der Kunstakademie werden ihre Kreationen zeigen. Das wird eine Hammershow.

Ist das Fashionclash Festival nur etwas für Szene-Insider?

Nö. Jeder ist willkommen. Fashionclash ist nicht so elitär wie Paris oder Mailand. Die Angebote sind kostenlos, abgesehen von der Show am Samstag. Die Karten kosten auch kein Vermögen. Wir wollen, dass jeder dabei sein kann.

Karten für die Show am Samstag (19 Uhr) sind im VVK ab 12,50 Euro erhältlich. Das Programm und Tickets gibt es online unter www.fashionclash.nl.