Marciano Aziz will ins Profi-Team der AS Eupen

Der 15-jährige Marciano Aziz könnte der erste Eupener sein, der nach langer Zeit wieder in der Profi-Mannschaft der AS Eupen aufläuft. Seit zehn Jahren ist er dem Verein verbunden. Für seinen Traum, einmal Fußballprofi zu werden, muss der U17-Spieler allerdings Opfer bringen.

„Marciano wollte eigentlich schon im Alter von drei Jahren in einem Klub Fußball spielen“, erinnert sich seine Mutter Natascha Cortisse. Die Eupener Kinderärztin weiß es noch, als ob es gestern gewesen wäre: „Zu dieser Zeit gab es für ihn nur ein Motto: Ball, Ball, Ball. Allerdings konnten wir ihn erst mit fünf Jahren anmelden. An seinem fünften Geburtstag ist er dann Mitglied der AS Eupen geworden.“ Heute ist Marciano Aziz ein fester Bestandteil der äußerst erfolgreichen U17-Mannschaft. „Ich hoffe, dass ich eines Tages für die AS Eupen in der ersten Liga auflaufen kann. Das ist auf jeden Fall ein Traum von mir. Ich weiß aber auch, dass es sehr schwierig werden wird“, sagt Aziz. Sollte dieser Traum irgendwann Wirklichkeit werden, möchte der 15-Jährige aber noch höher hinaus: Einmal in die Nationalmannschaft berufen zu werden – das wäre das Nonplusultra. Seine Mitspieler Antonino Rallegri und Pierre Weijnjes haben das bereits erreicht. Sie wurden jüngst für die U17-Auswahl des Landes nominiert. Hat Aziz auch das Zeug dazu? „Das weiß ich nicht. Es wäre natürlich ein weiterer Traum“, antwortet der Schüler der Pater-Damian-Schule in Eupen. Eines weiß er jedoch ganz genau: Dass er es ohne Fleiß und Schweiß niemals so weit bringen würde. Meistens kann der AS-Spieler, der in seiner Mannschaft auf der Zehnerposition im Mittelfeld die Schaltzentrale des Teams darstellt, nach der Schule nur kurz zu Hause reinspringen. Danach geht es für den Nachwuchsfußballer sofort wieder an den Kehrweg. Dort absolviert er täglich ein anderthalbstündiges Training.

„Marciano ist ein sehr talentierter Spieler, der stets zu den Stärksten seines Jahrgangs zählt und ein AS-Eigengewächs ist“, sagt Nicolas Collubry. Der sportliche Leiter der U8-U16-Mannschaften hat die Entwicklung des vielleicht ersten Spielers, der es als Eupener nach langer Zeit noch mal in den Profikader schaffen könnte, hautnah mitverfolgt. Collubry: „Generell kann man sagen, dass es, wenn überhaupt, ein Spieler einer U-Mannschaft schafft, später einmal Profi zu werden. Marciano könnte dazu gehören. Wir tun jedenfalls alles dafür – wohlbemerkt, dass neben dem Talent viele Faktoren wie das Umfeld, die Einstellung und viel Glück dazugehören.“

Marciano Aziz wurde in den Jugendmannschaften fast immer ein Team höher eingesetzt. So könnte der Eupener eigentlich noch für die U16 auflaufen, doch mit der U17-Mannschaft nimmt er nun den letzten Meisterschaftsabschnitt in Angriff. „Der Grund, warum wir Marciano in den vergangenen Spielzeiten immer einen Jahrgang höher spielen ließen, ist, weil wir ihn noch mehr fordern wollen. Er hat das Niveau dazu, und wir wollen nicht, dass er sich ausruht“, sagt Nicolas Collubry.

Eine ganz normale Woche ist bei dem 15-Jährigen von A bis Z durchgeplant. Nach der Schule ist jeden Tag Training angesagt. Anschließend erledigt er seine Hausaufgaben, bevor er todmüde ins Bett fällt. Ihr Sohn sei ein guter Schüler, sagt seine Mutter. „Er hat das Glück, dass er nicht viel lernen muss, um den Stoff zu verstehen“, so Natascha Cortisse, die begrüßt, dass die AS Eupen auch auf die schulischen Leistungen ihrer Jugendspieler Acht gibt: „Wir müssen jedes Mal das Zeugnis vorlegen.“ Die Lieblingsfächer des Nachwuchsfußballers sind Englisch, die Muttersprache seines Vaters, Mathe und natürlich Sport. Der wichtigste Tag in der Woche ist der Samstag. Dann steht das Meisterschaftsspiel an. Die Gegner sind die U17-Mannschaften der Fußballerst- und Zweitligisten. Am Sonntag hat der Fan von Real Madrid und Tottenham Hotspur dann eigentlich „frei“, doch darf der AS-Spieler mit der Nummer elf nicht einfach machen, worauf er Lust hat. Manchmal kann Marciano Aziz es nicht sein lassen und spielt auch sonntags mit Freunden Fußball, meistens aber muss er für die Woche vorlernen.

Seine Kumpels finden es unterdessen ganz normal, dass Fußball bei Marciano an erster Stelle steht. Wenn die Kollegen am Wochenende um die Häuser ziehen, muss der 15-Jährige passen und „brav bleiben“. „Party, das geht nicht. Das ist aber kein Problem für mich“, so der Zehner, dessen Lieblingsspieler Cristiano Ronaldo ist.

Das bisherige Leben von Marciano Aziz ist dem Fußball gewidmet – in guten wie in schlechten Zeiten. Denn ein Zufall wollte es, dass der junge Fußballer im Kreise seiner Mannschaft auch eine traumatische Erfahrung erleben musste. Bei den Anschlägen von Brüssel im März 2016 entging Aziz mit seinen Freunden der Katastrophe nur wie durch ein Wunder. Zwei Minuten bevor die zwei Selbstmordattentäter sich im Flughafen von Zaventem in Brüssel in die Luft sprengten, stand der junge Fußballer mit vier seiner Mannschaftskollegen noch an genau der Stelle, wo es später zu den Explosionen kam. Die U16-Mannschaft der AS Eupen war auf dem Weg zu einem internationalen Fußballturnier in Barcelona. Die Fußballer und die begleitende Mutter entschieden sich aber, sich etwas zum Frühstücken zu holen. Zum Glück. Nach den Detonationen haben sich die Jugendlichen auf den Boden geworfen und sind in einen anderen Raum gekrochen. „Marciano und die anderen reden nicht gerne über diesen Tag“, sagt seine Mutter: „Das hat ihn schon mitgenommen, weil er einiges mitansehen musste.“ Die AS Eupen bot im Anschluss psychologischen Beistand an, damit die Spieler bestmöglich mit der Situation umgehen.