Buchmesse-Gastland Tschechien macht laut auf sich aufmerksam

<p>Ein Mann beklebt Stufe für Stufe einer Treppe mit dem Logo der Leipziger Buchmesse in der Glashalle der Leipziger Messe. Nach gut drei Stunden Arbeit zeigt sich auf den Vorderseiten der 36 Stufen das bekannte Logo mit dem Auge über einem aufgeschlagenen Buch. Die Leipziger Buchmesse findet in diesem Jahr vom 21. bis 24. März statt. Dann werden wieder tausende Besucher über diese Treppe in die Messehallen strömen.</p>
Ein Mann beklebt Stufe für Stufe einer Treppe mit dem Logo der Leipziger Buchmesse in der Glashalle der Leipziger Messe. Nach gut drei Stunden Arbeit zeigt sich auf den Vorderseiten der 36 Stufen das bekannte Logo mit dem Auge über einem aufgeschlagenen Buch. Die Leipziger Buchmesse findet in diesem Jahr vom 21. bis 24. März statt. Dann werden wieder tausende Besucher über diese Treppe in die Messehallen strömen. | Jan Woitas/dpa

Wenn Tomás Kubícek über den Stellenwert der tschechischen Literatur in Deutschland redet, schlägt er nachdenkliche Töne an. „Ich habe viele Freunde in Deutschland“, sagt der Direktor der Mährischen Landesbibliothek in Brünn. „Wenn ich sie vor 20 Jahren gefragt habe, was sie an aktueller tschechischer Literatur kennen, da war das eine ganze Liste. Kundera, Kohout, Hrabal. Wenn ich sie jetzt frage, dann ist das: fast nichts.“

Zwei Jahre hat das Team am Programm fürden Gastland-Auftritt gebastelt.

Kubícek will das ändern. Seine Mährische Landesbibliothek verantwortet im Auftrag des Kulturministeriums den Auftritt Tschechiens als Gastland auf der Leipziger Buchmesse. Die Tschechen kommen mit großen Hoffnungen auf die Messe. Zwei Jahre hat das Team am Programm für den Gastland-Auftritt gebastelt. Ursprünglich war der Plan, 40 Autoren in Leipzig zu präsentierten, sagt Projektkoordinator Martin Krafl. „Aber wir fanden das etwas begrenzt.“ Nun kommen 55 Autorinnen und Autoren nach Leipzig. Darunter sind bekanntere Namen wie Jáchym Topol, Iva Procházková oder Jaroslav Rudis, aber auch sehr viele junge Schriftsteller. 70 Neuerscheinungen haben sie im Gepäck. Der Buchmesse-Auftritt ist zudem eingebettet in ein ganzes tschechisches Kulturjahr in Deutschland, Österreich und der Schweiz.

Bisher seien im Jahr fünf oder sechs Titel ins Deutsche übersetzt worden, sagt Kubícek. „Das ist nicht so viel.“ In den anderen Nachbarländern sehe es für die Tschechen besser aus. In Polen erscheinen laut Kubícek 25 bis 30 neue Bücher aus Tschechien, die Verbindungen zur Slowakei seien sowieso eng. Und auch auf dem Balkan oder in der Ukraine sei die Position der tschechischen Literatur vergleichsweise stark. „Alte slawische Freundschaft“, scherzt der Bibliotheks-Direktor als Begründung. Unter dem Gastland-Motto „Ahoj Leipzig!“ sollen nun die Barrieren zum deutschsprachigen Mark abgebaut werden. Ein Erfolg in den DACH-Ländern (Deutschland, Österreich, Schweiz) sei zentral für das Vorankommen der tschechischen Literatur in der Welt, sagt Ondrej Buddeus vom Literaturzentrum CzechLit. „Was dort räsoniert, werden wir international zeigen können.“ Ein Schwenk in der tschechischen Kulturpolitik habe dafür gesorgt, dass viel mehr Geld als noch vor einigen Jahren zur Verfügung steht, um die Autoren zu unterstützen.

Auch Übersetzer gebe es genug, sagt Buddeus. Auf „40 plus x“ beziffert er die Zahl der Experten, die tschechische Literatur ins Deutsche übertragen könnten. „Damit lässt sich schon arbeiten.“ Die Situation für die Tschechen ist somit auch komfortabler als zum Beispiel für Litauen, das 2017 Gastland der Leipziger Buchmesse war. Die Zahl der Übersetzer aus dem Litauischen ließ sich an einer Hand anzählen.

Das Kuchenstück, das es für die kleinen Länder auf dem deutschsprachigen Markt zu verteilen gibt, ist aber sowieso nicht groß. Fast 90 Prozent der literarischen Übersetzung ins Deutsche stammen nach Branchenangaben aus dem Englischen. Dann folgen die größeren Sprachen wie Spanisch und Französisch – und erst danach sind Tschechien, Litauen & Co an der Reihe.

Die Tschechen sind aber zuversichtlich, dass sie über Leipzig und ihr Kulturjahr in den deutschsprachigen Ländern eine Brücke in die Welt schlagen können. „Uns ist klar, dass wir mit dem, was wir jetzt hier machen, noch drei, vier Jahre arbeiten müssen, um eine stabile Marktsituation zu erreichen“, sagt Kubícek. Es sei viel zu tun. „Das wird um einiges schwieriger als die Vorbereitung der Leipziger Buchmesse.“ (dpa)

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