Amerika rebelliert - Trumps Ausstieg aus dem Klimaschutz jährt sich

Nachdem US-Präsident den Ausstieg der USA aus dem Klimaschutzabkommen verkündet hat, dürfen Kohlebergwerke ihren Abfall wieder in Flüsse kippen. | dpa

Donald Trump hatte es hübsch inszeniert: Ausgerechnet im Rosengarten des Weißen Hauses, mit viel Grün um sich und seine Getreuen herum, verkündete er seinen ersten großen Schritt weg von der internationalen Gemeinschaft: Die USA steigen aus dem Klimaschutzabkommen von Paris aus. Seit einem Jahr halten sich die USA nicht mehr an die Bestimmungen von Paris. Die größte Volkswirtschaft der Welt und der nach China zweitgrößte Produzent von Treibhausgasen ist praktisch das einzige Land auf der ganzen Welt, das sich an dem Abkommen zur Rettung des Weltklimas nicht mehr offiziell beteiligt.

Kohlebergwerke dürfen ihren Abfall jetzt wieder in die umliegenden Flüsse kippen.

Seit seiner Ankündigung am 1. Juni 2017 hat Donald Trump – teils hinter vorgehaltener Hand und teils völlig offen – sein Projekt der Deregulierung des Umweltsektors rigoros durchgezogen. Kohlebergwerke dürfen ihren Abfall jetzt wieder in die umliegenden Flüsse kippen. Ölmultis dürfen in der Arktis nach Rohstoffen bohren. Ein ganzes Geflecht von Regelungen oder deren Aufhebung, hat unter Trump die Ausbeutung von fossilen Energieträgern leichter und billiger gemacht. Flankiert wird das System von Personen: An den Schaltstellen der Umweltpolitik sitzen glühende Klimaskeptiker: Allen voran der höchst umstrittene Scott Pruitt, Leiter der staatlichen Umweltbehörde Environmental Protection Agency (EPA).

Doch Trump hat ein Problem: Formell kann er die USA vor der nächsten Präsidentschaftswahl im November 2020 nicht aus dem Abkommen bugsieren. Und große Teile seines Amerikas wollen das auch gar nicht. Die Trumpschen Errungenschaften zur Rettung der Arbeiterschaft, per Social Media lauthals gefeiert, stoßen in vielen Gegenden außerhalb von Trumps Kern-Wahlbereichen auf Kritik. „Trump kann ankündigen was er will: Die Realität ist, in den USA und dem Rest der Welt, dass dem Klimawandel begegnet wird“, sagt die Klimachefin des World Ressources Institut in Washington, Paula Caballero.

Der Ölkonzern ExxonMobil ist ein Beispiel: Als einer der größten Öl- und Gasförderer der Welt könnte das Unternehmen von der Deregulierungspolitik Trumps durchaus profitieren. Doch große Investitionen in fossile Energieträger bleiben aus. Stattdessen drängen die in aller Welt ansässigen Aktionäre auf mehr Umweltbewusstsein. Investitionsentscheidungen der Industrie haben eine längere Halbwertszeit als Wahlperioden.

Auch die Kohleindustrie hat keinen ernsthaften Schub bekommen. Seit Donald Trump im Amt ist und „unsere schöne, saubere Kohle“ propagiert, sind landesweit gerade einmal 1.300 Jobs in der Branche entstanden. Der Verbrauch ist sogar leicht nach unten gegangen. Der Export allerdings stieg deutlich an. Experten halten das für ein Strohfeuer. Die internationalen Märkte seien viel wichtiger als ein paar politische Eingriffe. Und dort sei die Tendenz in Sachen Kohle eindeutig. Im vergangenen Jahr verkündeten 20 Länder der Welt den Ausstieg aus der Nutzung von Kohle zur Energiegewinnung.

Ein ganzes Netzwerk von Organisationen, teils privat, teils staatlich, opponieren offen gegen die Umweltpolitik von Donald Trump. Bundesstaaten, Kommunen, Firmen, Städte, Verbände: Alle bekennen sich zum Klimaschutz. Gerade wegen und trotz der Trumpschen Politik.

In der Initiative „We are still in“ („Wir sind noch immer drin“) haben sich mehr als 2700 Organisationen zusammengeschlossen – neun Bundesstaaten, 30 Landkreise, 229 Städte, fast 1800 Unternehmen – die sich weiter an die Regelungen von Paris gebunden fühlen und auch halten. In der US Climate Alliance sind 17 Bundesstaaten zusammengeschlossen. Teilweise umgehen sie aktiv die Regierung in Washington und arbeiten mit Partnern im Ausland zusammen.

Allein die US-Bundesstaaten, die weiter an Paris festhalten, würden gemeinsam die drittstärkste Volkswirtschaft der Welt abgeben, mit einer Wirtschaftsleistung größer als Japan, sagt Paula Caballero. „Es gibt unglaublich viel Enthusiasmus auf Bundesstaaten-Ebene, in saubere Energie zu investieren und eine führende Rolle zu übernehmen, solange die Bundesregierung genau dies nicht tut“, sagte etwa die stellvertretende Wirtschaftsministerin des Staates Virginia, Angela Navarro. Die Metropole New York will ihre Busflotte bis 2040 komplett auf Elektroantrieb umstellen. Kalifornien, einer der Vorreiter beim Klimaschutz, will bis 2030 rund fünf Millionen Elektroautos auf den Straßen haben.

Todd Stern, der führende Klimaberater der Obama-Regierung und einer der führenden Köpfe hinter der US-Beteiligung an dem Pariser Abkommen, drückt ein wenig auf die Euphoriebremse. Stern hält ausgerechnet die Effekte von Trumps Politik außerhalb Amerikas für weitreichender. Trump gehe mit schlechtem Beispiel voran – andere neigten dazu, dem zu folgen. „Die negative Seite der US-Position ist nicht zu unterschätzen“, sagt Stern. Das betreffe etwa auch die Finanzausstattung des vor allem Entwicklungsländern zugute kommenden Green Climate Funds. „Es ist zu hoffen, dass andere Länder das ausgleichen können.“

Wie wichtig das ist, belegt Studie um Studie, auch vor Donald Trumps Haustür. Eine neue Untersuchung schätzt die Zahl der Toten nach dem Hurrikan Maria im US-Außengebiet Puerto Rico auf 4645 – die US-Regierung sprach bisher von 64. „Klimawandel ist keine esoterische Spinnerei“, sagt der US-Botschafter der Karibikinsel Barbados, Selvin Hart. „Klimawandel ist für den Verlust von Menschenleben verantwortlich.“ (dpa)