„Contergan Zentrum Aachen“ aus der Taufe gehoben - Anlaufstelle für Geschädigte

<p>Das Schlaf- und Beruhigungsmittel Contergan</p>
Das Schlaf- und Beruhigungsmittel Contergan | Illustration: picture alliance/dpa

Das Zentrum biete ab sofort eine Anlaufstelle für Menschen mit Conterganschädigung in der Region und leistet damit „einen wesentlichen Beitrag für die Verbesserung von Diagnostik und Therapie“, heißt es in einer Mitteilung der Uniklinik Aachen. Rückblick: Im Oktober 1957 kam das thalidomidhaltige Medikament Contergan in der Bundesrepublik Deutschland auf den Markt. Das rezeptfreie Beruhigungsmittel sollte unter anderem gegen Nervosität, Schlafstörungen und Angstzustände helfen und wurde den Angaben zufolge in den 1950er Jahren insbesondere Schwangeren gegen Übelkeit und weitere Schwangerschaftsbeschwerden empfohlen. Wie erst später bekannt wurde, hatte die chemische Substanz Thalodomid gravierende Wirkungen auf das Nervensystem: Der Wirkstoff hatte den Entwicklungsprozess vieler Föten teilweise schwer geschädigt. Infolgedessen kam es bei Neugeborenen zu einer Häufung von Totgeburten sowie schweren körperlichen Fehlbildungen bis hin zu dem Fehlen ganzer Gliedmaße. Weltweit kamen durch die Einnahme des millionenfach verkauften Medikaments rund 10.000 schwerbehinderte Kinder auf die Welt. Heute leben in Deutschland schätzungsweise noch 2.400 Menschen mit einer Conterganschädigung. „Viele Contergan-Geschädigte sind ihr Leben lang auf Unterstützung angewiesen. Nicht nur wegen ihrer körperlichen Beeinträchtigungen wie verkürzte Gliedmaße, sondern auch aufgrund von altersbedingten Beschwerden, die durch die Über- und Fehlbelastung von Gelenken und Muskeln zustande gekommen sind“, sagt Dr. med. Andrea Maier, Geschäftsführende Oberärztin am Contergan Zentrum Aachen.

Bereits seit November 2018 betreut das Team des MZEB Erwachsene mit Behinderungen aus ganz Deutschland ambulant – und verfügt damit über eine langjährige Erfahrung in der Versorgung von Menschen mit Behinderungen. In dem interdisziplinären Team arbeiten Expertinnen und Experten der Fachbereiche Neurologie, Kinder- und Jugendmedizin, Psychiatrie, Psychologie, Logopädie, Ergotherapie und Physiotherapie Hand in Hand. Contergan-Geschädigte könnten sich im CZA von Ärztinnen und Ärzten sowie Therapeutinnen und Therapeuten beraten lassen und – abhängig von dem individuellen Versorgungsbedarf – verschiedene Therapieangebote in Anspruch nehmen. „Zudem bieten wir eine Unterstützung bei sozialmedizinischen Fragestellungen wie dem Grad der Behinderung, dem Pflegegrad, einer häuslichen Versorgung und im Hinblick auf den Beruf an. Zu unserem Leistungsspektrum gehört auch die Kommunikation mit Hausärztinnen und -ärzten sowie die Organisation von Schulungen und Fortbildungen“, erklärt die Koordinatorin des Contergan Zentrums Aachen, Mareike Prömpler.

Je nach Versorgungsbedarf würden im Zentrum Spezial-Sprechstunden angeboten. Dazu gehört u.a. die in zweiwöchigen Abständen stattfindende Orthopädie-Sprechstunde. Auch die Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik biete die Möglichkeit, Patienten nach Besprechung der Beschwerden und Diagnosestellung ambulant, teilambulant und stationär weiter zu behandeln. Da Contergan-Geschädigte häufig unter sensorineuraler Schwerhörigkeit leiden, werde bei Bedarf auch die Klinik für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde, Kopf- und Hals-Chirurgie hinzugezogen. Außerhalb der Uniklinik RWTH Aachen kooperiert das Zentrum unter anderem mit Niedergelassenen, Fachärzten, Wohngruppen und Werkstätten für Menschen mit Behinderungen, sozialen Einrichtungen und Beratungsstellen sowie Selbsthilfegruppen. (red/sc)

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