Stunde null nach Mercedes-Schock: DTM fährt in Zandvoort

Am malerischen Nordseestrand will die DTM endlich auf andere Gedanken kommen. Vor rund vier Wochen hat die Rückzugsankündigung von Mercedes alles verändert für die Tourenwagenserie, die sogar in ihrer Existenz bedroht scheint – an diesem Wochenende ist nun erstmals wieder Alltag angesagt. Die Rennen im niederländischen Zandvoort sind dringend benötigte Ablenkung.

Doch auch rund um die sechste von neun Saisonstationen wird die Zukunft der Serie ein Hauptthema sein, denn wie es nach 2018 weitergeht, ist fraglich. DTM-Boss Gerhard Berger will von einem nahenden Ende allerdings nicht sprechen.

Gerhard Berger: „Auch diese Nachricht wirft uns nicht aus der Balance.“

„Ich bin Sportler, und da habe ich grundsätzlich eine kämpferische Einstellung“, sagte der frühere Formel-1-Pilot dem SID: „Ich glaube, die DTM ist sehr stark. Auch diese Nachricht wirft uns nicht komplett aus der Balance.“

Acht Fahrer von allen drei Herstellern haben vor den Rennen am Samstag (14.48 Uhr) und Sonntag (15.18 Uhr/jeweils ARD) noch durchaus realistische Chancen auf den Titel, das Audi-Duo Mattias Ekström (Schweden/113 Punkte) und René Rast (Minden/112) sowie Mercedes-Youngster Lucas Auer (Österreich/99) gehen als Favoriten in die Endphase dieser Saison.

Die DTM mit Mercedes, Audi und BMW hat es in diesem Jahr durchaus geschafft, ausgeglichenen, spannenden Motorsport zu bieten.

Gerade angesichts dieses Aufschwungs traf der Mercedes-Knall die Serie völlig unvorbereitet.

„Grundsätzlich ist die DTM nach den vielen Maßnahmen zur Steigerung der Attraktivität gerade mit Rückenwind unterwegs“, sagte Berger, „deshalb war die Meldung so überraschend.“

Ab 2019 zieht es Mercedes in die Elektroserie Formel E. Was die verbleibenden Marken mit dieser neuen Sachlage machen, bleibt abzuwarten. Eine DTM mit nur zwei Herstellern, wie zuletzt zwischen 2006 und 2011 (Audi und Mercedes), scheint nicht sonderlich attraktiv für die Beteiligten.

Als „schockierend“ bezeichnete daher BMW-Pilot Timo Glock die Nachricht: „Man hat natürlich immer im Hinterkopf, dass es für die DTM schwierig wird, wenn ein Hersteller aussteigt.“

Ein Duell zwischen nur zwei Marken sei in der Tat „keine Ideallösung“, räumt auch ARD-Experte Norbert Haug ein, lange Jahre Motorsportchef bei Mercedes: „Aber wenn Audi und BMW das wollen, dann geht das schon.“ Priorität dürfte allerdings die Zusammenarbeit mit neuen Herstellern haben, Hilfe aus Asien scheint zumindest möglich.

Die meisten Beteiligten sind sich einig, dass es sich lohnt, für die Tourenwagenserie zu kämpfen.

Auch in der TV-Frage steckt nun deutlich mehr Brisanz als noch vor wenigen Wochen, die künftige Attraktivität des Produkts DTM ist schließlich fraglich – bei den richtungweisenden Verhandlungen angesichts des auslaufenden ARD-Vertrags sei das „sicherlich nicht zum Vorteil“, sagte auch Berger.

Es gibt in diesen Tagen einige offene Fragen rund um die DTM, am Wochenende beginnt in Zandvoort damit eine ungewisse Zukunft.

Es lohne sich jedoch, für die Tourenwagenserie zu kämpfen, da sind sich die meisten Beteiligten einig.

Die DTM aufzugeben, wäre „fatal“, sagt Haug: „Sie ist nicht irgendeine Rennserie. Sie ist eine der nicht eben zahlreichen Spitzen-Rennserien im weltweiten Motorsport.“ (sid)