Löws Phase der Experimente oder Debütantenball in Dänemark

Joachim Löw sucht in seinem blutjungen Talenteschuppen die Weltmeister von morgen. | dpa

Spieler wie Marvin Plattenhardt und Diego Demme kletterten in Kopenhagen ehrfürchtig, aber voller Vorfreude in den Mannschaftsbus des deutschen Weltmeisters. Auch Amin Younes und Sandro Wagner wirkten nach der Landung des Lufthansa-Flugs 342 gelöst: Mit dem Debütantenball in Dänemark läutet Bundestrainer Joachim Löw einen Sommer voller Experimente ein – und die Neulinge gehen die Prüfung mit großer Neugier und viel Spaß an.

„Für uns ist es ein Kaltstart“, sagte Löw. Gleich sieben Profis ohne Länderspieleinsatz gehören zum 21er-Kader, der sich am Montagmorgen in Düsseldorf traf und nach einem 70-minütigen, leicht wackligen Flug im Sonnenschein landete. Timo Werner war nicht dabei. Der Leipziger Torjäger sagte aufgrund von Magen-Darm-Problemen kurzfristig ab.

Löw: „Über allem steht die WM 2018 und der erneute Titelgewinn, das ist die Vision.“

Der Ex-Stuttgarter soll allerdings in den nächsten Tagen wieder zum Kader stoßen. Mit Blick auf das große Ziel WM 2018 in Russland nimmt Löw seine unerfahrene Mannschaft vor der ersten Bewährungsprobe heute Abend im Bröndby-Stadion aber in die Pflicht. „Über allem steht die WM 2018 und der erneute Titelgewinn, das ist die Vision. Eine Mission auf dem Weg dahin ist die Teilnahme am Confed Cup. Das Ziel für mich ist, drei oder vier, vielleicht sogar fünf Spieler so weit zu bekommen, über dieses Turnier und die nächste Saison, dass sie in der Lage sind, Druck auf unsere etablierten Spieler zu machen, wenn es 2018 um den Titel geht“, sagte Löw im SID-Interview. Der 57-Jährige sucht in seinem blutjungen Talenteschuppen die Weltmeister von morgen. Denn auch er weiß: Stillstand bedeutet Rückschritt.

„Was ich über die Jahre gelernt habe ist, dass man Veränderungen braucht – ob man erfolgreich ist oder nicht. Nicht immer abrupt, aber über gewisse Phasen hinweg“, sagte der Coach. Die Begegnung in Dänemark, das WM-Qualifikationsspiel am 10. Juni in Nürnberg gegen San Marino sowie den anschließenden Confed Cup in Russland (17. Juni bis 2. Juli) mit Gruppenspielen gegen Australien, Chile und Kamerun will Löw intensiv nutzen, um die neu formierte Mannschaft besser kennenzulernen. „Wir sind jetzt vier Wochen zusammen, haben bis zu sieben Spiele. Danach kann ich Spieler anders beurteilen, sehen, woran der eine oder andere noch arbeiten muss.“

Seinen strapazierten Stars gönnt Löw unterdessen die dringend benötigte Pause. Der dänische Verband wirbt auf dem Plakat für das Spiel 25 Jahre nach dem sensationellen Finalsieg bei der EM 1992 in Schweden gegen die Auswahl des DFB zwar mit Mesut Özil, doch am Dienstag wird nicht nur der Spielmacher des FC Arsenal fehlen. Kein Manuel Neuer, kein Mats Hummels, kein Thomas Müller – die Liste der pausierenden bzw. verletzten Topspieler ist lang.

Seinen strapazierten Stars gönnt Löw unterdessen die dringend benötigte Pause.

In Löws Aufgebot stehen lediglich drei Weltmeister von 2014: Julian Draxler, Shkodran Mustafi und Matthias Ginter. „Es wird eine spannende Zeit mit einer neuen Gruppe“, sagte Mustafi. Der gesamte Kader hat nach Werners Ausfall ein Länderspiel weniger bestritten als Rekordnationalspieler Lothar Matthäus (150) und kommt dabei gerade einmal auf acht Tore.

Torhüter Kevin Trapp, Wagner, Younes, Demme, Kerem Demirbay, Plattenhardt und Lars Stindl könnten zu ihrem ersten Länderspieleinsatz kommen. „Wir möchten Spieler auf ein anderes Niveau heben. Das zu schaffen, ist mir wichtig“, so Löw, der die Kapitänsfrage offenließ und sich zur möglichen Aufstellung nicht konkret äußern wollte. (sid)

Das Spiel der Deutschen gegen Dänemark wird heute ab 20.45 Uhr auf ZDF übertragen.