Verrückte Liga

Sieben Punkte hat der HSV aus den letzten drei Spielen geholt, trotzdem belegen die Hanseaten weiterhin Relegationsrang 16. Werder Bremen (3:0 gegen Leipzig) und der VfL Wolfsburg (1:0 gegen Darmstadt) holten ebenfalls jeweils drei Zähler und rangieren zwei Punkte vor Hamburg. Dies gilt auch für den FC Augsburg nach dem 1:1 gegen Freiburg.

Bis auf Rang sechs (1. FC Köln) reicht die Palette der Mannschaften, die noch theoretisch auf den Relegationsrang in den verbleibenden neun Spielen zurückfallen können. Dabei hat der FC nach dem 4:2 gegen Hertha BSC 37 Punkte auf dem Konto – verrückte Bundesliga!

Sogar Champions-League-Achtelfinalist Bayer Leverkusen muss sich allmählich eher in Richtung Tabellenkeller orientieren. Der Trainerwechsel von Roger Schmidt zu Tayfun Korkut hat noch nicht richtig was bewirkt. Es gab Unentschieden gegen Bremen und bei Atlético Madrid (Champions League), aber ein 0:1 am Samstag in Sinsheim gegen Hoffenheim. Sportchef Rudi Völler forderte deshalb dazu auf, den Blick nach unten zu richten.

Denn es ist trügerisch, noch auf einen Europa-League-Platz zu schielen, der nur sechs Punkte entfernt ist. Der HSV auf Platz 16 ist auch nur vier Zähler entfernt. Die Liga zieht ihre Spannung zurzeit vor allem aus dem Kampf gegen den Abstieg und den Fight ums internationale Geschäft. Ganz oben und ganz unten sind hingegen die Würfel gefallen. Entschieden scheint sich auch Frankreichs Nationaltrainer Didier Deschamps zu haben. Er verzichtete für die bevorstehenden Länderspiele des Vize-Europameisters erneut auf Kölns Tor-Garanten Anthony Modeste, der am Samstag gegen Hertha mit einem Dreierpack erneut seine Qualitäten nachdrücklich unter Beweis stellte. Aber Deschamps gibt in Olivier Giroud vom FC Arsenal einem anderen Akteur, der einen ähnlichen Spielertypus wie Modeste darstellt, den Vorzug.

Auch 22 Saisontore von Modeste – 59 Prozent der FC-Bundesliga-Treffer in dieser Saison – reichen Frankreichs Weltmeisterkapitän von 1998 nicht. Das ist schon erstaunlich, zeigt aber auch, wie der französische Coach seine Präferenzen setzt. Dortmunds pfeilschneller Angreifer Ousmane Dembélé ist neun Jahre jünger als Modeste. Und Monacos Teenager Kylian Mbappé, der unlängst gegen Manchester City in der Champions League brillierte, zählt gar nur 18 Lenze.

Köln wird die Nichtberücksichtigung von Modeste durch Deschamps verkraften können, der Marktwert des FC-Torjägers ist ohnehin in atemberaubende Höhen geschnellt. Im Sommer steht der FC vor der diffizilen Entscheidung, die Lebensversicherung Modeste für einen hohen zweistelligen Millionenvertrag zu verkaufen oder ihn trotzdem zu behalten. Manager Jörg Schmadtke und Trainer Peter Stöger sind wahrlich nicht zu beneiden. (sid)