Saal „Im Winkel“: Hergenraths Dorfseele ist in die Jahre gekommen

Eine in die Jahre gekommene Lady: Der Saal „Im Winkel“ hat laut Bürgermeister Louis Goebbels zwar „Verbesserungspotenzial“, seine Bedeutung als Treffpunkt im Dorf sei aber unbestritten. | Helmut Thönnissen



Eines möchte Louis Goebbels (PFF) vorab klarstellen: Der Saal „Im Winkel“ befinde sich in Privatbesitz und sei nicht in Gemeindeeigentum. Jegliche Kritik am Zustand der Infrastruktur gehe demnach nicht an die Adresse der Kommune.

„Der Winkel ist die Seele des Dorfes. Hier pulsiert das Hergenrather Leben. Es wäre eine Katastrophe, wenn er verschwinden würde“, so Bürgermeister Louis Goebbels.

Und Mäkelei gibt es in der Tat immer wieder einmal seitens der Vereine, die den Saal nutzen. Erst kürzlich bei der Kinderprinzenproklamation, als die Karnevalisten ausgelassen im Saal feierten, hieß es, es sei zu heiß im Saal. Neben der Heizmöglichkeit, ist auch die Enge ein wiederkehrendes Thema. Tatsächlich wirkt der Winkel-Saal im Vergleich zu anderen Saalinfrastrukturen in der Region, wie beispielsweise Haus Harna in Walhorn, wie eine alte, in die Jahre gekommene Dame.

All diese Dinge sind nicht neu. Bereits im letzten Wahlkampf kochte das Thema hoch. Die CSP verfolgte damals die Idee, hinter dem Pastorat einen niegelnagelneuen Saal aus dem Boden zu stampfen. „Eine konforme und gute Saalinfrastruktur in Hergenrath ist wichtig“, betont CSP-Sprecher Marc Langohr auch heute noch. Die jetzige Mehrheit ist in diesem Punkt ganz auf seiner Wellenlänge, konnte sich mit diesem Gedanken eines neuen Saals allerdings ganz und gar nicht anfreunden. Und das gleich aus mehreren Gründen: Louis Goebbels hält es nicht für keine gute Idee, einen großen Saal ins Wohngebiet zu bauen. Beim Saal „Im Winkel“ differenziert er: „Es handelt sich um eines der ältesten Gebäude in der Ortschaft. Das Dorf ist drum herum gewachsen. Das ist etwas ganz anderes.“ Gerade die „ungewohnte Urigkeit“ des ganzen Komplexes, habe seinen besonderen Charme, ist er überzeugt.

Außerdem verschlinge ein Neubau Kosten und es sei – wie man bei der Patronage und dem Sportcafé in Kelmis gesehen habe – nicht ganz leicht, einen Betreiber für eine Infrastruktur zu finden.

Dennoch ist auch der Bürgermeister sich der Lage bewusst. Es gebe durchaus „Verbesserungspotenzial“. Die von ihm bereits vor einiger Zeit angedachte Lösung lag in einem Erbpachtvertrag, zwischen heutigem Besitzer und der Gemeinde. „Die Gemeinde könnte somit in das Gebäude investieren. Wir wären in der Lage, Subsidien bei der DG anzufragen und könnten einiges erneuern. Aber der Besitzer wollte auf den Vorschlag nicht eingehen und das ist natürlich sein gutes Recht“, so der Bürgermeister. Besitzer Günther Bauens erklärte gegenüber dem GrenzEcho: „Der Saal muss im Voraus geheizt werden, damit es warm ist, wenn die ersten Gäste eintreffen. Wenn dann rund 300 Leute im Saal sind, wird es heiß, auch wenn man die Heizung abschaltet, nachdem die Veranstaltung begonnen hat. Da ist nichts dran zu machen.“ Außerdem seien erst kürzlich Renovierungsarbeiten in Angriff genommen worden: Die Wände wurden gestrichen und der Strom erneuert. Eine Isolierung der Bühne werde für später vielleicht angepeilt. Aber es hieß ganz klar: „Vorerst wird im Saal nichts mehr gemacht.“ In der Wirtschaft hingegen hat Betreiber Joseph Nyssen noch einiges vor. Hier soll der Boden erneuert werden und auch die Ausstattung wird mit anderen Stühlen und einer neuen Theke generalüberholt. Die Kritik am Saal lässt ihn kalt. „Wer so etwas erzählt, der scheint mich nicht besonders zu mögen. Oder aber, hier wird Politik gemacht“, so seine Einschätzung. Als Zielgruppe für die Räumlichkeiten macht er ganz klar Hochzeits-, Beerdigungs- oder Familienfeiern aus. Die Vereinswelt sei, abgesehen von den Karnevalisten, nicht mehr in erster Linie die zahlende Kundschaft.

Das von Joseph Nyssen geführte Restaurant „Im Winkel“ hingegen hat sich zu einem kultigen Insider für Liebhaber gutbürgerlicher Küche entwickelt – unter der Prämisse, dass man bereit ist, im Schankraum zu essen.

All den Unkenrufen zum trotz, scheint sich also etwas zu tun. Bürgermeister Louis Goebbels ist jedenfalls überzeugt, dass der Saal mitten im Dorf eine wichtige Institution ist. „Der Winkel ist die Seele des Dorfes. Hier pulsiert das Hergenrather Leben. Es wäre eine Katastrophe, wenn er verschwinden würde“, sagt er. Das ist aber laut Besitzer Günther Bauens vorerst auch nicht der Fall. Seine kurze und knappe Ansage: „Der Saal bleibt.“