LokalRunde: „Wir Walhorner stehen zusammen“



Bei Mentalitätsunterschieden ist es oft so, dass sie jeder spürt, aber fast keiner beschreiben kann. Thomas Brüll fand jedoch die richtigen Worte. Auf die Eingangsfrage, ob Walhorner anders als Lontzener ticken, antwortete der 34-Jährige, der Schulleiter in beiden Ortschaften ist: „In Walhorn ist es leichter, Engagement hervorzurufen. Auf der anderen Seiten gibt es von Walhornern öfter Rückmeldung – im Positiven wie im Negativen. In Lontzen ist das Arbeiten in der Schule etwas autonomer.“

Brüll war am Sonntagmittag im Walhorner Haus Harna einer von vier Gesprächspartnern der GrenzEcho-Redakteure Jürgen Heck und Carsten Lübke. Während rund einer Stunde ging es um all das, was die Einwohner der Dörfer Astenet und Walhorn bewegt, verärgert – aber auch glücklich macht. Denn, wie Lisa Göbbels, Sekretärin des Walhorner Musikvereins, eingangs sagte: „In Walhorn lässt es sich einfach gut leben. Und wer das möchte, wird auch einfach in Ruhe gelassen.“ Die 23-Jährige war in der Walhorner LokalRunde so etwas wie die Anwältin der jungen Generation. „In meinem Alter zieht es die Menschen eher Richtung Eupen“, so Lisa Göbbels. Aber: Irgendwann im Laufe des Lebens locke dann wieder der Asteneter bzw. Walhorner Heimathafen.

Lisa Göbbels: „In meinem Alter zieht es die Leute eher Richtung Eupen“ – aber irgendwann kehren die Walhorner wieder zurück.

Die größte Anziehungskraft geht dabei vom Vereinsleben aus. „Wir sind das Rückgrat des Dorflebens“, hatte ein Mitglied der Walhorner Vereinsgemeinschaft im Vorfeld der LokalRunde erklärt. Und das, was am Sonntag im Haus Harna zu hören war, konnte dies nur bestätigen. „Mir gefällt vor allem, dass man hier in der Walhorner Vereinswelt mit mehreren Generationen groß wird“, erklärte Lisa Göbbels.

Die Walhorner und Asteneter sind schließlich offene Menschen. Das kann Paul Maraite gut beurteilen. Der frühere Chefredakteur des BRF zog vor 37 Jahren als Eifeler nach Astenet, und sagt rückblickend: „Ich habe es keinen Augenblick bereut.“ Maraite fand damals eine passende Immobilie, heute gestaltet sich diese Wohnraumsuche oft schwierig. Einen Bauboom gibt es in Walhorn und Astenet nicht, obwohl die Nachfrage als vorhanden gilt. Auf der Angebotsseite macht sich jedoch bemerkbar, dass kaum Bauland verkauft wird. „Das Problem ist, dass die Bauern ihr Land nicht veräußern. Wegen der zunehmenden Stallhaltung, die Futterproduktion auf den Weiden verlangt, ist das durchaus nachvollziehbar“, erklärte Alain Aldenhoff, der in Walhorn nicht nur als Mitglied der Bürgerinitiative, sondern auch als Präsident des Schützenvereins bekannt ist. In Ermangelung von Bauland komme es darauf an, die Renovierung bestehender Immobilien zu fördern, sagte Aldenhoff im Haus Harna. Und hierbei sei es wünschenswert, dass der Denkmalschutz mehr Freiräume gewährt, „sonst verkommen viele alte Gebäude über kurz oder lang“.

Holt sich Walhorn Kriminelle „ins Haus“? Eine eigene Autobahnzufahrt wurde kontrovers diskutiert.

Walhorn und Astenet sind lebendige Ortschaften. Und dies, obwohl mitten im Walhorner Ortskern die Molkerei steht, die nun wahrlich kein Augenschmaus ist. Aber: „Die Molkerei gehört zum Dorf dazu“, hieß es am Sonntagmittag einhellig. Es ging deshalb eher um die Frage, wie die von der Molkerei ausgehenden Belästigungen (Lärm, Geruch, Lkw-Verkehr) reduziert werden könnten. Ein Ansatz, an dem sich die Geister schieden, war die mögliche Schaffung einer eigenen Walhorner Autobahnzufahrt.

„Damit würde der Lkw-Verkehr nur verlagert, während gleichzeitig ein Kriminalitätsproblem entstünde“, meinte Paul Maraite. Lisa Göbbels sah das hingegen anders: „Eine solche Autobahnzufahrt würde nicht nur der Molkerei, sondern auch der Dorfbevölkerung dienlich sein, zum Beispiel für den Weg zur Arbeit.“ Zur Verkehrsbelästigung, die von der Molkerei ausgeht, meinte Lontzens Erster Schöffe Roger Franssen (Union) aus dem Zuschauerraum: „Milch kann nicht mit Hubschraubern oder durch Tunnel nach Walhorn geliefert werden, aber die Molkerei ist gewillt, die Situation zu entschärfen.“

Die große Kirmes bringt Walhorn einmal im Jahr zusammen. Sie ist das Ergebnis einer Zusammenarbeit zwischen den größten Vereinen der Ortschaft. „Solch ein Zusammenhalt wäre vor zwei oder drei Jahrzehnten undenkbar gewesen. Damals haben sich die Vereine gegenseitig Konkurrenz gemacht“, lobte eine Zuschauerin das gewachsene Wir-Gefühl. Nicht zuletzt beim Widerstand gegen ein auf Walhornerfeld geplantes Windparkprojekt habe sich, so ein anderer Besucher, einmal mehr gezeigt: „Wir Walhorner stehen zusammen.“