EU-Parlament will Abschaffung der Zeitumstellung im Jahr 2021

<p>Das EU-Parlament befürwortet ein Ende der Zeitumstellung im Jahr 2021. Auf diese Position einigten sich die Abgeordneten am Dienstag in Straßburg. Für die tatsächliche Abschaffung müsste allerdings noch ein Kompromiss mit den Mitgliedstaaten erzielt werden. Illustrationsbild: dpa</p>
Das EU-Parlament befürwortet ein Ende der Zeitumstellung im Jahr 2021. Auf diese Position einigten sich die Abgeordneten am Dienstag in Straßburg. Für die tatsächliche Abschaffung müsste allerdings noch ein Kompromiss mit den Mitgliedstaaten erzielt werden. Illustrationsbild: dpa


Ein Sonnenaufgang im Winter erst mitten am Vormittag? Oder eine Stunde kürzer grillen im Sommer, weil die Sonne früher untergeht? Fällt die Zeitumstellung tatsächlich weg – so wie von der EU-Kommission geplant und vom EU-Parlament gewollt -, müsste man sich hierzulande für eine dieser beiden Optionen entscheiden.

Nach Ansicht von Pascal Arimont gibt es genügend Gründe, um die Zeitumstellung abzuschaffen.

„Verschiedenen Studien zufolge hat die in den 70er Jahren eingeführte Umstellung nie das gehalten, was sie versprach, insbesondere was die Energieeinsparung angeht“, kommentiert der ostbelgische EU-Abgeordnete Pascal Arimont (EVP-CSP). „Die Zeitumstellung hat vielmehr negative Effekte. Dazu gehören die Störung des Biorhythmus bei Mensch und Tier sowie vermehrte Unfälle durch Müdigkeit. Allein diese Gründe reichen aus, um die Zeitumstellung abzuschaffen. Selbstverständlich gibt es in der EU aktuell wichtigere Probleme. Allerdings beschäftigt die Umstellung viele Menschen und eine schlechte Regelung wird nicht dadurch gut, dass sie bereits viele Jahre praktiziert wird.“

Der europäische Entscheidungsprozess ist am Dienstag einen entscheidenden Schritt vorangekommen. Das EU-Parlament in Straßburg sprach sich mit großer Mehrheit dafür aus, die Zeitumstellung im Jahr 2021 abzuschaffen. Die Entscheidung darüber, ob danach die Sommer- oder die Winterzeit gelten soll, sollen nach dem Willen der Abgeordneten die Mitgliedstaaten treffen können.

Damit das Ende des Hin und Hers aber tatsächlich kommen kann, müssen sich die Mitgliedstaaten überhaupt erst einmal auf eine gemeinsame Linie einigen. Das dürfte nicht vor dem Sommer passieren. Anschließend müssen Parlament und EU-Staaten einen Kompromiss finden – damit wird nicht vor Herbst 2019 gerechnet. Doch wieso diskutiert man in der EU jetzt überhaupt über die Abschaffung der Zeitumstellung?

Der Wechsel zwischen Sommer- und Winterzeit ruft schon seit langem viele Gegner auf den Plan. Seit 1996 werden in der Europäischen Union am letzten Sonntag im März sowie am letzten Sonntag im Oktober die Uhren jeweils eine Stunde umgestellt. In Deutschland gibt es die Sommerzeit schon seit 1980.

Ursprünglich sollte dank einer besseren Ausnutzung des Tageslichts Energie gespart werden – doch der wirtschaftliche Nutzen ist heute äußerst umstritten. Außerdem legen wissenschaftliche Erkenntnisse nahe, dass manche Menschen gesundheitlich unter einem Mini-Jetlag leiden. Auch Tieren fällt es schwer, sich immer wieder auf einen geänderten Tagesrhythmus einzustellen.

Schließlich startete die EU-Kommission im vergangenen Jahr eine europaweite Online-Befragung zur Zeitumstellung. Die Resonanz war im Vergleich zu anderen EU-Bürgerkonsultationen riesig. 4,6 Millionen Menschen nahmen teil, allein rund 3 Millionen von ihnen kamen aus Deutschland. Das Ergebnis: 84 Prozent der Teilnehmer forderten die Abschaffung der Zeitumstellung – und das auch in Ländern, in denen das recht drastische Auswirkungen hätte.

In Mitteleuropa gibt es im Moment eine große Zeitzone von Polen bis Spanien, zu der Deutschland und 16 weitere EU-Länder gehören. Käme für alle diese 17 Staaten die dauerhafte Sommerzeit, hieße das für den Westen Spaniens Dunkelheit bis kurz nach 10.00 Uhr. Trotzdem stimmten 93 Prozent der Umfrage-Teilnehmer aus Spanien für ein Ende der Zeitumstellung. Bei einer durchgehenden Winterzeit würde es in Warschau im Sommer schon gegen 3.15 Uhr hell – doch auch in Polen waren die Umstellungsgegner mit 95 Prozent eindeutig in der Mehrheit.

Die EU-Kommission reagierte und schlug vor, bereits 2019 das halbjährliche Drehen an der Uhr abzuschaffen. Stattdessen solle jeder Staat selbst entscheiden können, ob er dauerhaft Sommer- oder Winterzeit will.

Doch die zuständigen EU-Verkehrsminister sperrten sich gegen ein so schnelles Ende der Regelung. Frühestens 2021 solle es so weit sein, befanden sie unlängst. Sonst drohe ein unübersichtlicher Flickenteppich aus verschiedenen Zeiten in der EU.

Um den gefürchteten Flickenteppich zu vermeiden, schlägt das Europaparlament einen „Koordinierungsmechanismus“ vor.

Auch im EU-Parlament herrschte Sorge vor einem Zeiten-Chaos in der EU. „Es wäre misslich, wenn man bei einer Fahrt von Norddeutschland über die Niederlande und Belgien nach Frankreich dreimal die Uhr umstellen muss“, erklärten kürzlich die CDU-Abgeordneten Peter Liese und Dieter Koch, die sich beide für ein Ende der Zeitumstellung aussprechen.

Um den gefürchteten Flickenteppich zu vermeiden, schlägt das Europaparlament jetzt einen „Koordinierungsmechanismus“ vor, in dem Vertreter von Kommission und Mitgliedstaaten sitzen sollen. Er soll eine möglichst einheitliche Regelung in den Mitgliedstaaten hervorbringen. Für die EU-Bürger ändert sich trotz der wichtigen Abstimmung vorerst nichts. In der Nacht zu Sonntag ist es wieder so weit: Die Nacht wird um eine Stunde verkürzt, denn um 2.00 Uhr springt der Zeiger eine Stunde nach vorn. Dann heißt es zunächst wieder für viele Bundesbürger: im Dunkeln aufstehen. (dpa/red)

Kommentare

Kommentar verfassen

0 Comment